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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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haben wir uns getrennt. Er ist in die eine Richtung und ich in die andere. Ich hab’ das große Los gezogen und das Blut gefunden. Und dann Franklin. Tot. Danach hatte ich etwas Glück. Ich hab’ die Schüsse gehört, und dann die Stimmen. Meistens Rourkes Stimme. Der bin ich gefolgt. Wie kommst du jetzt darauf?«
    »Ich weiß nicht. Ist mir einfach so eingefallen. Du hast mir das Leben gerettet.«
    Sie sahen sich nicht an. Ihre Hand lag auf dem Griff der Tür, die gerade so weit offen stand, daß Bosch draußen Galvin Junior sehen konnte, der im Gang auf einem Stuhl saß.
    »Ich kann mich nur bei dir bedanken.«
    Sie winkte ab.
    »Du mußt nichts sagen.«
    »Kündige nicht.«
    Er sah, daß sich die Tür schloß. Schweigend stand sie da.
    »Geh nicht.«
    »Ich muß. Wir sehen uns, Harry.«
    Dann zog sie die Tür ganz auf.
    »Leb wohl«, sagte sie, und dann war sie draußen.

    Über eine halbe Stunde blieb Bosch reglos im Bett liegen. Er dachte an zwei Leute: Eleanor Wish und John Rourke. Lange schloß er die Augen und dachte an den Ausdruck auf Rourkes Gesicht, als er zusammengebrochen und ins schwarze Wasser gesackt war. Mich hätte es genauso überrascht, dachte Bosch, aber da war noch etwas anderes gewesen, etwas, das er nicht genau festmachen konnte. Eine Art wissender Blick von Erkenntnis und Klarheit – nicht des eigenen Todes, sondern einer anderen, geheimen Wahrheit.
    Nach einer Weile stand er auf und machte ein paar zögerliche Schritte neben dem Bett. Er fühlte sich schwach, aber nach dem Schlaf der letzten sechsunddreißig Stunden war er rastlos. Nachdem er sich orientiert hatte, und seine Schulter sich schmerzvoll auf die Erdanziehung eingestellt hatte, fing er an neben dem Bett auf und ab zu gehen. Er trug einen hellgrünen Krankenhauspyjama, nicht einen dieser Kittel, die am Rücken offen standen und die er erniedrigend fand. Mit nackten Füßen trottete er im Zimmer umher, blieb stehen, um die Karten bei den Blumen zu lesen. Die Polizistenvereinigung hatte eine Vase geschickt. Die anderen stammten von ein paar Cops, die er kannte, denen er aber nicht sonderlich nahestand, von der Witwe eines ehemaligen Partners, von seinem Gewerkschaftsanwalt und einem anderen ehemaligen Partner, der in Ensenada wohnte.
    Er wandte sich von den Blumen ab und trat an die Tür. Er öffnete sie einen Spalt und sah Galvin dort sitzen und in einem Katalog für Polizeiausrüstungen blättern. Bosch zog die Tür ganz auf. Galvins Kopf zuckte hoch, er klappte das Heft zu und schob es in eine Aktentasche an seinen Füßen. Er sagte kein Wort.
    »Also, Clifford – ich hoffe, ich darf Sie so nennen – was machen Sie hier? Bin ich vielleicht in Gefahr?«
    Der jüngere Cop antwortete nicht. Bosch blickte den Gang auf und ab und sah, daß er bis zum zwanzig Meter entfernten Schwesternzimmer leer war. Er betrachtete seine Tür und stellte fest, daß er in Nummer 313 lag.
    »Detective, bitte gehen Sie wieder in Ihr Zimmer«, sagte Galvin schließlich. »Ich soll hier nur die Presse fernhalten. Der Deputy Chief glaubt, daß sie wahrscheinlich versuchen werden, ein Interview mit Ihnen zu bekommen, und ich soll verhindern, daß man Sie stört.«
    »Was ist, wenn die sich der hinterhältigen Methode bemächtigen«, – Bosch sah den Korridor auf und ab, ob auch niemand lauschte – »und mich anrufen?«
    Galvin atmete hörbar aus und sah Bosch weiter an. »Die Schwestern fangen Ihre Anrufe ab. Bis auf Familienangehörige. Und ich habe gehört, Sie hätten keine Familie. Also keine Anrufe.«
    »Wie ist diese FBI-Agentin an Ihnen vorbeigekommen?«
    »Sie hatte Irvings Genehmigung. Gehen Sie bitte wieder in Ihr Zimmer.«
    »Selbstverständlich.«
    Bosch saß auf seinem Bett und versuchte, sich den Fall noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Aber je mehr er die Teile drehte und wendete, desto größer wurde seine Befürchtung, hier auf dem Bett seine Zeit zu vergeuden. Er ahnte, daß er etwas auf der Spur war, was ihm bei dem Fall den endgültigen Durchbruch bringen würde. Die Aufgabe eines Detectives war es, die Beweise durchzugehen, jedes Teil zu untersuchen und aufzunehmen. Am Ende würde alles zusammengenommen den Fall lösen. Oder auch nicht. Bosch war komplett, aber er fing an zu glauben, daß Stücke fehlten. Was hatte er übersehen? Was hatte Rourke ihm am Ende gesagt? Nicht so sehr mit Worten, sondern zwischen den Zeilen. Mit diesem Ausdruck auf seinem Gesicht. Überraschung. Aber Überraschung worüber? Hatte die Kugel

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