Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
Vom Netzwerk:
wollte die Sache hier hinter sich bringen. »Dann lassen wir sie besser nicht warten.«
    »Ja.« Der Dornenlord stand auf. Er war ein warmer Schatten in der Nacht, den sie eher fühlen als sehen konnte. »Falls ich später keine Gelegenheit haben sollte, es zu sagen … ich danke Euch. Für das, was Ihr getan habt, um mich aus dem Turm zu befreien. Ich weiß, Ihr habt es nicht um meinetwillen getan, aber mir ist … durchaus bewusst, was es Euch gekostet hat, und ich bin nicht undankbar. Was immer beim Galgenbaum geschieht.«
    »Erwartet Ihr, dass es eine solche Katastrophe werden wird?« Bitharn bemühte sich um einen unbeschwerten Tonfall und scheiterte kläglich.
    »Im Hinblick auf meine Herrin erwarte ich gar nichts.« Er berührte sie am Handrücken. Seine Fingerspitzen waren fieberheiß. Dann machte er sich auf den Weg nach Cardental hinab, und Bitharn blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
    Die Dunkelheit schien Malentir nichts auszumachen, aber Bitharn stolperte den ganzen Weg nach unten über unsichtbare Steine und Baumwurzeln. Je mehr sie sich beeilte, desto unsicherer wurde ihr Tritt. Der Abstieg dauerte so lange, dass sie sich allmählich darum sorgte, ob die Spinne nicht glauben würde, sie habe ihr Wort gebrochen, und fortging, ohne auf ihre Ankunft zu warten. Die neue Sorge vermischte sich mit den alten, und als sie unten ankamen, zitterte sie vor Angst.
    Malentir griff nach ihrem Handgelenk. Seine Berührung war jetzt noch heißer als zuvor; es fühlte sich an, als brenne er. »Fürchtet Euch nicht. Sie hat Euch nicht betrogen.«
    »Woher wisst Ihr das?«, fragte sie. Er ließ ihr Handgelenk los und antwortete nicht.
    Ein magischer Funke, blass wie gebleichter Knochen, brannte zwischen den Ästen des Galgenbaums. Zwei Gestalten standen in seinem unsteten Licht: Eine schmale, dunkelhaarige Frau in einer pelzbesetzten Robe und ein schlicht gekleideter Mann, kleiner und stämmiger als Kelland, mit dem Äußeren eines Soldaten. Im magisch herbeibeschworenen Licht wirkte das Haar des Mannes beinah weiß, und seine Haut hatte die gleiche Farbe wie die ihre. Ein Schwertgriff lugte über seine Schulter. Ihm zu Füßen lagen etliche Taschen mit Kleidung und Nahrung sowie ein Schild.
    Sonst war niemand zu sehen. Kelland war nicht da.
    Bitharn blieb vor dem versengten Rand des Armenscheiterhaufens stehen und hielt bewusst nach einem dritten Mann Ausschau. Er musste da sein. Er musste. Die Dornen konnten nicht lügen, das wusste jeder, die Spinne hatte es versprochen – aber unter dem Galgenbaum standen nur zwei Menschen, und keiner davon war der Verbrannte Ritter.
    Sie presste die Hände auf den Mund und wusste nicht, ob sie sich übergeben oder weinen wollte. Ihr Verrat an Versiel, Malentirs Flucht, Parnas’ Ermordung … die Lügen und die Täuschungen und die Trauer. War das alles umsonst gewesen? Sie hatte ihre Ehre durch Schlamm und Blut und Dreck gezogen, weil sie geglaubt hatte, ihm damit zu helfen. Was für eine unglaubliche Närrin war sie gewesen!
    »Bitharn?« Die Stimme war rau und unvertraut. Sie hob den Kopf und sah den fremden Mann einen Schritt auf sie zu mach en, die Hände halb erhoben, als habe er Angst, nach dem zu greifen, was er sah. »Bitharn, ich … bist du es wirklich?«
    Sie wollte es glauben. Sie wünschte sich verzweifelt zu glauben. Bitharn traute ihrer eigenen Stimme nicht. »Wer fragt?«, brachte sie schließlich hervor.
    »Ich bin’s. Kelland. Ich … die Spinne hat mir dieses Gesicht zur Tarnung gegeben. Aber ich bin es.«
    Ihre Hände zitterten. Ihre Stimme ebenfalls. »Beweise es!«
    Ein zittriges Lächeln ließ die harten Züge des Fremden weicher erscheinen. »Bitharn, ich bin es. Als ich acht Jahre alt war, habe ich mit einem Schwert spielen wollen und Sir Maugorins Schild gestohlen und ihn mir auf den Fuß fallen lassen. Du hast gesehen, wie hart ich darum gerungen habe, nicht zu weinen, also hast du mich verspottet, bis ich so wütend war, dass ich es vergaß. Ich habe mir an jenem Tag zwei Zehen gebrochen. Sie sind noch immer nicht gerade.«
    »Ich glaube dir«, sagte sie, und dann weinte sie, außerstande, die Tränen zurückzuhalten. Irgendwie war er zu ihr gekommen und hatte sie in die Arme genommen. Seine Arme fühlten sich anders an, und sein Geruch war falsch, aber die Stärke war etwas, woran sie sich erinnerte, und sie vergrub das Gesicht an seiner Brust und weinte.
    Er hielt sie fest umfangen, die Wange auf ihr Haar gelegt. Leise, beinah unhörbar,

Weitere Kostenlose Bücher