Schwarzes Gold Roman
Erdnüssen.
»Das willst du also, ja?«
Kühle Luft strich ihm über die Beine, als seine Hose auf
die Knöchel rutschte.
Er traute sich nicht, hinzusehen. Aber er fühlte es. Fühlte
ihre Hände. Als fassten sie direkt um sein Herz. Zischend, fast
zähneknirschend, sagte sie:
»Das willst du also, ja? Glaubst du, ich hätte deinen Kopf
am Fenster nicht gesehen? Hm? Davon träumst du, was? Jeden Abend? Hm? Du
kleines Schwein.«
Anders schwebte, während er das Gefühl hatte, dass sie sein
Herz ergriff.
»Hm? Was? Das gefällt dir, du magst es, wenn man dir einen
runterholt? Was? Was? Was?«
So fühlt es sich an, wenn man stirbt, dachte Anders und
öffnete die Augen, während er eine andere Dimension erreichte. Willenlos
musste er mit ansehen, wie ein Strahl weißer Tropfen über ihre Brüste lief,
er wollte nicht versiegen, und er starb noch mehr, starb im Licht, das in ihren
weißen Zähnen blitzte.
Er rührte sich nicht. Auch nicht, als sie seinen Griff um
den Slip, den er die ganze Zeit umklammert hatte, behutsam löste. Sie benutzte
den Slip als Serviette und wischte sich sauber, wischte sich das Weiße von den
Brüsten, dem Bauch, den Schenkeln und den Fingern, ehe sie das feuchte
Höschen in seine Brusttasche steckte.
»Hier hast du ein Andenken. Und jetzt zieh dir die Hose hoch
und mach, dass du rauskommst. Wir vergessen das Ganze, also husch, raus mit
dir. Ich will baden.«
6
Als Erling Sachs seinen neuerworbenen Geldgewinn in
Wertpapiere steckte, wählte er eine Anlageform, die schnell im Wert steigen
würde. Nachdem er das Terrain sondiert hatte, entschied er sich schließlich
für einen Fonds der norwegischen Kreditbank DnC. Dort suchte er sich den
einzigen Fondsverwalter aus, der beim Sprechen seinen Dialekt verriet. Der Mann
hieß Ole Åndalsnes und stammte aus Tysfjord.
Erling hielt sich an Åndalsnes, dem schnell klar wurde, dass
er einen Spekulanten mit Ausnahmetalent vor sich hatte. Den Ordern von Erling
Sachs folgte immer eine Analyse. Diese Analysen waren so gut, dass Åndals-nes
bald anfing, sich auf ihre Telefongespräche zu freuen. Außerdem gab Erling
jedes Mal die ein oder andere Anekdote aus Nordnorwegen zum Besten. Das machte
die Unterhaltung leichter und ziemlich lustig. Oft brachen sie dann über ihr
gemeinschaftliches Verständnis von Pointen in gutmütiges Gelächter aus.
»Sie haben eine verdammt gute Nase, Sachs.«
»Mein Lieber, für mich ist das bloß ein Hobby, und das
Geld habe ich ja geerbt. Wenn man wirklich Erfolg haben will, das wissen Sie
genauso gut wie ich, dann muss man das große Geld investieren. Nein, ich will
mich lieber auf Ihrem Spielplatz tummeln.«
Auf diese Weise erfuhr Åndalsnes, dass Erling sich im
letzten Teil einer Ausbildung zum Börsenmakler befand. Die beiden trafen sich
gelegentlich auf ein Bier. Åndalsnes war ein großer, beleibter Bär von einem
Mann mit einem kleinen, runden Mund und einem widerspenstigen, braunen
Haarschopf, den er sich aus den Augen hielt, indem er unablässig den Kopf zur
Seite warf. Er war leutselig und beliebt, ein Mann mit guten Verbindungen. Als
Ole Åndalsnes eine Stellung in New York angeboten bekam und sie annahm, schlug
er Erling vor, sich auf die frei werdende Stelle in der Fondsabteilung zu
bewerben.
Einen Tag, nachdem Erling seine Bewerbung für die Stelle als
Fondsverwalter in der Geschäftsbank DnC eingereicht hatte, wurde er zum
Vorstellungsgespräch gebeten. Es verlief schmerzlos. Åndalsnes war ebenfalls
anwesend. Schnell wurde zum Gesprächsthema, dass Erling selbst gern auf dem
Aktienmarkt spielte. So kam heraus, dass es eigentlich nicht darum ging, ob er
die Stelle bekam oder nicht, sondern ob er bereit war, sich auf die
»notwendigen Anforderungen und Voraussetzungen, die eine solche Position mit
sich brachte« einzulassen, wie Åndalsnes sich ausdrückte.
Tags drauf bekam Erling Bescheid. Er hatte einen neuen
Job.
An seinem ersten Tag führte er vom Moment des Aufwachens
jedes kleinste Detail seines Morgenrituals aus, als wäre er Gast bei seiner
eigenen Hochzeit. Er zog sich seinen neuen Anzug mit penibler Sorgfalt an. Auch
das Hemd war brandneu. Vor dem Spiegel stehend, entfernte er Nadel um Nadel
erst, kurz bevor er das Hemd überstreifte – das kühle Gefühl des sauberen,
neuen Stoffs sollte alle Sinneszellen der Haut wachrufen. Die glänzenden
schwarzen Schuhe der Marke Topman waren rahmengenäht. Sie waren noch
ungetragen und rochen
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