Schwarzes Gold Roman
das Gleiche, wie mit Gott zu vögeln. Nur eins kotzt mich noch mehr
an«, brüllte er und schwang den Zeigefinger zu Bøye, »und das sind
Verleger, die meinen, sie hätten die Berechtigung, zu allem eine Meinung zu
haben. Ihr sollt keine Meinung haben, ein Verleger ist ein Lakai, nein ein
Zuhälter. Ein Zuhälter der Worte!«
»Na, wenn das nicht Terje Vigen ist«, sagte Bøye. »Geh
nach Hause, Terje, geh nach Hause und schreib ein Gedicht. Ich glaube, du bist
da einer Idee auf der Spur.«
25
Nachdem der Kontakt zwischen Dagfinn Bløgger und der
Maklerfirma Kapitalinvest hergestellt war, vergingen nur drei Stunden, bis
Schiffsreeder Néslien sich meldete. Erling hatte damit gerechnet, dass es
länger dauern würde. Zuerst musste Bløgger sichergehen, dass dieses Angebot
wasserdicht und gewinnversprechend war. Danach würde er Néslien kontaktieren.
Die beiden würden sich unterhalten müssen, ihre Berater hinzuziehen, die
Aufsichtsratsmitglieder und den Rest der Bagage, die der Reeder informieren
musste, ehe er selbst einen Beschluss fassen konnte. Aber Erling war davon
ausgegangen, dass sie effektiv arbeiten würden – denn jeder war sich im
Klaren über die Frist, die Vebjørn Lindeman mit der außerordentlichen
Hauptversammlung gesetzt hatte.
Schnell hatte man bei Néslien einen Beschluss gefasst. Der
Reeder hatte sich entschieden. Er wollte den Mount Everest besteigen und seine
Fahne auf den Gipfel pflanzen.
Erling Sachs war die Liebenswürdigkeit in Person, als
Néslien anrief.
Anschließend ließ Erling es sich nicht nehmen, Brede Gran
höchstpersönlich die Neuigkeit zu überbringen, dass die Reederei Néslien am
Kauf der Spenning-Aktien interessiert war und der Maklerfirma das Angebot von
zweihundertsechsundzwanzig pro Spenning-Aktie unterbreitet hatte, somit also
eine Krone über dem Angebot von Gran und der Riebergruppe lag. Erling saß
ausnehmend bequem und angenehm zurückgelehnt in seinem Sessel, als er den
Anruf tätigte. Mit halbgeöffnetem Mund kratzte er sich vorsichtig mit
gekrümmtem Zeigefinger im Mundwinkel, während er der Stille am anderen Ende
lauschte. Denselben Finger benutzte er, um sich am Kinn zu kratzen, lächelnd,
als das Rascheln im Hörer verriet, dass Brede Gran die Hand über die Muschel
hielt, während er jemanden dazurief. Gran berappelt sich, dachte Erling, als
schließlich eine krampfhaft ruhige Stimme um Bedenkzeit bat.
Erling Sachs’ Anruf löste augenblicklich totales Chaos bei
der Riebergruppe aus. Ein Feind war ins Bild gekommen. Ein Herausforderer! Was
geht hier vor? Was sollen wir tun?
Jim Klafstad rief sofort bei Per Ole an, um ihm die Neuigkeit
mitzuteilen, sie mit ihm zu besprechen und sich verwertbare Informationen für
die Diskussion am Tisch der Riebergruppe zu holen. Während Klafstad auf diese
Art seiner Frustration Luft machen konnte, raufte Brede Gran sich lange die
Haare, ehe ihm bewusst wurde, dass er jetzt irgendwie produktiv reagieren
musste. Er bestellte den Rechtsanwalt Jonas Wilhelmsen und den
Aufsichtsratsvorsitzenden der Reederei Rieber, Gunnar Lie, in sein Büro.
Sobald die beiden das Ausmaß der Krise erahnten, wurde auch
Jim Klafstad hinzugebeten. Der hatte sich kaum hingesetzt, als Gunnar Lie
sagte: »Dieses Bonbon hat sich Néslien nicht selbst ausgesucht.«
Die anderen sahen ihn verständnislos an.
»Warum sollte Néslien sich in Spenning einkaufen wollen? Um
an den Ertrag zu kommen? Nicht, wenn Übernahmegerüchte wie Weihnachtslieder
im Radio gespielt werden. Néslien will die Kontrolle übernehmen. Das ist der
einzig logische Grund für ihn, einzusteigen. Und das tut er ausgerechnet
jetzt. Jemand muss ihn aufgefordert haben. Und das kann nur einer gewesen sein.
Brede, Erling Sachs hat dir die Schlinge um den Hals gelegt.«
»Das hat er nicht getan«, widersprach Gran kleinlaut.
»Hier geht es um Kauf und Verkauf«, fuhr er wenig überzeugend fort. Er hob
die Stimme: »Welche Folgen hat die Fusion von Spenning und Néslien?«
»Pures Aussaugen«, sagte Klafstad altklug.
»Lass hören.
Give me the facts.
«
Klafstad räusperte sich. Er gab die Informationen wieder,
die ihm Per Ole weitergegeben hatte, als sie den Fall am Telefon besprachen. Er
sagte: »Néslien ist groß im Fährgeschäft im Ärmelkanal. In dem Bereich
ist er wirklich riesig. Sollte er ernsthaft an irgendeiner von Spennings
Kompetenzen interessiert sein, dann muss es die Abteilung für Personenverkehr
sein.
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