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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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Schlitz
vorgezeigt.
    »Cecilie ist geil«, sagte Stian. »Ich hab sie
gebumst.«
    »Gebumst?«
    »Bumsen. Du steckst deinen Schwanz in ihre Muschi.«
    »In den Schlitz?«
    Anders dachte nach. Sein Schwanz in Cecilies Schlitz.
Vorstellen konnte er sich das. Den Pillermann in ihren Schlitz. Aber das musste
bedeuten, dass es unter dem Schlitz eine Öffnung gab. Und was machte man mit
dem Schwanz in der Muschi? Pinkelte man?
    Stian kicherte herablassend. »In die Muschi pinkeln? Nein,
du spritzt.«
    »Spritzen?«
    »Ja, spritzen, so, wie wenn du dein Ding schrubbelst, wenn
du wichst.«
    Sein Ding schrubbeln? Anders fand diesen Gedanken
widerlich.
    Stian war schockiert. Er flüsterte: »Melkst du nie deinen
Schwanz? Es ist lebensgefährlich, das nicht zu tun. Man muss seinen Schwanz ab
und zu schrubbeln, sonst wächst er zu.«
    Anders erbleichte.
    Stian fragte nachdrücklich: »Schrubbelst du nie an deinem
Ding? Nicht mal, wenn du dich wäschst?«
    Andres wurde schwindelig. Aber er stammelte: »Klar doch,
natürlich schrubbel ich meinen Schwanz. Ich wichse andauernd.«
    Schon seit Kindertagen sammelte Anders seine Schätze in
einer abschließbaren Geldkassette in der obersten Schublade seines
Schreibtischs. Sein ältester Schatz war eine Münze von 1874. Sie war blank,
ohne Riffelung, ein Zweikronenstück aus Silber. Auf der einen Seite der Münze
war der Reichslöwe eingeprägt, mit einer Axt auf einem Waffenschild und
Weinlaub. Auf der Rückseite war das Profil von Oscar II. zu sehen – ein Mann
mit Bart und Locken. Über seinem Kopf war Folgendes eingraviert: OSCAR II.
NORGES o SVER KONGE. Unter der Brust des Königs war sein Motto zu lesen: DEM
WOHL DER BRUDERVÖLKER.
    Per Ole und er hatten beide eine solche Münze. Per Ole hatte
herausgefunden, dass sie sechshundert Kronen wert war. Das stand im Katalog.
    »In welchem Katalog?«
    »Dem in der Schulbibliothek. Das Besondere ist, dass die
Münze keine Riffelung hat. Sie ist nie in Umlauf gewesen. Sie ist seit ihrer
Herstellung ein Sammlerstück. Solche ungeriffelten Münzen sind verdammt viel
wert.«
    »Wirklich. Sechshundert Kronen«, sagte Anders zweifelnd.
    »Etwa nicht?« Per Ole holte sein Portemonnaie hervor und
zeigte ihm die Scheine.
    »Hast du sie eingetauscht?«
    Warum war er so schockiert? Vielleicht, weil der Bruder es
gewagt hatte, so ein Geschenk einfach wegzugeben. Andererseits waren Per Ole
und Geld eine nahezu krankhafte Kombination. Es war nicht weiter verwunderlich,
dass er ausgerechnet eine Münze versetzt hatte, die ihm an einem
Weihnachtsabend vor vielen Jahren von der Arbeiterhand des Großvaters
überreicht worden war. Ein Augenblick, man nimmt sie und schaut hinauf in das
Gesicht des Mannes, der sonst nie auch nur das kleinste Geschenk machte.
Während der ersten Jahre hatte Anders’ Münze einfach in der Geldkassette
gelegen – versiegelt in einer kleinen Plastikdose. Dann, als Anders langsam
begriff, was die Münze eigentlich bedeutete, begann er Fantasien darum
herumzuspinnen. Die Münze repräsentierte eine alte Zeit, als Norwegen und
Schweden ein Reich waren. Die Münze war geprägt worden, noch bevor
Großmutter und Großvater geboren wurden. Die Münze war der Beweis, dass er
zur Welt gehörte, in den Lauf der Geschichte. Verblichene Schwarzweißfilme,
die Bilder von Frauen mit Muff und langen Kleidern auf der Karl Johans Gate
zeigten, Leute, die sich ruckend und zuckend wie im Zeitraffer bewegten – die
Münze war der Beweis, dass es das Jahr 1874 wirklich gegeben hatte. Es hatte
etwas Magisches, einen Gegenstand, ein Objekt zu berühren, das schon vor den
Weltkriegen und vor dem allgemeinen Wahlrecht existiert hatte. Er konnte die
historischen Tatsachen in seinen Händen halten. Die Münze halten, wiegen und
wieder in die Schublade legen. Anders konnte Stunden damit verbringen, von der
Münze zu träumen und von den Reichtümern, die sie einst repräsentiert
hatte. Trotzdem, von dem Augenblick an, als er die Hunderter im Geldbeutel
seines Bruders gesehen hatte, ließ ihn der Gedanke nicht mehr los, welche
Reichtümer die Münze in Form von Waren bedeutete: die Brausepulvertütchen,
die Jimi-Hendrix-Platten, die Cola-Flaschen, die er sich kaufen könnte –
Bücher, Comics …
    Bald vernahm Anders nicht mehr nur das Rauschen der
Geschichte, wenn er die Schublade öffnete – immer häufiger sah er
materielle Gegenstände vor sich. Da lag die Münze in der abschließbaren

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