Schwarzes Gold Roman
freizusetzen!«
Doch die Osloer hörten nicht hin. Die Osloer, die immer noch
in ihrer Bürokleidung steckten und heiligenscheingelbe Helme auf dem Kopf
trugen, warfen den Lachsen mit galvanisierten Spaten Fischfuttergranulat zu.
»Jetzt kocht’s«, sagte Plesner und grinste, als die
Fische auf der Jagd nach dem Futter die Wasseroberfläche zum Brodeln brachten.
»Jetzt kocht es wirklich. Man könnte glauben, sie wären an der Börse.«
Es geschah, als sie gerade mit der Fütterung beschäftigt
waren. Ein Mann kam den Weg hinuntergelaufen. Eine Nachricht für Plesner war
eingetroffen. Er musste sofort nach Oslo zurückkehren, eine Lösung für O-TEK
stand kurz bevor.
Magazin Avanse, Juni 1985
Spenning dominiert in Norwegen
Mit dem Erwerb von Brede Grans Anteilen an den Reedereien
Tønnesen und Stavanger Steam ist der Konzern Spenning AS zum größten
Unternehmen Norwegens geworden. Der Konzern deckt alle Bereiche ab, angefangen
bei Schiffsbau und Autofährbetrieb über Öl- und Gastransport bis hin zu
Medienunternehmen, Papierproduktion und Tiefbau. Konzernchef Vebjørn Lindeman
äußerte sich gegenüber Avanse, dass der Aufkauf von Tønnesen und Stavanger
Steam im Hinblick auf die Erschließung des zukünftigen
Tätigkeitsschwerpunktes im Bereich Petrochemie und Offshore ein natürlicher
Schritt in der strategischen Ausrichtung des Unternehmens sei. Wie viel er für
Brede Grans Anteile bezahlen musste, wollte er nicht verraten. Zu der Frage,
wie er zu der Tatsache stehe, dass die neu eingerichtete Spezialeinheit der
Polizei für Wirtschaftskriminalität immer noch wegen des »alten«
angeblichen Auslandsvermögens von Spenning & Co ermittelte, wollte
Lindeman sich nicht äußern.
Dagbladet, Samstag 16, Juni 1985
Heute im Gespräch:
Die graue Eminenz der Wirtschaft – Vebjørn Lindeman,
kürzlich von der Zeitschrift Wirtschaftsreport zu einem der wichtigsten
Männer Norwegens ernannt. Der Konzernchef ist in aller Munde. Er war jahrelang
der engste Vertraute des inzwischen abgetretenen Georg Spenning. In Bergen
absolvierte er seine Ausbildung zum Diplomkaufmann, zusammen mit den »anderen
Großen« Sigval Gråtun, Arve Johnsen, Karl Glad, Gunnar Lie, Per Kleppe und
Audun Nordnes. Unauffällig leitet er Norwegens größten Wirtschaftskonzern
und genießt sowohl in den Hallen des Parlaments als auch in den eigenen Fluren
Respekt. »Erfolg beginnt mit einem guten Frühstück«, sagt er. Sein
Lieblingsgericht ist norwegischer Hammel mit Kohl. Was er zum Essen trinkt?
»Wasser, norwegisches Wasser«, sagt der Abstinenzler Vebjørn Lindeman. »Das
ist meine oberste Regel. Kein Alkohol. Mich von starken Sachen fernzuhalten,
steigert meine Leistungsfähigkeit, und ich komme morgens gut aus dem Bett,
egal wie spät es am Abend zuvor geworden ist. Das ist der Schlüssel zum
Erfolg.«
9
Jim Klafstad hatte jetzt ein Idol: Brede Gran. Für Jim
verkörperte Gran all das, was ein erfolgreicher Mann auf dieser Welt erreichen
kann: Brede Gran fuhr keinen Porsche. Er fuhr einen Mercedes-Geländewagen –
ein Auto, das nach Militär aussah und Allradantrieb und verdunkelte Scheiben
hatte.
»Mit dem Geländewagen in der Stadt, wie findest du das, Per
Ole?«
Jim Klafstad hatte gesehen, wie Gran einfach vor der Börse
auf den Bürgersteig holperte. Jim hatte schon bei Cederwall angerufen und sich
seinen eigenen Jeep bestellt.
Diese unverhohlene Bewunderung führte dazu, dass Klafstad
immer häufiger die Abende mit Brede Gran verbrachte. Schritt für Schritt
wurde er zu einem Teil des Kreises um Gran. Dennoch verging kein Tag, an dem
Jim nicht Brede Grans Eskapaden mit Per Ole diskutierte. Es kam vor, dass er
nachdenklich dasaß und plötzlich mit einer Frage herausplatzte:
»Was Gran wohl mit all dem Geld vorhat, das er mit dem
Verkauf von Tønnesen und Stavanger Steam verdient hat?«
»Er handelt, würde ich sagen«, antwortete Per Ole.
Dann verschwand Jim nach draußen, entweder zur Börse, um
Brede Gran zu suchen, oder in den neusten angesagten Club: Café Sjakk Matt. Er
traf dort Investoren und Makler, fing Gerüchte auf oder besprach sie.
»Endlich passiert mal was in Oslo«, konnte man Jim sagen
hören. »Wir kriegen Cafés. Man kann sogar Bagels kaufen. Himmel, ich weiß
nicht, wie ich in dieser Stadt ohne Bagels überlebt habe.«
»Und was sind Bagels?«, fragte Per Ole, die Nase tief in
Papieren vergraben.
»Eine Art Brötchen.«
»Da hast du
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