Schwarzes Gold Roman
Zeitschrift
Avanse
als auch im Wirtschaftsteil der
Aftenposten
geworben
wurde. In ihren Anzeigen lockte Kapitalinvest mit Steuervorteilen. Ein
Eigneranteil am Schiff von einem halben Prozent würde dem Investor in den
kommenden fünf Jahren einen Steuerabzug von bis zu einer halben Million
bringen. Kapitalinvest hatte einen Köder in bewegtes Gewässer geworfen. Sie
zogen massenweise dicke Fische an Land. Es meldeten sich derart viele
Interessenten, dass Plesner und Huseby aussieben mussten. Einer, dem es
gestattet wurde, Anteile zu erwerben, war Jim Klafstad. Er zeichnete für
neunzigtausend und konnte so in den nächsten fünf Jahren einen Steuerabzug
von zweihundertfünfzigtausend erreichen. Plesner war kein Snob. Plesner
beurteilte die Interessenten vorurteilsfrei. Vom Anwalt über Fernsehstars bis
hin zum Postangestellten, der im Lotto gewonnen hatte, war bei diesem Abenteuer
alles vertreten. Ein redseliger junger Fischer von der Wesküste rief bei Terje
Plesner direkt an. Er stellte sich als Torbjørn Vika vor.
Plesner, der sein besonderes Augenmerk auf die Seewirtschaft
gerichtet hielt, nahm sich viel Zeit, um mit ihm zu reden. Vika zeichnete für
hundertfünfzigtausend Kronen, und die beiden verabredeten ein Treffen.
Erling Sachs vertiefte sich seinerseits in die Rolle des
Reeders. Er kaufte sich in die Ölbohrinseln Dyvis Beta und Dyvis Gamma ein, um
im Offshore-Markt in Gang zu kommen. Daneben analysierte er Unternehmen, im
Auftrag von Kunden und für Kapitalinvest. Das Schlüsselwort dieser Tage
lautete »Diversifizierung«. Die Risikoverteilung bewerkstelligten sie, indem
sie den Kapitalinvest Fonds einrichteten.
Ein Unternehmen, auf das Erling seinen gierigen Blick als
Privatmensch gerichtet hatte, war der Brotaufstrich-Hersteller Sunda, ein
Familienbetrieb, der seit Jahren klebrige Aufstriche mit Bananen-, Schokolade-
und Nussgeschmack für norwegische Kinder produzierte. Erlings Analyse ergab,
dass dieses Unternehmen ein grundsolider Marktführer war. Sunda hatte so gut
wie keine Konkurrenz. Die norwegischen Kinder waren Brotesser. Während in den
USA und in Europa hauptsächlich Cerealien zum Frühstück gegessen wurden,
verdrückten die norwegischen Kinder Butterbrote mit klebrigem Aufstrich.
Während die Kinder in Dänemark und Schweden in der großen Pause mit einer
warmen Mahlzeit versorgt wurden, aßen die norwegischen Kinder ihr
mitgebrachtes Pausenbrot mit Klebeaufstrich. Zum Abendessen – wenn sie frisch
gebadet und in weichen Schlafanzügen am Tisch saßen und noch etwas in sich
hineinmümmelten, ehe sie ins Bett krochen – mümmelten die norwegischen
Kinder Brot mit Klebeaufstrich. Außerdem hielt die norwegische Landwirtschaft
mit harten Klauen an der Protektion der landeseigenen Lebensmittelbranche fest.
Die Parole »Norwegen isst norwegisch« tauchte regelmäßig in
Zeitungsanzeigen und Nachrichtensendungen auf, bestens unterstützt von einem
Ernährungsprofessor, der an den Kochsendungen des staatlichen Fernsehkanals
teilnahm – mit Bäckerschürze vor der Brust verkündeten sie die königlich
norwegische Botschaft, dass die armen, verletzlichen Kinder mehr Mahlzeiten aus
Milch und Brot zu sich nehmen sollten.
Erling ging mit sich selbst ins Gericht und dachte sich einen
Preis der Sorte
an offer they cannot refuse
aus. Einen guten Preis
also, für den die Eigner sich auf das Angebot stürzen würden. Doch der
Fieberwahn machte ihn übermütig. Er bot den Besitzern den Preis von
fünfzehntausend Kronen pro Aktie. Die Familie, die die Aktien hielt, begriff
sofort: was sie für Gold gehalten hatten, waren in Wahrheit Diamanten. Sie
lehnten rundweg ab.
Erling wurde rasend. Nie zuvor in seiner Karriere hatte ihn
das Establishment mit seiner versnobten Arroganz so geohrfeigt.
Lange hielt Erling den Brief in der Hand und starrte ins
Leere, dann knüllte er das Blatt so gewaltsam zusammen, dass seine Finger
knackten. Das Telefon klingelte, doch er hörte es nicht. Er trat hinaus auf
den Flur. Lise, die den Anrufer in die Warteschleife gelegt hatte, schaute aus
der Tür. Sie wollte ihrem Chef nachrufen, doch sein Anblick ließ sie
schweigen. Auf steifen Beinen und ohne sie wahrzunehmen, ging Erling aus der
Tür. Die Gestalt erinnerte an Boris Karloff – als es Frankenstein gelungen
war, die Menschenmaschine in Gang zu setzen. Erling nahm nicht den Aufzug. Er
ging über die Treppe nach unten. Mit noch immer unbeweglichem Gesicht
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