Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
Teufelskamm noch immer die Erde. Geisterhaft wehte blassblauer Rauch von den Hügeln herab, und die Erde darunter war aschgrau.
Jahrhundertelang hatte man den Teufelskamm seinen rauchigen Geistern überlassen. Diese Verlassenheit war einer der Gründe, warum Malentir sich dafür entschieden hatte, in den Teufelskamm zu gehen, statt direkt nach Cardental zu reisen. Jeder, der ihn sah, hätte in ihm einen Dornenlord erkannt, und in einer Stadt hätte das ein schlimmes Ende genommen. Hier draußen gab es weniger Augen, die ihn finden konnten, und die Chance war größer, dass jemand, der ihn doch entdeckte, still und leise überwältigt werden konnte. In diesem Fall würde er wahrscheinlich den Zeugen töten und das Gesicht des Toten als Maske tragen. Bitharn hatte noch nicht entschieden, was sie in diesem Fall täte. Sie hoffte, dass es nie dazu kommen würde.
Sie sah wieder hinab. Neben den letzten Resten von Grün im Tal glitzerte inmitten der knospenden Bäume Metall. Bitharn ging in die Hocke, beobachtete und wartete. Nach einem langen Moment sah sie ein weiteres Aufblitzen, und ein paar Seidenschwänze stoben erschrocken zum Himmel empor.
Malentir hatte sie ebenfalls gesehen. »Kein Jäger würde in diesen Hügeln nach Wild suchen«, sagte er.
»Sie werden auch nicht nach uns suchen.«
»Nein?«
Gereizt strich Bitharn sich eine Haarsträhne aus den Augen. »Wie könnten sie? Niemand weiß, dass wir hier sind. Wir – die Gesegneten, meine ich – können nicht mit den Toten reden wie ihr. Parnas hätte niemandem erzählt, wohin wir gegangen sind, und er ist der Einzige, der es weiß. Selbst wenn sie irgendwie erfahren würden, dass wir hier sind – die Gesegneten könnten unmöglich Cardental so schnell erreichen. Wer immer dort unten ist, er kann nichts mit uns zu tun haben. Es ist vielleicht nicht einmal eine Person. Wahrscheinlich einfach ein Maultier, das sich verirrt hat.«
»Ein Maultier«, wiederholt Malentir, der sich kaum die Mühe machte, seine Ungläubigkeit zu verbergen. »Zweifellos.«
»Bleibt hier! Ich werde nachsehen.«
»Ihr vertraut mir genug, um mir den Rücken zuzuwenden? Jetzt schon? Ich bin gerührt.«
»Ich vertraue Euch nicht einmal so weit, wie ich Euch werfen kann.« Sie deutete auf seine geschlitzten elfenbeinfarbenen und schwarzen Roben und sein gleichermaßen gestreiftes Haar. »Aber Ihr fallt auf wie eine Goldkrone in einer Bettlerschale, und ich möchte lieber nicht entdeckt werden, wenn ich den Hang hinuntergehe. Bleibt hier und versteckt Euch.«
»Das muss ein furchterregendes Maultier sein«, bemerkte der Dornenlord, aber er suchte sich einen Felsen, um sich daraufzusetzen, und hielt sich von ihr fern.
Sie war froh, ihn zurückzulassen. Die Hügel waren steil und trügerisch, und sich hier leise zu bewegen, kostete sie all ihr Geschick. Von Zaubern gesprengte Steine boten kaum Sichtschutz, aber zumindest verdeckte der wabernde Rauch ihre Bewegungen. Bitharn ging vorsichtig, setzte den Fuß bei jedem Schritt prüfend auf, bevor sie ihm ihr Gewicht anvertraute. Wie bedächtig sie auch zu Werke ging, lose Steine rutschten unter ihren Füßen weg, rollten klappernd den Hügel hinunter und ließen manchmal Säulen aus schwefelhaltigem Dampf aufsteigen. Bei dem Geräusch zuckte sie zusammen, aber es gab keine Hinweise darauf, dass sie jemand oder etwas aufgeschreckt hätte, das sich von unten näherte.
Sie glaubte nicht, dass es ein Maultier war. Sie glaubte auch nicht, dass es Celestianer waren, aber diese Möglichkeit ließ sich schwerer von der Hand weisen. Ihre List würde nicht länger als ein oder zwei Tage halten, bevor die den Gesegneten von der Göttin gewährten Visionen die Wahrheit dessen offenbarten, was im Turm geschehen war. Dann würde der Hohe Solaros Sonnenritter und Gläubige ausschicken, um den Dornenlord wieder einzufangen und sie als Verräterin gefangen zu nehmen, weil sie ihm bei der Flucht geholfen hatte. Sie konnten Cardental nicht so schnell erreicht haben … aber irgendwann würden sie es erreichen.
Kein angenehmer Gedanke. Aber sie hatte gewusst, was geschehen würde, bevor sie begonnen hatte, und sie hatte es trotzdem getan. Sie hoffte auf Verständnis, dass man ihr das notwendige Verbrechen, das sie begangen hatte, verzeihen würde … aber wenn nicht, so hatte Bitharn damit ihren Frieden gemacht. Sollte man sie doch eine Verräterin nennen, wenn das bedeutete, Kelland zurückzubekommen. Nichts, was die Celestianer ihr antaten, konnte
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