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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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Aufgabe als volle Gesegnete. Dass es etwas so Wichtiges ist … es ist eine Ehre. Im tiefsten Herzen halten sie ein Scheitern für unmöglich.«
    »Nun, im Gegensatz zu mir.« Heradion betrachtete stirnrunzelnd einen gerissenen Stiefelschnürsenkel, als trage das ausgefranste Leder die Schuld an allem, was während ihrer Reise schiefgegangen war. Er riss ihn heraus und fädelte einen neuen ein, wobei er den Lederriemen heftiger als notwendig durch die Ösen zerrte. »Was meint Ihr?«
    Asharre verschränkte die Finger und spürte die Schwielen an beiden Händen. »Ich meine, es ist wichtig, sie gewähren zu lassen. Einmal angenommen, sie setzen ihr Leben aufs Spiel, wenn sie nach Cardental gehen. Vielleicht ist es so, vielleicht auch nicht. Aber nehmen wir es einfach an. Also: Wenn wir sie aufhalten, retten wir ihnen das Leben – und verleugnen den Zweck dieses Lebens. Sie sind dazu ausgebildet. Deshalb sind sie Gesegnete. Können sie ihrer Göttin nicht auf die Art dienen, wie sie es für notwendig halten, welchen Grund hat ihr Sein dann?«
    »Sie sind meine Freunde. Ihr wollt sie in den Wahnsinn marschieren lassen?«
    »Ob ich es will? Nein. Aber ich halte es für notwendig. Oralia war meine Schwester, und sie hat die gleiche Entscheidung getroffen.« Und ich hätte sie aufgehalten, wenn ich es gekonnt hätte. Wenn sie es mir erlaubt hätte. Aber Asharre hatte niemals Gelegenheit dazu gehabt, und in dem langen Schweigen danach hatte sie zu begreifen gelernt – wie sehr es auch schmerzte, es zuzugeben –, dass Oralia vielleicht nicht die … richtige Entscheidung getroffen hatte, dass es jedoch die einzige Entscheidung war, die eine Gesegnete Celestias hätte treffen können.
    »Das war bei Sennos Mühle, nicht wahr? Was ist dort geschehen?«
    Asharre warf ihm einen Blick zu, entdeckte nichts als aufrichtige Neugier in seinem Gesicht und wandte sich wieder dem Feuer zu. »Sie ist gestorben.«
    »Aber Ihr glaubt, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hat, als sie beschloss, dort hinzugehen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß, dass sie es versuchen musste.« Sie waren im westlichen Calantyr gewesen, einen Wochenritt von Aluvair entfernt, als sie eine verzweifelte Bitte aus Sennos Mühle erreicht hatte. Eine schreckliche Krankheit hatte die Dorfbewohner befallen: eine Seuche verwandelte ihre Haut in brüchige, schuppige Laken, die aufbrachen und abfielen und ihre Leiber roh und blutig zurückließ. Keiner der Infizierten überlebte länger als einige wenige Tage, und die Kräuterfrau des Dorfes vermochte die Krankheit nicht zu heilen. Ihre einzige Hoffnung war ein Gesegneter.
    Asharre hatte lange und hart mit ihrer Schwester darüber gestritten. Das Dorf lag im Niemandsland zwischen Calantyr und Ang’arta. Offiziell war es kein Teil eines der beiden Reiche … aber es war bekannt, dass die Soldaten der Eisenfeste durch die Region ritten und nicht gerade freundlich auf die Anwesenheit von Celestias Gesegneten so nah an ihren Grenzen reagierten. Wenn ihnen in Sennos Mühle Unheil drohte, konnten sie keine Hilfe von Calantyr erwarten; König Uthandyr würde wegen einer einzigen Erleuchteten, die ihre Grenzen überschritten hatte, keinen offenen Konflikt mit den Eisenlords riskieren.
    Aber Oralia hatte nicht auf sie hören wollen. Sie musste den Menschen von Sennos Mühle helfen, hatte sie gesagt; dass ihr selbst etwas zustoßen würde, war bloß möglich, während die Dorfbewohner ohne ihre Gebete gewiss sterben würden. Selbst wenn sie mit Bestimmtheit gewusst hätte, dass die Baoziten schon darauf warteten, sie zu töten, wäre Oralia nach Sennos Mühle gegangen, um zuvor für so viele Dorfbewohner wie möglich zu beten. Das bedeutete es, ein Gesegneter zu sein; sie konnte ihre Heilung nicht ablehnen.
    Asharre hatte widersprochen. Vehement. Sie waren übereingekommen, darüber zu schlafen und bis zum Morgen keine Entscheidung zu treffen – aber Oralia hatte ihr ein Schlafmittel eingeflößt, und als sie erwachte, war ihre Schwester fort gewesen.
    Sie war sofort hinter Oralia hergeritten, aber sie hatte ihr Pferd zu heftig angetrieben, und es war gestrauchelt, wodurch sie drei kostbare Tage verloren hatte. Als sie das Dorf erreicht hatte, war es zu spät gewesen.
    Baoziten waren aus Sennos Mühle gekommen, und sie hatten einen Dorn mitgebracht. Ihre Schwester war schutzlos gewesen. Sie hatten sie niedergemacht und waren nach Ang’arta zurückgeritten, sodass Asharre niemanden vorgefunden hatte, an dem sie

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