Schwarzes Gold Roman
führen«, sagte er schließlich. »Aber Gerüchte aus Trondheim? Die habe ich
jedenfalls verpasst. Wie dem auch sei. Aus derartigen Diskussionen halte ich
mich am liebsten raus. Schlammschlachten sind ein Unding. Man kann nämlich
auch Gegenwind bekommen, wenn man mit Dreck wirft, und dann landet der ganze
Mist vor der eigenen Tür.«
Die Männer auf der anderen Seite des Tisches sahen einander
an. Aber Erling wirkte noch immer unberührt.
»Spennings heimliches Auslandsvermögen?«, schlug Gran vor,
als wollte er die Stimmung wieder auf das Niveau von vorher heben.
»Nein«, sagte Lie. »Das ist durch. Die Leute wollen davon
nichts mehr hören. Da ist nichts mehr zu holen.«
Erling schaute auf die Uhr. Er hatte noch ein paar Minuten
Zeit, bis Huseby ihn abholen würde. Deshalb blieb er sitzen. Die anderen
spielten nicht länger Theater. Sie schienen den Fischzug in Richtung Trondheim
aufgegeben zu haben und mit einer Art Brainstorming beschäftigt zu sein.
»Aber wenn seine Frau so fertig ist«, fuhr Lie nachdenklich
fort, »dann muss er doch irgendeine Freundin haben. Oder geht er in den
Puff?«
»Alle gehen in den Puff«, sagte Brede Gran.
»Andere kaufen Lexika«, sagte Jim Klafstad prosaisch.
»Ich meine nur, wenn er Huren vögelt, können wir
vielleicht da was ausgraben«, sagte Lie. »Vielleicht steht er auf Peitschen
oder kleine Jungs. Kann sein, dass wir was Brauchbares finden.«
Gunnar Lie sah von einem zu anderen. Er sah aus wie ein
wohlgenährter Rottweiler, der von seinem Fressnapf aufschaut. »Es gibt Leute,
die lassen sich solche Dienste bezahlen«, geiferte er. »Die finden im Auftrag
von Scheidungsanwälten oder so heraus, wer mit wem ins Bett geht.«
Erling lächelte schwach. »Sieht aus, als hätten Sie etwas
gefunden, mit dem Sie sich in der nächsten Zeit herumschlagen können«, sagte
er. »Ich hoffe, Sie entschuldigen, wenn ich mich jetzt zurückziehe.«
Er trat hinaus auf die Straße. Dort wartete er, bis Huseby
am Bürgersteig anhielt. Sachs stieg ein und schnallte sich an.
Erling wandte sich an Ole Gunnar Huseby, der einen Gang
einlegte und weiterfuhr.
»Gibt’s was Neues?«
»Ich habe herausgefunden, wo sie sich dienstag- und
donnerstagnachmittags aufhält.«
»Etwas anderes hatte ich nicht erwartet.«
»Sie trifft sich mit einem Mann in einer kleinen Wohnung in
der Gyldenløves Gate.«
»Keine Bilder diesmal.«
»Nein, keine Bilder.«
Erling starrte geradeaus. Sein Gesicht war wie versteinert.
»Wen trifft sie?«
»Einen Mann. In der Regel ist er schon in der Wohnung, wenn
sie kommt, und bleibt noch, nachdem sie fort ist.«
»Wer?«
»Ich weiß es nicht. Ich bin mir nicht sicher. Hab sein
Gesicht noch nicht gesehen.«
»Aha. Aber wem gehört die Wohnung?«
»Sie ist im Besitz von Vebjørn Lindeman«, sagte Huseby
ruhig.
23
Radio, Fernsehen und Zeitungen waren in diesen Augusttagen
voll von Beiträgen über Brede Gran und Vebjørn Lindeman. Die Sache hatte
sich langsam aufgebaut, es begann mit kleinen Notizen über den Aufkauf der
Reedereien Tønnesen und Stavanger Steam, gefolgt von Aussagen, die Konflikte
und Streitigkeiten enthüllten, von denen die meisten Leute nichts mitbekommen
hatten. Meistens waren es kleine Artikel gewesen, die
Aftenposten
aus
Loyalität einem Teil der Leserschaft gegenüber gebracht hatte. Die Einzigen,
die während des gesamten Zeitraums annähernd den Überblick behielten, waren
die Journalisten der
Avanse
-Redaktion. Doch aller Expansion zum Trotz,
prägten sie noch lange nicht das Nachrichtenbild. Das Magazin wurde
hauptsächlich von anderen Journalisten gelesen, von Wirtschaftsleuten und
Studenten der Betriebswirtschaft. Der Redakteur, Dagfinn Bløgger, war dabei,
sich einen Namen in der Öffentlichkeit zu machen, da er diverse
Verleumdungsprozesse gewonnen hatte. Dennoch fristete die Zeitschrift ein
Dasein im Tal des Schattens – außer, wenn es gelang, einen ordentlichen
Skandal auf den Tisch zu bringen. Insiderhandel mit Anleihen, absichtliche
Fehlinterpretationen der eigenen Bilanzen oder Korruption im öffentlichen
Dienst, Staatsbedienstete, die mit ihren Spesen schwindelten, etc. In solchen
Fälle kam es vor, dass die landesweiten Zeitungen sich dranhängten und den
Geschichten eine größere Dimension verliehen. Ähnliches geschah auch, als es
um die Versuche ging, Spenning AS aufzukaufen. Als die Schnapsnasen an den
Newsdesks in der Akersgata endlich begriffen, was vor sich
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