Schwarzkittel
zu sehen. Können wir kurz in dein Büro gehen?«
»Oh, mein Wolfgang hat mal wieder ein Geheimnis. Damit kommst du doch sonst immer alleine. Na, dann kommt mal mit.«
Ups, die war richtig nett und gar nicht so verbissen, wie ich ihre Fiktivmutter vom Fernsehen her kannte.
Zu viert liefen wir wieder mal einen Flur entlang. Sämtliche Türen standen offen und ließen den Blick in diverse Labors zu. Am Ende des Flures gelangten wir in eine große Halle, die mit Maschinen geradezu vollgestopft war. Ringsum war sie mit mannshohen Regalen bestückt, auf denen kartonweise Medikamente standen.
»Hier werden die Präparate abgefüllt und verpackt. In den Labors, die Sie eben gesehen haben, werden Proben entnommen und ständig kontrolliert«, erklärte uns Frau Ginger im vorbeigehen.
Am Ende der Halle befand sich eine weitere Tür, diesmal mit eingelassenem undurchsichtigem Glas. Frau Ginger schloss sie auf und bat uns hinein.
»Setzen Sie sich, meine Herren.« Wir nahmen an einer Sitzgruppe Platz.
»Wolfgang, hast du mich schon vorgestellt?«
»Noch nicht so richtig, Elisa.«
Er wandte sich mir und Becker zu. »Das ist Frau Professor Elisa Ginger. Sie ist Zulassungskoordinatorin für neu entwickelte Arzneimittel bei ›Neomedi‹. Elisa, das ist Herr Palzki von der Kriminalpolizei und das ist Herr Becker von der Zeitung.«
»Polizei? Oh, was hat das zu bedeuten? Und dann noch zusammen mit der Presse?«
»Ich bin nur zufällig dabei, Frau Ginger«, erwiderte der Student.
»Zufällig bei was dabei? Wolfgang, kläre mich mal bitte auf.«
»Es geht nach wie vor um das ›Croupison‹, Elisa. Herrn Palzki liegen Verdachtsmomente vor, dass bei dem Medikament etwas nicht stimmt.«
Elisa Ginger sah augenblicklich betroffen aus. »Wir hätten das Zeug niemals so früh auf den Markt bringen dürfen, Wolfgang. Das war schon ziemlich fahrlässig. Besonders, da es sich um ein Kindermedikament handelt.«
»Ja, ja, das haben wir schon tausendmal erörtert. Die Verantwortung dafür trägt ganz allein Doktor Mayer. Erzählst du dem Kommissar mal etwas zu diesem Thema?«
»Etwas oder alles?«
»Du kannst ihm ruhig alles sagen, Elisa. Er weiß schon über das meiste Bescheid.«
»Wie du meinst, Wolfgang.«
Sie schaute Becker und mich an und dachte einen Moment nach.
»Okay, also ich bin als Zulassungskoordinatorin dafür zuständig, wann welches Medikament auf den Markt kommt. Gewöhnlich begleite ich neue Mittel ab der dritten Phase. Bei ›Croupison‹ also seit etwa vier Monaten. Da an Kindern keine Tests durchgeführt wer den dürfen und es sich bei Pseudokrupp um eine hauptsächlich bei Kindern auftretende Krankheit handelt, findet in so einem Fall ersatzweise die Überprüfung an freiwilligen Erwachsenen mit ähnlichen Symptomen statt. Bei dieser Überprüfung sind uns bisher keinerlei Unregelmäßigkeiten oder Komplikationen bekannt geworden. Jetzt fragen Sie sich, warum wir das Mittel so früh auf dem Markt testen. Das liegt zum einen natürlich in der Verantwortung des Geschäftsführers, zum anderen an ›Croupison‹ selbst. Das Mittel wirkt einfach fantastisch. Dafür –«
Ich musste sie unterbrechen, das war mir zu viel. »Ethische Konflikte scheinen Sie nicht zu kennen? Hier gehts doch nur um Gewinne, oder habe ich da was falsch verstanden?«
»Ethik? Aber Herr Palzki, das ist doch nur eine Worthülse. Natürlich ist uns das Wohl der Patienten wichtig. Geld verdienen ist dabei aber nichts Verwerfliches. Ohne die Überschüsse aus dem Verkauf anderer Medikamente könnten keine Neuen entwickelt werden. So einfach ist das. Aber im Prinzip kann ich Sie verstehen. Niemand von uns fühlt sich wohl, wenn unser allseits geliebter Doktor Mayer den Start eines neuen Produktes so zeitig befiehlt. Ich kann Sie aber beruhigen, ich habe zuvor kein Medikament so häufig und intensiv überprüfen lassen wie dieses. Gerade im Moment sind wieder drei Chemiker dabei, die aktuelle Charge zu analysieren.«
»Frau Ginger, Sie schließen also aus, dass die Todesfälle etwas mit ›Croupison‹ zu tun haben?«
»Nein, Sie haben mich falsch verstanden. Wir tun alles Menschenmögliche, um sichere Arzneimittel auf den Markt zu bringen. Obwohl die Phase drei erst begonnen hat, kann ich Ihnen aufgrund langjähriger Erfahrungen sagen, dass diese ohne Komplikationen beendet werden wird. Die eigentliche Zulassung von ›Croupison‹ ist nur eine Frage der Zeit.«
Wolfgang Schrober unterbrach seine Kollegin. Er schien sich
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