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Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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heute keine Zulassung hat und nur in einem eng begrenzten Ärzteumfeld getestet wird.«
    Der Geschäftsführer nahm wortlos den Telefonhörer auf und tippte ein paar Ziffern auf der Tastatur.
    »Schrober? Kommen Sie zu mir hoch!« Das war alles – keine Begrüßungsfloskeln, sondern nur eine autoritäre Aufforderung, kurz und knapp.
    Er lauschte kurz in den Hörer. »Von mir aus, bringen Sie ihn mit.«
    Er beendete das Gespräch und wandte sich wieder mir zu. »Schrober ist mein Vertriebsleiter, der kann Ihnen bestimmt weiterhelfen. Ich habe andere Dinge zu tun, als mich den ganzen Tag mit dem organisatorischen Kleinkram rumzuärgern. Dafür hat man schließlich seine Angestellten, nicht wahr? Letztes Wochenende war ich mit dem Bundeswirtschaftsminister essen. Dort werden die wahren Geschäfte gemacht, Herr Palzki! Was denken Sie, auch ein Pharmakonzern muss betriebswirtschaftlich geführt werden. Die Entwicklung neuer Substanzen kostet ein Vermögen. Ein Patent läuft maximal 20 Jahre. Bis dahin müssen alle Entwicklungsund Vertriebskosten wieder eingefahren sein. Und ein bisschen Gewinn wäre natürlich nicht schlecht. Nach dem Ablauf des Patentschutzes schießen die Generika-Anbieter wie Pilze aus dem Boden. Der Wirkstoff wird einfach kopiert. Diese Trittbrettfahrer haben keine Entwicklungs- und fast keine Marketingkosten, da das Medikament schon prächtig eingeführt ist. Natürlich picken die sich nur die Sahnestückchen heraus. Mit den weniger erfolgreichen Arzneien oder Mitteln gegen seltene Krankheiten geben die sich gar nicht erst ab.«
    Ich hatte keine Chance, seinen Redefluss zu unterbrechen. Er hatte sich regelrecht in Rage geredet.
    »Seltene Krankheiten, das ist ebenso so ein Thema. Ein wirtschaftlich denkendes Pharmaunternehmen versucht vernünftigerweise, Medikamente für häufige Krankheiten zu entwickeln. Seltene Krankheiten, die im Jahr nur ein paar tausendmal diagnostiziert werden, fallen sofort durch dieses Raster. Geld regiert eben auch in der Pharmabranche die Welt, Herr Palzki. Oder noch ein anderes Beispiel: Sagenhafte eine Milliarde Euro geben die Deutschen jedes Jahr für Erkältungsmittel aus, die zwar manchmal die Symptome lindern aber nicht wirklich helfen. In vielen Fällen steckt eine bakterielle Entzündung dahinter. Aber egal ob bakteriell oder viral, die Pharmaindustrie wäre längst in der Lage, ein effektives Mittel bereitzustellen. Doch ich frage Sie, warum sollte sie das tun? Ein jährlicher Markt von einer Milliarde Euro würde verschwinden. Das geht –«
    Er wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen.
    »Herein!«
    Ich war nicht wirklich verwundert, als ich Dietmar Becker zusammen mit einem mir fremden Mann eintreten sah. Er grinste über beide Backen, als er mich sah, gab sich aber nicht als mein Bekannter zu erkennen. Herr Schrober wirkte recht jung und sportlich, wie geschaffen für einen Vertriebsposten, bei dem man ständig vollen Einsatz bringen muss. Das einzig Auffällige an ihm war seine gewaltige Adlernase.
    »Herr Doktor Mayer, Sie haben mich gerufen. Was kann ich für Sie tun, Herr Doktor Mayer?«
    »Schrober, das hier ist Herr Palzki von der Kriminalpolizei. Er hätte gerne ein paar Informationen über ›Croupison‹.«
    »Selbstverständlich, Herr Doktor Mayer. Um welche Informationen geht es?«
    »Das klären Sie mit ihm am besten in Ihrem Büro.«Er stand auf und gab mir zum ersten Mal die Hand. »Sie entschuldigen mich bitte, Herr Palzki, aber ich habe einen wichtigen Termin.«
    »Auf Wiedersehen, Herr Doktor Mayer. Ich war erfreut, Sie kennengelernt zu haben.«
    Der Geschäftsführer nickte lässig, während er sich wieder setzte und den Telefonhörer schnappte. Ohne zu wählen, wartete er, bis wir das Zimmer verlassen hatten.
    Zu dritt gingen wir in Schrobers Büro. Es war nur halb so groß wie das seines Vorgesetzten, dafür sah ich in diesem Raum zum ersten Mal ein paar Pflanzen stehen. Ich hatte zwar nicht den blassesten Schimmer, um welche es sich handelte, auf jeden Fall hatten sie grüne Blätter.
    »Wolfgang Schrober ist mein Name«, stellte selbiger sich vor. »Ich bin seit etwa vier Jahren Vertriebsleiter bei ›Neomedi‹. Das ist übrigens Herr Becker. Er will eine Reportage über unser Pharmaunternehmen schreiben.«
    Ich schüttelte ihm und Becker die Hand. Schrober brauchte nicht zu wissen, dass wir uns bereits kannten.
    »Angenehm, Herr Schrober, Ihr Vorgesetzter hat mich Ihnen ja schon vorgestellt. Mein Name ist Palzki. Ich untersuche

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