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Schwarzes Gold Roman

Schwarzes Gold Roman

Titel: Schwarzes Gold Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl Anne Bubenzer
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her
ins Schlafzimmer. Doch diesmal machte sich Anders behutsam aus ihrem Arm
frei:
    »Warte, ich muss noch mal ins Bad.«
    Aus dem Wohnzimmer hörte er eindeutig Geräusche von Sex und
Jonnys fauchende Stimme: »Nicht kratzen. Du sollst mir nicht den Rücken
zerkratzen, sag ich …«
    An der Badezimmertür hockte Anders sich hin und angelte nach
dem Kleiderhaufen, der auf dem Boden lag. Er zog die Kleider zu sich heran und
suchte Jonnys Hosen. Er nahm den Schlüsselbund an sich.
    Rakels Telefon stand auf einem kleinen Tischchen im Flur.
Vorsichtig schloss Anders die Tür zum Liebesnest und rief Jonnys Mutter an.
    Es klingelte nur ein Mal, dann war sie dran. Anders fragte
nach Jonny.
    Sofort bekam die Stimme der Mutter einen metallischen Klang.
»Ist er nicht mit dir im Büro?«
    »Mit mir?«
    »Ihr musstet doch Überstunden machen.«
    Anders lächelte in den Hörer. »Überstunden? Äh … ach
ja, jetzt erinnere ich mich. Wir wollten ja Überstunden machen. Ja, dann
sollte ich mal sehen, dass ich ins Büro komme. Bestimmt ist er schon da und
wartet auf mich. Wiederhören.«
    »Warte«, schrie Jonnys Mutter.
    Anders knallte den Hörer auf die Gabel.
    Auf dem Heimweg teilten sich Jonny und Anders ein Taxi. Jonny
sprang vor der Haustür aus dem Wagen. Anders sah ihm nach. Jonny lief eilig
auf den Eingang zu,
    fürchtete, zu spät dran zu sein. Anders hob den Blick. Ein
schwarzes Frauenprofil hob sich drohend im gelben Fenster ab. Jonny würde eine
Weile beschäftigt sein.
    Anders fuhr weiter. Er tippte dem Fahrer auf die Schulter und
bat ihn, weiter zur Hausmanns Gate zu fahren.
    Er bezahlte das Taxi und wartete auf dem Bürgersteig, bis es
davongefahren war. Dann drehte er sich um, betrat den Hof und schloss auf. Er
tappste die Treppen hoch, und holte Jonnys Schlüsselbund aus der Tasche. Er
öffnete die Tür zu Jonnys Büro. Er machte den Schrank auf. Er nahm die
Buchführungsunterlagen heraus. Er legte sie auf den Schreibtisch. Schlug den
grünen Ordner auf. Ein weißes Blatt Papier. Schweiß brach ihm aus, er
blätterte um, weitere blanke Seiten. Nicht eine Zahl, nicht ein Strich.
Nichts. Er ging zum Safe, innerlich eiskalt. Wenn er jetzt nicht handelte,
würde er als Nächster in der Klemme sitzen. Er nahm ein Bündel Scheine nach
dem anderen aus dem Geldschrank. Er füllte sich die Taschen, bis sie
ausbeulten. Dann öffnete er seinen Gürtel und stopfte sich die Tausender in
die Hose. Ein bisschen weniger als die Hälfte ließ er Jonny.
    Als er nach Hause kam, waren alle Räume verlassen. Keiner zu
Hause. Er schaute auf die Uhr, es war kaum glaublich, dass niemand da war. Er
ging durch alle Zimmer. Keine Menschenseele. Plötzlich klingelte das
Telefon.
    »Lindeman«, sagte Anders zögerlich. Der Anrufer stellte
sich vor. Er war von der Polizei.
    »Entschuldigen Sie, können Sie mir sagen, wo die Festivitet
ist?«
    Per Ole hatte das Fenster hinuntergekurbelt und die erst
beste Person angesprochen, die ihnen über den Weg lief: ein Mann in
Daunenjacke, eine Selbstgedrehte im Mundwinkel, mit Koteletten und langem Pony.
Der Mann beugte sich hinunter und schaute durch das Seitenfenster hinein.
    »Die Hauptversammlung von Borregaard«, rief Jim
zuversichtlich vom Beifahrersitz. »Soll in einem Lokal abgehalten werden, das
Festivitet heißt.«
    »Fahrt nach Hause zu euren Golfschlägern«, erteilte der
Mann ihnen eine Abfuhr und wandte sich ab. »Blöde Lackaffen«, murmelte er
dann und stapfte davon.
    Per Ole und Jim sahen einander an. Sie waren über die E6
nach Sarpsborg gefahren und spät dran.
    Die Aktienkurse des alten Papiergiganten waren in der letzten
Zeit ins Unermessliche getrieben worden. Per Ole hatte angefangen, Aktien zu
erwerben, als sie bei neunzig Kronen standen, inzwischen standen sie bei
hundertfünfzig Kronen. Das ergab einen Gesamtnennwert von fünfhundert
Millionen. Doch Per Ole war der Ansicht, dass der Wert noch immer zu niedrig
bemessen war. Borregaard war ein riesiger Konzern mit fast siebentausend
Beschäftigten, der Papier, Pappe und Energie produzierte. In der Jahresbilanz
war Borregaard unter anderem als Besitzer des Sarpsborg Kraftwerks aufgeführt.
Dieses Kraftwerk, das also über den Wasserfall Sarpefossen herrschte, hatte
die Buchführung mit müden fünfzehn Millionen angegeben. Diese Summe war
einfach ein Witz. Obendrein besaß das Unternehmen über sechzigtausend Hektar
Wald – die fast gar nicht zu Buche schlugen, da der Wert nach

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