Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
wenn die Karawane für den Tag haltgemacht hatte. Heradion war nicht so stark wie sie, und er hatte nicht ihre Reichweite, aber die Sonnenritter hatten ihn gut ausgebildet, und er war ein würdiger Gegner. Colisons Wachen liehen ihnen zwei stumpfe Übungsklingen. Obwohl ihre Balance und ihr Gewicht keinen Vergleich mit Asharres Caractan aushielten, konnte sie mit Langschwertern gut genug kämpfen, um Heradion seine Fahrstunden mit Sträußen blauer Flecken zu vergelten.
Nachdem Collins Männer am ersten Abend neugierig zugesehen hatten, begannen sie sich ihnen anzuschließen. Collin selbst kämpfte einige Runden. Der Handelskapitän benutzte statt eines Schwertes einen Bauernspieß, aber er war trotz der fehlenden Schneide nicht weniger tödlich. Er war der Einzige neben Heradion, der sich jemals gegen sie behaupten konnte.
»Wollt Ihr es Euch nicht ganz bestimmt noch einmal überlegen, am Turnier des Schwerttags teilzunehmen?«, fragte Heradion sie eines Abends, während sie zwei Karawanenwächtern zuschauten, die auf einem Fleckchen Schlamm am Straßenrand die Klingen kreuzten. Der schlüpfrige Boden war für ihre Beinarbeit nicht gerade hilfreich, und es überraschte Asharre nicht, als einer von ihnen das Gleichgewicht verlor, während er vor dem anderen zurückwich und sich in den Dreck setzte. Der gestürzte Mann patschte in den Schlamm, um seine Niederlage zuzugeben, und der Sieger hob unter lautem Jubel und Pfiffen die Hände.
Wie töricht, dort zu kapitulieren, dachte sie. Der Gewinner war vorwärtsgeeilt, unvorsichtig im Sieg, noch bevor sein Widersacher sich ergeben hatte. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihm die Füße unterm Leib wegzutreten und ihn im Schlamm niederzuringen. Asharre schüttelte missbilligend den Kopf, dan n sah sie Heradion an. »Was ist?«
»Turnier. Schwerttag. Erinnert Ihr Euch? Ihr könntet bei den Wettbewerben ein Vermögen machen. Genauer gesagt, ich könnte ein Vermögen machen, wenn ich auf Euch wette. Sie wollen keine Prinzessinnen mehr vergeben, aber ich bin ein einfacher Mann. Ich werde mich mit Münzen begnügen.«
»Sigrir kämpfen nicht zum Spaß. Es würde meine Ausbildung entehren.«
»Nicht einmal für mich? Nicht einmal, wenn ich mit den Wimpern klimpere?«
Asharre schnaubte und sah sich den nächsten Kampf an. Er hätte mehr Glück dabei, die Gesegneten zur Eröffnung eines Bordells zu überreden. Alles, was ihr von ihrem Clan geblieben war, waren ihre Gelübde und ihre Narben, und sie konnte sich vom einen ebenso wenig trennen wie vom anderen.
Der zweite Kampf war so jämmerlich wie der erste. Keiner der Männer fiel in den Schlamm, aber das war auch das Beste, was man über sie sagen konnte. Heradion kicherte, als er ihren Gesichtsausdruck sah. »Ihr werdet Euch nicht für ein Turnier am Schwerttag anmelden, aber Ihr wollt es mit solchen Männern aufnehmen?«
»Zu Übungszwecken.«
»Und das Turnier wäre keine Übung? Ihr würdet dort mehr lernen als von diesen armen Burschen.«
Asharre dachte darüber nach, als der letzte Kampf endete und sie sich zu ihrem Lager zurückzog. Es war schon verlockend. Aber sie hatte noch nie für Ruhm oder Geld gekämpft, und sie war nicht geneigt, Ausreden zu ersinnen. Ein Sigrir kämpfte, weil es seine Pflicht war. Es mochte ein gewisser Ruhm darin liegen, und sie konnte ihren Anteil Beute von den Toten beanspruchen, aber ein Sigrir zog seine Waffen nur um der Ehre und des Schutzes seines Clans willen.
Doch wer war noch übrig, der sich daran erinnern konnte? Oralia war tot, und diese Sommerländer wussten nichts über die Regeln oder Riten eines Sigrir. Den Skarlar wäre es gleichgültig, was sie tat; für sie war sie eine Verbannte und eine Verräterin, ihres Clannamens unwürdig. Wenn sie versuchte, nach Eisfeste zurückzukehren, würden ihre Schwestern sie meiden, und die übrigen Skarlar würden sie umbringen. Das hatte sie sich durch Surags Tod verdient, wenn nicht gar aufgrund ihres eigenen Verrates.
Außer ihr selbst kannte niemand das volle Gewicht ihrer Gelübde. Wenn Asharre sich davon befreien wollte, wenn sie um des Ruhmes oder um des Profits willen kämpfen wollte, konnte sie es tun … Aber wenn sie sich diesen Gedanken stellte und den Preis ihrer Freiheit abwog, wollte sie sich bloß umso fester an ihre Gelübde klammern. Die Vorstellung, einen Namen aufzugeben, den sie so lange getragen hatte, erfüllte sie mit einer Art von Grauen.
Nur dass sie keinen Plan hatte. Mit Oralias Tod war auch der Kern von
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