Schwarzes Gold Roman
schüttelte leicht den Kopf und schloss dort an, wo
sein Kollege aufgehört hatte:
»Orkla hat Anteile, Aker auch, Kværner, Ringnes, die
Reederei Néslien.«
Sie starrten einander an.
»Néslien«, sagte Plesner leise. »Das ist der mit den
Kanalfähren. Er verfrachtet sämtliche Engländer von Dover in den Rest der
Welt und macht garantiert gute Umsätze. Dem quillt das Geld aus der
Matratze.«
Die beiden sahen einander weiter in die Augen.
»Gegen Néslien spricht, dass sein Name die versnobte
Version von Nilsen ist«, sagte Erling.
»Niemand kann etwas für seinen Namen. Der erste Néslien
ist vor hundert Jahren gestorben.
»Sowas steckt in den Genen.«
»Im Zweifelsfall ist das für uns von Vorteil. Ich kenne
Néslien ein bisschen«, sagte Plesner schließlich. »Das Problem ist nur,
dass er einen ganzen Stall voller eigener Spezialberater hat. Er scheißt nicht
grundlos Geld. Er ist eine uneinnehmbare Festung: Konstantinopel zur
Kreuzfahrerzeit.«
»Konstantinopel ist gefallen.«
»Ja, aber wir wollen ja nicht gegen irgendjemanden in den
Krieg ziehen, oder?«
»Wie steht’s mit einem trojanischen Pferd?«
»Einen von unseren Jungs als Ratgeber für Néslien
einschleusen?« Plesner schüttelte zweifelnd den Kopf.
Sie dachten nach.
»Vielleicht ist es ja eine schlechte Idee«, begann Terje
Plesner, »aber …«
»Spuck’s aus.«
»Du kennst doch Bløgger, Dagfinn Bløgger, der Redakteur
von
Avanse
.«
»Nicht gerade einer von meinen besten Freuden.«
»Von meinen auch nicht. Aber ich weiß zufällig, dass
Bløgger mit sieben oder acht Prozent an Néslien beteiligt ist«, fuhr Plesner
fort. »Ich habe ihm vor drei Jahren den Kauf vermittelt. Bløgger ist einer
von Nésliens engsten Beratern.«
Auf Erlings Gesicht lag ein missbilligender Ausdruck.
»Aber einer von unseren neuen Jungs«, sagte Plesner,
»Tobias Warner …«
»Der mit dem Herpes auf der Oberlippe?«
»Genau. Man sagt, so ein Herpes kommt von zu viel
Muschilecken.«
»Was ist mit Warner?«, unterbrach Erling konzentriert.
»Er hat ein halbes Jahr als Journalist bei
Avanse
gearbeitet. Er kennt Bløgger. Es wäre doch einen Versuch wert.«
»Du meinst, wir sollten Tobias Warner so viel Vertrauen
schenken und bei Dagfinn Bløgger anrufen lassen, damit der Néslien unseren
Anteil an Spenning anbietet?« Tiefe Zweifelsfalten zeigten sich auf Erlings
Stirn.
»Das wäre jedenfalls ein trojanisches Pferd«, sagte Terje
Plesner.
Erling wurde nachdenklich. Schließlich grinste er breit und
sagte: »Die Riebergruppe hat allen Aktionären von Spenning
zweihundertfünfundzwanzig Kronen angeboten. Jetzt könnte Tobias Warner
Néslien anbieten, unsere und die Spenning-Anteile der Riebergruppe für
zweihundert-sechsundzwanzig Kronen zu kaufen.«
Sie schauten einander an. Sie grinsten. Erling hatte die
Katze aus dem Sack gelassen, und die beiden Freunde betrachteten sie
zufrieden.
»Jetzt kocht’s«, sagte Terje Plesner mit einem Lächeln
auf den Lippen. »Verdammt noch mal, jetzt kocht’s, Erling.«
»This is Terje Plesner talking«,
sagte Erling
anerkennend. »Wie viel davon sollten wir Gran sagen?«
»So wenig wie möglich. Ich glaube, ich würde Gran diesen
sauren Apfel Stückchen für Stückchen verabreichen. Tatsache ist doch, dass
Vebjørn Lindeman in den Krieg gezogen ist. Wenn Vebjørn sich auf der
Hauptversammlung durchsetzt, wird sich Gran freuen wie ein Kind, weil wir
diesen Schritt schon vorher getan haben.«
»Wir haben auch noch nicht besprochen, inwieweit Vebjørn
zum Zug kommen soll.«
»Ich finde nicht, dass Gran diesen Sieg auf Vorschuss
davontragen sollte«, sagte Plesner. »Lindeman ist gründlich und strategisch
kreativ. Außerdem hat er starke Partner auf seiner Seite. Vebjørn kommt nicht
ohne Geheimwaffe zu dieser Hauptversammlung.«
Plesner hielt inne.
»Je mehr ich darüber nachdenke«, fuhr er fort, »um so
sicherer werde ich mir mit der Kanalfährengesellschaft Néslien als
Notausgang. Daran würden sowohl du und ich als auch Gran verdienen.
»Ich glaube jedenfalls, dass wir Tobias Warner bitten
sollten, sich nach der Mittagspause mal eine Stunde Zeit für ein Gespräch mit
uns zu nehmen«, schloss Erling. Er warf einen raschen Blick auf die Uhr, dann
verriet er den nächsten Punkt seiner Tagesordnung: »Jetzt habe ich einen
Termin mit Brede Gran. Aber ich glaube, wir werden über ganz andere Dinge
sprechen.«
22
Erling hatte keine Ahnung, warum die
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