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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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Bromden im
Film
Einer flog übers Kuckucksnest
die Wascharmatur aus dem Fenster
warf, hinterhersprang und dem Wind folgte. Mit dieser Szene wurde Chief Bromden
zu einem wahren Idol: Das gleiche Verlangen nach Freiheit, dargestellt von
Chief Bromden, der mit einer riesigen, schweren Armatur auf der Schulter
davongeht, reduzierte sich zu einer einzigen Replik. Jack Nicholson, als
McMurphy, sprach in diesem Film Anders’ Lieblingssatz aus: »I did try, at
least I did that.«
    Anders gab auf, als Renate von der Notwendigkeit sprach, die
Mauern einzureißen. Er konnte sich ihren blinden Glauben an die einigende
Kraft des Kollektivs nicht vorstellen. Anders weigerte sich, im Takt zu
marschieren. Er weigerte sich, die Grenzen zu akzeptieren, die die Generation
der Eltern gesetzt hatte. Er wollte etwas anderes. Egal was dieses Andere war.
Sein ganzes Leben hatte er sich in Geschichten weggeträumt. Er hatte die
Hoffnung, den Traum gehabt, Schriftsteller zu werden. Doch er traute sich
nicht, diesen Traum laut auszusprechen. Vor niemandem. Er glaubte, dass die
Träume, die man verriet, niemals in Erfüllung gingen. Sein Traum vom
Schriftstellerdasein hatte Ähnlichkeit mit der Geschichte von Joseph und
seinen Brüdern. Anders wollte ohne das Wissen der anderen wachsen. Er wollte
seine Karriere allein voranbringen, in aller Ruhe Autor werden. Dann würde er
sich in all seiner Pracht offenbaren und seine wahre Identität lüften, genau
wie Joseph es vor seinen Brüdern getan hatte, als sie zum großen Fürsten in
Ägypten kamen.

19
    Sein Vater fragte, ob er sich vorstellen könnte, bei
Spenning AS zu arbeiten. Anders schüttelte den Kopf. Er wollte sich selbst
einen Job suchen und nahm schließlich Gelegenheitsarbeiten als Packer auf
Sørenga und in Bjørvika an. Seine Aufgabe war es, an einer Rampe Waren von
Lastwagen in Eisenbahncontainer zu laden oder umgekehrt. Seine Kollegen waren
größtenteils alkoholisierte und unglückliche Männer, die sich beim
Arbeitsamt einen Tagesjob erkämpft hatten und ihren Lohn in Exportbier und
Räucherwürstchen umsetzten. Nur wenige der Arbeitskameraden waren hart
arbeitende Kleinbauern aus Hobøl oder Skarnes.
    Die meisten Packer machten keinen Schritt ohne ihre
Sackkarre. Sie transportierten immer einen Leinensack oder einen Pappkarton,
den sie dann auf der Rampe hin und her schoben, damit der Eindruck entstand,
dass sie ordentlich zupackten. Der Chef war ein cholerischer Typ. Er fuhr einen
grünen Opel Rekord, hieß Svensen, hatte eine Glatze und schrie und tobte,
wann immer er das Gefühl hatte, dass jemand nicht hart genug arbeitete.
    Neben der Arbeitsvermeidung war das Wichtigste für die
Faulsten das Klauen. Man stahl und verkaufte weiter: Badezimmerkacheln,
Werkzeug, Armbanduhren, LPs, Fotoapparate. Zunächst machte der Vorarbeiter der
Truppe ausfindig, ob die Fracht Wertsachen beinhaltete. Auf sein Zeichen nahm
dann ein angeschickerter Packer Anlauf und rammte die Kante seiner Sackkarre in
den Karton und rief dabei: »Bruch!«
    Das war das Codewort, das besagte, dass die Fracht während
des Transports beschädigt worden war – ein Fall für die Versicherung also.
Dann galt es, Kartons aufzureißen und zu stehlen, was möglich war, ehe
Svensen mit seiner alten Polaroidkamera angelaufen kam und Fotos von der
beschädigten Ware machte. Die Bilder dienten als Beweis für die
Versicherung.
    Um der Klauerei Einhalt zu gebieten, hatten die Spediteure,
mit Svensen an der Spitze, einen abschließbaren Verschlag für Wertsachen
konstruiert. Eine Seite der Rampe wurde vernagelt. Alle wertvollen
Frachtgüter, die leicht umzusetzen waren, sollten dort unter der Aufsicht
eines besonders zuverlässigen Mitarbeiters eingelagert werden. Für Svensen
und die Firmenleitung war es eine Herausforderung, in diesem Konglomerat von
halbtrunkenen Alkoholikern und Drückebergern einen vertrauenswürdigen
Mitarbeiter zu finden. Es endete damit, dass Anders gefragt wurde, ob er sich
auf die Stelle des »Verschlag-Chefs« bewerben wollte. Als das Gerücht die
Runde machte, nahm sich ein Herumtreiber, der Larsen genannt wurde, der Sache
an:
    »Lass es, Anders, du kriegst nur Ärger mit den Jungs.«
    Anders plante keine Karriere in der Güterabfertigung und
bewarb sich nicht.
    Schließlich bekam ein junger Mann von der Zweigstelle unten
am Hafen den Job. Er hieß Jonny Stene und war ein Bild von einem Mann, mit
Engelslöckchen, einem strahlenden Lächeln

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