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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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seiner Wange. Als die Stille zu dröhnen
begann, senkte sie den Blick, lehnte sich an die Wand und hob eine Hand an den
Hals, fast wie ein wildes Tier, das seine Kehle schützt, dachte er und
flüsterte: »Es ist lange her.«
    »Ja. Ich schaue ab und zu herein.« Sie blickte auf. »Du
kümmerst dich um Papa?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Er spricht von niemand anderem als von dir.«
    Vebjørn zuckte erneut die Achseln.
    »Manchmal«, hob sie an, hielt aber inne.
    »Ja?«
    Vebjørn wurde bewusst, dass sie beide flüsterten. Er
räusperte sich.
    »Manchmal dachte ich, du wärst mein Bruder.« Sie
lächelte. »Früher. Bevor …«
    Sie schwieg und senkte wieder den Blick.
    Er fand keine Worte und blieb stumm neben ihr stehen.
    »Ich habe gehört, dass Liv krank ist«, sagte Bette Line
nach einer längeren Pause. »Ist es sehr ernst?«
    »Es geht auf und ab. Derzeit ist sie im Krankenhaus,
Blakstad. Aber sie kommt in ein paar Tagen nach Hause.«
    Sie flüsterten nun nicht mehr. Die gewisse Stimmung war
verschwunden, verjagt durch die Erwähnung von Vebjørns Frau. Er richtete sich
auf. »Ich bin auf dem Heimweg«, sagte er. »Kann ich dich irgendwohin
mitnehmen?«
    Ihre Blicke wichen einander aus, und beide lächelten
schwach. Die Worte klangen wie ein Echo vergangener Jahre. Damals hatte sie
herausfordernd gefragt, ob er die paar Meter zu seinem Haus jeden Tag fuhr.
Diese Gegenfrage hatte er ebenso unbefangen mit dem Satz beantwortet, dass er
eigentlich woanders hin wolle. Wieder sahen sie einander an. Beide erinnerten
sich daran. Und keiner der beiden wollte diese Erinnerung verlassen. Nicht,
bevor die Stille zwischen ihnen nicht mehr auszuhalten war. »Ich werde
abgeholt«, sagte Bette Line leise.
    Er nickte, resigniert. Sie betrachteten einander noch einen
schweigenden Moment, dann holte Vebjørn Luft und sagte: »Naja, ich muss
los.« Er drehte sich um und steuerte auf die Haustür zu. Als er die Klinke in
der Hand hatte, warf er einen Blick durch die Tür auf der linken Seite, hinein
zu Bitten Spenning, die im Wohnzimmer vor dem Fernseher saß. Er rief: »Ich
bin dann mal weg!«
    Bitten Spenning drehte sich im Sessel herum. »Machs gut,
Vebjørn. Tschüs.«
    Im Spiegel neben der Tür sah er Bette Lines Gesicht, das ihm
hinterherstarrte.
    Er warf einen letzten Blick über die Schulter, zögerte noch
immer, die Hand auf der Klinke.
    Sie rührte sich nicht. Die Luft zwischen ihnen zitterte.
    Bitten Spenning bewegte sich wieder in ihrem Sessel im
Nebenzimmer.
    Vebjørn zwinkerte Bette Line zu, zog die Tür auf und ging
hinaus. Auf der Treppe blieb er still stehen. Kein Laut war zu hören. Er holte
tief Atem und ging die Treppe hinunter, durch das Gartentor und nach Hause. Er
schloss das leere Haus auf und ging zu Bett, die Gedanken bei Bette Line Sachs.
Er schlief ein und träumte von ihr, bis das Telefon ihn weckte. Es war zwei
Uhr nachts, doch er war augenblicklich hellwach. Er setzte sich im Bett auf und
ging an den Apparat, der auf dem Nachttisch stand.
    Bette Line war am Telefon. Zunächst begriff Vebjørn nicht,
was sie sagte, doch schließlich verstand er den Zusammenhang. Ihr Vater war
tot. Georg Spenning. Er war friedlich eingeschlafen. Der Notarzt glaubte, es
sei das Herz gewesen.

11
    Während er auf eine Antwort auf seine Bewerbung im
Casablanca wartete, arbeitete Anders als Ersatzfahrer bei Oslo Taxi. Er musste
einen Eignungstest ablegen. In einer Woche lernte er den Stadtplan von Oslo
auswendig, absolvierte die Prüfung fehlerfrei und durfte schließlich an den
Wochenenden schwarz für Vidar Doge fahren. Sein alter Klassenkamerad vom
Gymnasium war inzwischen Taxibesitzer und lebte auf einem kleinen Hof in
Siggerud. Er war mit Sigrun verheiratet, einer Ex-Punkerin, die in der Band
Lizabeth’s Boobies Bass gespielt hatte. Zuletzt hatte Anders sie auf einem
Konzert im Chauteau Neuf gesehen. Damals hatte sie knallrote Haare gehabt,
Lederarmbänder getragen und nach einem Zusammenstoß mit der Polizei eine
Lücke in der oberen Zahnreihe. Die war inzwischen repariert, ihre Haarfarbe
war natürlich und golden, und die Lederarmbänder waren durch Schmuck aus Gold
und grünem Emaille ersetzt. Vidar Doge trug eine schwarze Augenklappe, wie ein
Seeräuber.
    »Image, weißt du, Anders. Man kann doch nicht einfach sein
Image ändern, nur weil man mit der Schule fertig ist.«
    Freitags um fünf Uhr nachmittags holte Anders den Wagen ab.
Er fuhr dann ohne

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