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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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Geldkassette. Doch sollten dort eigentlich stapelweise
Roter Blitz
und
Superman
liegen, vielleicht auch ein Hamster mit einem eigenen
Hamsterkäfig.
    Eines Tages, als er sich gerade auf den Weg zur Schule machen
wollte, hielt ihn sein Bruder an. »Ich habe etwas für dich.«
    Es war ein zerknittertes Blatt Papier. Anders las den Zettel.
»Was ist das?«
    »Hast du Lust auf zweihundert Flaschen Cola innerhalb von
drei Wochen?«
    »Zweihundert Flaschen Cola? Logisch!«
    »Dann kaufst du sechs Flaschen Cola, zwei davon bekomme ich,
zwei bekommt Reinert und zwei Marius.«
    »Ich soll sie kaufen und an deine Freunde abgeben?«
    »Ja, das ist ja der Sinn der Sache«, sagte Per Ole. »Dann
kommst du auf die Liste und bekommst als nächster Cola. Das ist ein Spiel, ein
Kettenbrief. Du unterschreibst hier auf dem Zettel und suchst drei Leute, an
die du ihn weitergibst. Jeder der drei kauft sechs Flaschen Cola, du bekommst
zwei davon, und sie geben den Zettel weiter. Alle kaufen sechs Flaschen Cola
und du stehst immer auf der Liste und bekommst von jedem von ihnen zwei. Sobald
es weitergeht, hast du hunderte Colaflaschen.«
    Anders runzelte die Stirn und versuchte, die Erklärung zu
verstehen.
    »Ich habe schon über siebzig Flaschen, Anders. Man nennt
das einen Kettenbrief. Der Plan ist bombensicher. Nur zwei Dinge sind wichtig:
Niemand darf die Kette unterbrechen. Wenn die Kette abreißt, bricht der ganze
Plan zusammen. Deshalb musst du Leute aussuchen, auf die du dich verlassen
kannst. Und du musst die Klappe halten und uns nicht an Papa verpetzen.«
    »Verpetzen?«
    »Halt einfach die Klappe, ja?«
    Anders begriff das System nicht ganz. Aber zwei Dinge wusste
er über seinen Bruder: Per Ole war gut in Mathe, und Per Ole war Meister
darin, sich Dinge von anderen Leuten anzueignen.
    »Okay«, sagte Anders. »Aber ich brauche Cash. Kannst du
mir fünfzehn Kronen leihen?«
    Per Ole steckte sein Portemonnaie zurück in die
Gesäßtasche. Per Ole gab niemals auch nur fünf Øre ab. Anders war pleite.
Die Chancen, an das Startkapital für den Cola-Kettenbrief zu kommen, waren
gleich null.
    In der Religionsstunde machte er einen Plan. Nach der Schule
ging er festen Schritts die Treppe hinauf und in sein Zimmer. Er öffnete die
oberste Schublade. Unten in der Lade, ganz hinten, lag ein blaues
Plastikschächtelchen. Darin lag der kleine Glasrahmen mit seiner Münze.
Entschlossen ging er die Treppe hinunter, zog sich seine Jacke an und ging
weiter zur Haltestelle Eiksmarka. Er fuhr schwarz. Er war auf dem Weg zu seinem
Vater in der Bank.
    Anders wusste den Weg. Er ging an den Schaltern vorüber,
nickte den Kassierern, die er kannte, zu und setzte seinen Kurs zu den
Fahrstuhltüren fort.
    Das Problem war da, als er den Fahrstuhl verließ. Sein Vater
wäre garantiert großzügig gewesen, hätte ihm die Münze zurück in die
Tasche gesteckt und ihm fünfzehn Kronen und noch ein bisschen extra gegeben.
Doch Papas Büro war verlassen. Einige Büros waren verlassen. Aber nicht alle.
Erling Sachs saß bei geöffneter Tür an seinem Schreibtisch. Es war so still,
dass Anders hören konnte, wie sich sein Kugelschreiber über ein Blatt Papier
bewegte.
    Anders wartete darauf, dass Erling Sachs ihn entdeckte, dass
der Mann mit den vielen Zähnen ihn ansprach. Doch der seitengescheitelte Kopf
rührte sich nicht. Plötzlich klingelte draußen die Glocke einer
Straßenbahn. Sachs’ Kopf bewegte sich noch immer nicht. In diesem Augenblick
wurde es ihm klar: Erling Sachs musste ihn gehört haben. Anders hatte ja die
Tür geöffnet, Erling Sachs wusste sehr genau, dass er da war. Er wusste es,
und es interessierte ihn nicht. Anders spürte, dass er beobachtet wurde.
Erling nahm ihn in Augenschein, jetzt, in diesem Augenblick – während über
den Schreibtisch hinweg nur sein Hinterkopf zu sehen war und das Geräusch von
einem Kugelschreiber auf Papier wie ein unsichtbares Insekt summte. Anders
ließ seinen Blick die Wände entlanggleiten, um herauszufinden, wie Erling
Sachs ihn hatte sehen können. Es war das große Fenster zur Straße. Da. Der
Umriss von Erling Sachs’ Gesicht im Fenster, zwei leuchtende Punkte – die
Brille.
    Im selben Moment kam der Drehstuhl hinter dem Schreibtisch
ins Rollen, die Feder knirschte, und Erling Sachs’ Kopf thronte in der
Türöffnung, ein knochiges Gesicht, dass sich plötzlich teilte. Die untere
Hälfte verformte sich zu einem feuchten Dreieck, wie eine

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