Schwarzes Gold Roman
und muskulösem Körper. Jonny
Ste-ne hatte sich im vergangenen Jahr bei dem Wettbewerb einer
Frauenzeitschrift beworben, hatte es bis ins Finale geschafft und war zum
Man of the Year
gekürt worden.
Mit Anatomie und Muskeln kannte Jonny Stene sich aus. Er
stemmte Gewichte, um seinen Körper zu stählen. Wenn es um Frauen ging, konnte
er mit größter Überzeugung die seltsamsten Theorien über ihr Gefühls- und
Sexualleben vertreten. Als Quelle für seine Behauptungen gab er seine Mutter
an.
Anders machte seine Mittagspause meistens in der Klosterruine
bei Loenga. Dort konnte er in Frieden sitzen und musste sich nicht das dumme
Geschwätz und die hohlen Diskussionen über Katerzustände und weibliche
Geschlechtsorgane anhören. Eines Mittags, als er dort saß und sein Lunchpaket
vertilgte, suchte ihn Jonny Stene auf. Er ließ sich zwischen den Mauerresten
nieder und machte sich über ein Stück Schwarzer Afghane her.
»Was machst du hier eigentlich?«, fragte Jonny Stene.
»Ich esse«, sagte Anders.
»Das sehe ich. Aber du siehst eigentlich ganz fit aus. Hier
arbeiten doch sonst nur fucking Losers.«
»Ein Haufen Verlierer. Außer dir und mir«, sagte
Anders.
Jonny zündete den Joint an. »Habe nicht vor, hier alt zu
werden. Du etwa?«, sagte er und hielt die Luft an. Er hielt Anders den Joint
hin.
Anders nahm die Tüte. Er machte einen tiefen Zug und war
unmittelbar stoned. Sie alberten herum.
Als Anders an diesem Nachmittag das Betriebsgelände
verließ, hielt Jonny in seinem schwarzen Mercedes neben ihm.
Anders stieg ein. Jonny fuhr Richtung Osten, an Høyenhall
vorbei und weiter den Tvetenveien entlang. Sie rauschten durch verschlafene
Wohnviertel, durch Reihen geparkter Wagen in den Vororten Tveita, Haugerud und
Kalkbakken – und landeten schließlich in einer stillen Straße in Oppsal.
Jonny kannte eine Frau, die dort wohnte. Sie hieß Heidi und lebte allein in
einer Wohnung, die mit weichen Kissen, Kitschfiguren und anderem Krimskrams
vollgestopft und mit Teppichboden ausgelegt war. Sie war Mitte zwanzig und
hatte das blonde Haar zu einer Art Rosette aufgesteckt. Eine Rolle im Denver
Clan hätte ihr gut zu Gesicht gestanden. Sie war stark geschminkt, lief auf
Stöckelschuhen durch die Wohnung, und an ihren Ohren baumelten lange
Strassclips. An den Wänden prangten Fotos von Kindern mit Tränen auf den
Wangen, einem Elch im Sonnenuntergang und einem Fischer mit Südwester auf dem
Kopf und Pfeife im Mund. Zwischen dem Elch im Sonnenuntergang und dem Fischer
hing eine Fotocollage, die Heidi zeigte, wie sie nackt in einem Park auf einem
dicken Teppich aus Herbstlaub posierte. Die Bilder stammten aus der Zeitschrift
Aktuell Rapport.
Heidi war im letzten Winter das Mädchen auf der
Mittelseite gewesen. Auf den Fotos hatte sie außergewöhnlich animierende
Posen eingenommen, und Anders empfand die Situation als komplett surreal. Da
stand er und betrachtete unter ihren sachkundigen Kommentaren die Fotografien.
Sie fragte, ob Anders einen Tom Collins trinken wollte, und rief gleich darauf
ihre Freundin Rakel an. Rakel war klein, hatte ein hübsches Lächeln, eine
jungenhafte Frisur, und unter ihrer Bluse wogten große Brüste. Jonny baute
einen neuen Joint und ließ ihn herumgehen, Heidi mixte Whisky-Soda, und aus
der Anlage kam Jonny Stenes Musik: straighter und pompöser Hardrock.
Irgendwann im Verlaufe des Abend zogen Heidi und Jonny sich auf dem Sofa aus.
Rakel griff nach Anders’ Hand und führte ihn ins Schlafzimmer. Sie schliefen
in einem großen Doppelbett miteinander. Anders fühlte sich wie ein Automat.
Anfangs hatte er Rakel nicht besonders attraktiv gefunden. Außerdem war er
unwiderruflich benebelt. Sein Körper war erregt, aber er war nicht darin zu
Hause. Während sie miteinander schliefen, fühlte er sich in seinem Rausch wie
der Zuschauer eines schlechten Theaterstücks.
Schließlich konnte er ihr nichts mehr vormachen. Draußen
graute bereits ein neuer Tag. Er legte sich neben sie.
»Was ist?«
»Es ist spät. Wir können jetzt schlafen.«
»Was ist denn los?«, wiederholte sie drängend.
»Ich kann nicht«, sagte er und deutete auf seinen Schwanz,
der noch immer hart und steif vor ihm aufragte.
»Das hier hilft«, murmelte sie und nahm ihn in den Mund. Er
strich über ihr kurzes Haar. Es half nicht. Er hatte den Kontakt zu sich immer
noch nicht wiedergefunden.
Rakel erhob sich und ging zur Tür.
»Du musst nicht gehen«, sagte er
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