Schwarzes Gold Roman
hat. Und dann hat er –
ausgerechnet – an seinen alten Feind Spenning verkauft. Das alles zu einem
Preis …«
»Den du verhandelt hast«, warf Plesner lakonisch ein.
»Zu einem Preis, der eine Wertsteigerung gebracht hat, auf
die sich jeder BWL-Student einen runtergeholt hätte«, vervollständigte
Erling seinen Satz. »Und jetzt hat er alle komplett an der Nase rumgeführt
und kommt mit der Idee an, ganz Spenning zu übernehmen – die Firma, die ihm
einen Traumgewinn geschenkt hat, Geld direkt in die Tasche; die Firma, die für
seinen peinlichen Abgang vor sechs oder sieben Jahren verantwortlich war. Brede
Gran hat keine Skrupel, Terje. Der ist so hart, dass ich echt glaube, wir sind
auf einen von unserer Sorte gestoßen.«
»Natürlich ist er hart. Deshalb hat er dich und mich im
Team.«
»Genau das macht mir Sorgen, Terje. Wir beide haben nichts
davon, uns in irgendein Team einzuordnen. Brede Gran ist unterwegs wie ein Hai
im Heringsschwarm, er hat sich dick und fett gefressen, weil du und ich ihm den
Rücken gestärkt haben. Und wie du selbst gesagt hast, die Sache mit der
qualifizierten Mehrheit. Der lässt andere für sich arbeiten. Jetzt will er
mit unserer Hilfe Spenning schlachten – noch bevor es uns gelungen ist, auch
nur eine Krone aus dem Geldstall zu treiben, den er für sich angelegt hat. Das
gibt Anlass zur Sorge. Ehrlich gesagt: Es ist ein Grund, die rote Flagge zu
hissen, wenn wir beide passiv dasitzen und zuschauen, wie dieser Kerl sich
vollfrisst. Mir gefällt es nicht, dass wir ein Teil von Grans finanziellem
Alibi sind, obwohl wir die Tragweite seiner Gedanken nicht einschätzen können
und nicht wissen, worauf er eigentlich hinauswill. Mir ist der Gedanke
gekommen, dass mein seliger Schwiegervater, der ein noch härterer Hund war als
wir beide zusammen – und garantiert noch mehr in der Hose hatte als Brede
Gran –, also, dass der alte Schwiegervater vielleicht gerade eben noch seine
Schäfchen ins Trockene gebracht und sein Leben gerettet hat, ehe es ihm vor
sechs Jahren gelang, Brede Gran unschädlich zu machen.«
Erling schwieg. Die beiden alten Freunde saßen in den
Strahlen der Nachmittagssonne, die durch die Schlitze im Rollo fiel und sahen
einander an. »Weiter«, sagte Terje Plesner, »ich habe bislang nicht
widersprochen, und bin jetzt deutlich interessierter als am Anfang.«
Erling räusperte sich. »Wir haben einen Fehler gemacht«,
überlegte er laut. »Wir dachten, wir wären unverletzbar. Aber wir haben
einen Riss in der Rüstung. Unsere Achillesferse ist, dass wir uns keinen
Ausweg gesichert haben.«
Plesner räusperte sich. »Ich glaube, jetzt musst du mir
erklären, was du meinst, Erling.«
»Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, wie Brede Gran
seinen Plan, Spenning zu übernehmen, realisieren kann. Sein ganzer Plan hängt
an einem Faden, nämlich, dass wir von Kapitalinvest unsere Anteile an Spenning
– ungefähr zwanzig Prozent – an Gran verkaufen. Richtig?«
»Natürlich. Mit unseren und seinen eigenen Aktien ist Gran
die Sperrminorität auf der Hauptversammlung sicher.«
»Was machen wir, wenn noch ein neuer Käufer für unsere
Aktien ins Spiel kommt?«
»Ein zweiter Käufer für unsere Anteile an Spenning?«
Erling nickte.
»Was sollte einen Käufer dazu treiben, nur zwanzig Prozent
der Spenning-Aktien zu erwerben, so aufgeheizt, wie die Situation im Moment
ist?«
Für ein paar Sekunden herrschte Stille in dem dämmerigen
Büro. Die Uhr über der Tür klickte mit raspelndem Geräusch. Ein
Sonnenstrahl traf Plesners Ehering, wurde reflektiert und zeichnete einen
winzigen weißen Mond an die Wand.
»Wir sollten uns auf das Mögliche konzentrieren«, sagte
Erling mit trockener Stimme. »Und dann lösen wir später lieber ein Problem
nach dem anderen. Man kann davon ausgehen, dass der zweite Käufer keine
anderen Motive verfolgt als Brede Gran.«
»Ein Käufer, der motiviert genug ist, Spenning
anzugreifen?« In Plesners Blick lag Aufregung. »Wer sollte das sein?«
»Nichts ist einfach. Wir reden hier von jemandem, der
ausreichend Interesse daran haben könnte, sich die Kontrolle über einen
großen norwegischen Konzern zu kapern. Wer besitzt denn schon große
Aktienanteile von Spenning?«
»Viele, aber unter den Hauptaktionären sind Bitten
Spenning, deine Frau, Brede Gran, du und ich. Bis jetzt scheint es mir, als
wärst du höchstpersönlich der alternative Käufer, den wir suchen.«
Erling
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