Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
Vom Netzwerk:
Metaphysik war nie Per Oles
starke Seite gewesen.
    Ramberg drehte seinen Hut in den Händen und sagte
begeistert: »Wie schön, dass der Kurs ein Erfolg war. Aber verwunderlich ist
es nicht. Wo man doch jetzt mit Aktienfonds das Risiko verteilen kann – auch
als Normalverbraucher. Bald gewinnen Willoch und die Konservativen die Wahl,
und ihr Programm bringt die Leute in Fahrt. Es wird sich einiges ändern, ganz
sicher.«
    Per Ole war noch immer ganz benebelt und erschöpft von
seinem Vortrag und nickte mit einem höflichen Lächeln.
    »Toll, dass du in St. Gallen warst. Ja, von diesen Dingen
verstehst du was, so viel steht fest. Mit Aktien, das könnte ja auch eine Art
zu sparen sein, dachte ich, jedenfalls, wenn die Bankzinsen niedrig sind. Wer
hätte das gedacht, Per Ole, dass du und ich mal die Rollen tauschen. Ich
drücke die Schulbank und du stehst am Katheder. Ich danke dir jedenfalls für
einen sehr lehrreichen Abend.«
    Als sie zusammengepackt hatten, gingen Per Ole und Jim ins
Theatercafé und nahmen eine gehobene Mahlzeit mit Wein ein. Sie saßen im Raum
»Bunnefjorden« und wurden von einer drallen Kellnerin bedient, die ihnen
Rentiersteak und französischen Rotwein empfahl. Sie nahmen ihre Empfehlung an,
und während sie aßen, schmiedeten sie – berauscht vom Erfolg ihres Kurses
– Zukunftspläne.

22
    Anders schloss die Haustür auf und betrat das Wohnzimmer. Es
war still im Haus. Seine Mutter saß wie immer an ihrem Platz in der Ecke des
Esszimmers. Sie hatte die Brille auf, und vor ihr lagen der Stammbaum und die
Handschriftenkopien aus dem Reichsarchiv.
    Er ließ sich vor dem Fernseher nieder und tat so, als würde
er sich etwas ansehen, um nicht leere Phrasen mit ihr austauschen zu müssen.
Nach einer Weile fiel ihm auf, dass die Stille im Haus andersartig und
merkwürdig war. Seine Mutter saß auf eine Weise regungslos und apathisch da,
dass Anders sich nicht länger konzentrieren konnte. Er wagte einen Blick in
ihre Richtung. Sie starrte auf die Tischplatte.
    »Was ist los?«
    »Alles in Ordnung, mein Junge.«
    »Was machst du da?«
    Die Mutter antwortete nicht.
    Er erhob sich und ging zu ihr hin. Auf dem Tisch lag ein
grelles Farbfoto, das einen geschniegelten Typen zeigte. Darüber hatte jemand
mit Kugelschreiber gekritzelt:
    All the best! James Cagney
    »So sieht er also aus. Hast du sein Autogramm
bekommen?«
    Sie schwieg.
    »Sieht irgendwie glatt aus.«
    Sie schwieg noch immer.
    »Ich habe gesehen, dass du ihm einen Brief geschrieben
hast«, sagte Anders und schloss schnell wieder den Mund. Das hätte er nicht
sagen dürfen. Der Brief an Cagney war privat gewesen, ein Teil von Mutters
heimlichem Leben und nicht für seine Augen bestimmt. Die Mutter würde nicht
verkraften, dass er Bescheid wusste, das wurde ihm sofort klar.
    Die Gefühle tobten im Gesicht seiner Mutter. Sie hatte sich
geöffnet, hatte einen persönlichen Brief an James Cagney geschrieben. Das
Bild musste die Antwort sein, die sie erhalten hatte. Sie war zurückgewiesen
worden. Und diese Zurückweisung tat weh.
    Sie schauten sich an. Er sah, dass sie seine Gedanken erriet
– und dass sie dieser Situation nicht gewachsen war.
    Sie riss ihm das Bild aus der Hand und begann brüsk ihre
Unterlagen zusammenzulegen. »So«, sagte sie. »Kümmer dich nicht darum, das
bin ja nur ich, mit meinem lächerlichen Hobby.«
    Er ging zurück zum Sofa und versuchte sich wieder auf das
Fernsehprogramm zu konzentrieren. Es war Krimi-Stunde. Ein Zivilpolizist fuhr
in einem offenen Triumph Roadmaster auf der Kanalinsel Jersey herum und
bewohnte eine noble Wohnung, eine Art Penthouse. Für eine Weile vergaß Anders
seine Mutter, doch die schwere Stimmung traf ihn schon bald erneut – es war,
als läge sie in der Luft, als übertöne sie das Gerede im Fernsehen.
    Er warf einen Blick über die Schulter. Die Mutter hatte sich
nicht bewegt und weinte lautlos. Wieder stand er unbeholfen auf. Er wusste
nicht, was er sagen oder tun sollte, und stotterte: »Was ist denn?«
    Keine Reaktion. Es war kein Geräusch zu hören. Ihr Gesicht
war in stillem Schmerz verzogen. Tränen strömten über ihre Wangen, sie
wiegte ihren Körper monoton vor und zurück.
    Anders hatte seine Mutter noch nie in einem derartigen
Zustand gesehen. Beunruhigt wiederholte er: »Was ist denn?«
    Keine Reaktion.
    Schließlich erhob sie sich langsam. »Das bin ich«, sagte
sie barsch. »Ein Nichts!« Dann begann sie alle Papiere,

Weitere Kostenlose Bücher