Schwarzes Gold Roman
gehört, die auf den Cayman Islands oder auf Jersey – jedenfalls in einem
anderen Steuerparadies – registriert ist. Nächste Frage: Warum schnüffle
ich dieser Spur hinterher? Stellen Sie sich vor, ein Kanarienvögelchen hat mir
ins Ohr gezwitschert. Und da habe ich gehört, dass O’Cannys eine Reederei
mit einer großen Flotte ist, die viel Geld einspielt. Doch die Gerüchte
sagen, dass die Reederei O’Cannys über Jahre und bis heute von Georg
Spenning kontrolliert würde. Das ist interessant – wenn man bedenkt, dass
der norwegische Staat mittels der Garantiegemeinschaft mehrere hundert
Millionen Kronen auf den Tisch gelegt hat, um Georg Spennings Gläubiger
abzuspeisen. Außerdem hat das Kanarienvögelchen noch gezwitschert, dass
dieses System, Reedereien zu gründen, die von Strohfirmen in irgendwelchen
Steuerparadiesen betrieben werden, um auf diese Weise in Norwegen Steuern zu
hinterziehen, dass dieses System in Reederkreisen die Spenning-Methode genannt
wird. Eine Methode, die in vereinzelten Fällen auch als Lindeman-Touch
bezeichnet wird. Der Grund hierfür ist angeblich, dass dieses System
seinerzeit von Georg Spenning erfunden, aber von Ihnen – Vebjørn Lindeman
– wesentlich verbessert wurde.«
»Sie sollten sich nicht an flüchtigen Gerüchten
aufhängen«, erwiderte Vebjørn steif. »Ich habe von all diesen Dingen keine
Ahnung.«
Ruste lächelte müde.
»Jetzt hören Sie mir mal zu«, brach es aus Vebjørn
heraus. »Sollte es wirklich der Fall sein, dass fünfzehntausend Reedereien in
Liberia registriert sind, fünfzehntausend Reedereien, deren korrekte
Besitzverhältnisse nicht auszumachen sind, und wenn einzelne davon nach
Norwegen führen, dann hat der Staat ein großes Problem. Ich finde, dann
können Sie zurück zum Justizministerium gehen und erzählen, dass die
Steuerhinterziehung, die im System steckt, durch eine windschiefe Hütte in
Monrovia symbolisiert wird. Im Zweifelsfall bedeutet das, dass die Hälfte der
norwegischen Reederschaft ihre Finger im Spiel hat – vielleicht noch mehr,
was weiß ich. Und dann verstehe ich wirklich nicht, warum sie einen armen
herzkranken Mann verfolgen, der de facto darauf besteht, seine Schulden
zurückzuzahlen. Was Sie da machen, ist überhaupt nicht heroisch. Es ist
erbärmlich.«
Ruste hatte Vebjørn aufmerksam zugehört. Jetzt sagte er:
»Noch eine Winzigkeit, über die Sie sicher Bescheid wissen, aber können Sie
sich vorstellen, warum es bei mir geklingelt hat, als ich Broad Street Nummer
80 hörte?«
Lindeman schwieg.
»Nortraship in New York hatte während des Krieges dieselbe
Adresse. Damals war es Broad Street 80 in Manhattan. Was für ein Zufall! Als
Hitler Norwegen besetzt hatte, schlossen sich die Reeder unter dem Dach
Nortraship zusammen. Unter anderem sind sie zwischen Norwegen und den USA im
Konvoi gefahren – Sie erinnern sich doch an Roosevelt, nicht wahr?
Look
to Norway,
die Rede, die alle Norweger zum Weinen brachte.«
»Ich weiß, was Nortraship war!«
»Offiziell natürlich«, sagte Ruste mit einem Lächeln.
»Weniger bekannt ist, was die Reeder, die Nortraship leiteten, sonst so
trieben. Sie haben Gelder verschoben und Unmengen in die eigene Tasche
gewirtschaftet. Sie haben große Vermögen angehäuft. Sie wissen ebenso gut
wie ich, dass Georg Spenning zwei Jahre lang Vorstand von Nortraship war.«
Vebjørn schwieg noch immer.
»Broad Street 80 in New York, Broad Street 80 in Monrovia
forty years later.
« Ruste grinste und zog theatralisch die Nase hoch.
»Ich rieche das Blut eines reichen Mannes, Lindeman. Sagen Sie mir, wie viele
dieser fünfzehntausend Reedereien im Besitz von Georg Spenning sind.«
»Ich habe dazu nichts zu sagen.«
»Sie scheinen mir so angespannt. Macht Sie dieses Gespräch
nervös?«
»Ich habe dazu nichts zu sagen.«
»Und ich frage Sie noch einmal. Kennen Sie die Reederei
O’Cannys?«
»Nein.«
»Sind Sie das Gehirn hinter O’Cannys?«
»Wenn Sie irgendwelche Fragen bezüglich Spennings Finanzen
haben, müssen Sie mit Georg Spenning sprechen.«
»Und Sie haben nicht auf meine Frage geantwortet. Vielleicht
können Sie mir ja darauf eine Antwort geben: Warum haben Sie bei der Reederei
aufgehört?«
»Ich hatte viele Jahre dort gearbeitet und suchte nach
anderen und neuen Herausforderungen.«
Ruste betrachtete ihn. »Ich habe natürlich auch mit
Spenning gesprochen. Und das werde ich auch weiterhin tun. Aber jetzt sitzen
wir
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