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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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gut.«
    »Ich würde nicht gern herunterfallen«, pflichtete Heradion ihm bei und stieg ab.
    »Die Gefahr besteht wohl kaum. Wirklich. Einen Fuß vor den a nderen, mehr braucht es nicht. Die Gefahr besteht nicht darin zu stürzen.« Die Haut um Colisons Augen runzelte sich zu eine m Lächeln, das der Schal verbarg. »Beruhigend, ich weiß. Aber wenn ich es überlebt habe, werdet Ihr es ebenfalls überleben.«
    Langsam setzten sich die Wagen vor ihnen in Bewegung und rollten durch das Torhaus und über die Brücke. Ihre Fahrer beugten sich mit zusammengebissenen Zähnen und grimmigen Mienen vor, als würden sie in die Schlacht reiten. In gewisser Weise, vermutete Asharre, taten sie es auch.
    Gals kam herbei, um die Zügel zu nehmen, die Heradion auf dem Kutschsitz liegen gelassen hatte. Er war ein kleiner Mann mit traurigem Gesicht, großen Ohren und ungleichmäßigem Gang, wegen eines gebrochenen Beins, das schlecht verheilt war. »Viel Glück«, rief er, während die Ochsen ihn davonzogen.
    »Seid Ihr so weit?«, fragte Heradion.
    »Nein«, antwortete Asharre, aber sie zog den Caractan zurecht, der über ihrem Rücken hing, und folgte ihm auf die Brücke.
    Blink.
    Sie rannte auf einem steinigen Strand durch die Brandung. Salzige Gischt spritzte um ihre Stiefel aus Seehundfell. Rings umher stürmten ihre Kameraden den Strand hinauf und brüllten in der alten Sprache von Iskavir Herausforderungen und Kriegsrufe. Eine rote Feuerblume knisterte auf dem Meer hinter ihnen: ein brennendes Drachenschiff. Ihr Drachenschiff. Ihr Bugspriet war das Horn eines Narwals, behangen mit fünf roten Ringen aus ockerfarben geflecktem Elfenbein, jeder ein Zeichen für die Beute, die sie gemacht hatte. Ein Schiff, das reichlich Blut gesehen hatte. Ein Stich wütender Trauer durchzuckte Asharre, weil das Schiff brannte.
    Es blieb keine Zeit, das Drachenschiff zu betrauern. Vor ihnen waren ihre Feinde, halb verborgen vom Rauch, der von dem brennenden Schiff herbeiwehte. Eisenlords. Zwanzig insgesamt, die sich zur Verteidigung versammelt hatten, während Schildknappen ihre Bogenschützen bewachten. Eine Frau, gekleidet in Rot und gekrönt mit Eisen, stand singend inmitten ihrer Schar. Asharre konnte das Glitzern der Schwerter der Soldaten durch den Rauch erkennen, konnte den Zorn riechen, den sie verströmten wie Schweißgestank. Diese Männer kannten keine Furcht, obwohl sie in der Minderzahl waren und Ingvalls Kindern am Meer gegenüberstanden. Nicht die geringste Furcht.
    Auch sie hatte keine Furcht, und die Wildblüter konnten es hinsichtlich der Wut mit jedem aufnehmen. Sie biss sich grimmig auf die Zunge. Heißes Blut erfüllte ihren Mund. Ein roter Nebel senkte sich auf sie herab, und sie hörte sich schreien, während ihr das eigene Blut übers Kinn strömte. Sie wollte diese Männer beißen, wollte ihnen die Kehlen aufreißen, wollte ihr Blut zusammen mit ihrem eigenen kosten. Der Caractan in ihren Händen war leicht wie eine Feder, süß wie ein Geliebter, eine Verlängerung ihrer Lust auf den Tod.
    Sie spürte die Pfeile kaum, als sie kamen. Doch sie sah sie. Sie erfüllten ihr Blickfeld wie schwarzer Regen, und wo sie fielen, starben Männer. Einer knallte gegen ihre Brust, und ein anderer traf sie am Oberschenkel; sie nahm sie dumpf wahr und wäre weitergerannt, aber da taumelte ein dritter Pfeil vom Himmel und traf sie im Gesicht. Er bohrte sich durch ihre Nase, spaltete ihre Lippe und nagelte ihre Zunge am Kiefer fest. Blut sprudelte hervor, und sie konnte nicht atmen, konnte nicht sehen. Weitere Pfeile fielen, und sie fiel mit ihnen.
    Ihr letzter Gedanke, als sie starb, war Bedauern, dass sie keine Gelegenheit gehabt hatte, die Schwertklinge mit den Soldaten zu kreuzen, und Staunen, dass zehn Bogenschützen den Himmel mit so vielen Pfeilen füllen konnten.
    Blink.
    Asharre fasste sich benommen an den Kopf. Es war so lebhaft erschienen, so real … aber nein, sie stand auf der Speerbrücke, und der Wind peitschte ihr den Umhang um die Beine. Heradion stand wie erstarrt neben ihr. Das Gesicht des jungen Celestianers war weiß, und Schweißperlen rannen ihm über die Stirn. Er war nicht der Einzige, auf den die Brücke diese Wirkung hatte. Vor ihnen standen einige Wagen, andere fuhren noch langsam, und die Menschen, die dazwischen zu Fuß unterwegs waren, standen zwischen zwei Schritten wie gelähmt da.
    Die Kolonne bewegte sich weiter, aber im Schneckentempo. Asharre tat das Gleiche, und ihr graute vor dem, was sie vielleicht

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