Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
Vom Netzwerk:
hochkommen«, sprach sie mich jetzt an. »Nehmen Sie den Aufzug dort hinten in der Ecke und fahren Sie in das vierte Obergeschoss. Dort wird man Sie empfangen.«
    Mein Dankeschön hatte sie schon nicht mehr mitbekommen, so schnell hatte sie ihre Aufmerksamkeit wieder von mir abgewandt.
    Ups, dachte ich. Entweder ist die immer so unfreundlich oder sie hat eine Abneigung gegen Polizeibeamte. Ich kam zu dem Schluss, dass Freundlichkeit einfach nicht zu diesem trostlosen Ambiente passte.
    Nachdem ich aus dem Aufzug gestiegen war, wartete, wie sollte es anders sein, natürlich niemand auf mich. Ich entschied mich für die linke Flurseite. Nach zwei oder drei entzifferten Bürotürschildern wurde ich vom anderen Flurende aus gerufen. »Herr Palzki?«
    Ich drehte mich um und stutzte. Was war das? Oder vielmehr, wer war das? Sollte dieser Lackaffe etwa Fürchtegott Mayer sein? In einem weinroten Anzug, Hochglanzschuhen und einer königsblauen Krawatte steckte ein kleines Männlein. Warum fiel mir nur sofort Rumpelstilzchen ein? Seine Föhnwelle schien er von Dieter Thomas Kuhn geerbt zu haben, die Goldrandbrille sollte Exklusivität ausstrahlen, wirkte aber eher peinlich. Für seine beiden oberen überdimensionierten Schneidezähne konnte er sicherlich nichts, doch etwas anderes ließ in mir einen Würgereiz entstehen: Er war geschminkt.
    »Kommen Sie, kommen Sie, Was machen Sie da hinten? Mein Büro ist auf der anderen Seite. Hat man Ihnen das am Empfang nicht gesagt?«
    Aha, innerbetriebliche Kommunikationsprobleme scheint ›Neomedi‹ auch zu haben.
    »Sind Sie Doktor Mayer?«, fragte ich vorsichtig.
    »Wer sollte ich denn sonst sein«, gab er selbstbewusst zurück. »Hier bin ich der Chef und sonst niemand.«
    Jetzt durfte ich zu allem Überfluss seine billige und primitive Lache zur Kenntnis nehmen, die so richtig menschenverachtend klang. Wie jemand, der nach einer Theateraufführung, angeblich wohlwollend, langsam im Sekundenrhythmus klatschte und damit den Künstlern signalisierte, dass sie noch viel zu üben hatten.
    Für seine gedrungene Körpergröße hatte er einen flotten Schritt. Erst an seiner Bürotür konnte ich ihn einholen. Ihm die Hand zu geben, war nicht möglich, denn er eilte zu seinem Chefsessel, der, wie ich vermutete, mit einem extradicken Sitzkissen gepolstert war.
    Er goss sich aus einer Kanne eine Tasse Kaffee ein und krönte sie mit vier Stückchen Würfelzucker. Auf die Idee, mir ebenfalls eine Tasse anzubieten, kam er nicht. Nun denn, er war der Chef. Er schlürfte einen Schluck seines süßen Gebräus, bevor er zu reden begann. »So, jetzt schießen Sie mal los, Herr Palzki. Womit kann ich Ihnen helfen?«
    »Meine Kollegin hat Ihnen ja bereits am Telefon gesagt, dass es um den Tod des Kinderarztes in Haßloch geht. Dazu habe ich ein paar Fragen an Sie.«
    »Stimmt, das hat mir Ihre Kollegin gesagt. Doch wie kann ausgerechnet ich Ihnen dabei helfen? Ich kannte den Mann nicht mal, und umgebracht habe ich ihn schon gar nicht.«
    Ich schaute ihm fest in die Augen. »Ich glaube, Sie sollten sich Ihre Aussage noch einmal überlegen, Herr Doktor Mayer. Sagt Ihnen ›Croupison‹ etwas?«
    Er verzog keine Miene. »›Croupison‹? Natürlich, was soll das? ›Croupison‹ ist unser neues Medikament gegen Pseudokrupp. Es ist gerade in der Einführungsphase. Die Arznei hat das Zeug zu einer richtigen ›cash cow‹. ›Croupison‹ wirkt einfach fantastisch.«
    »Das habe ich bereits gehört. Doch es gibt Hinweise, dass es gefährliche Nebenwirkungen hat.«
    »Papperlapapp, welche Nebenwirkungen? Davon ist uns nichts bekannt.«
    »Was halten Sie von den Todesfällen im Zusammenhang mit Pseudokrupp in der letzten Zeit?«
    Immer noch reagierte er nicht ungewohnt. Ob er wohl ein Pokerprofi war?
    »Ach, Sie meinen den ›Heiligen Leo‹? Zufall, Herr Palzki, alles nur Zufall.«
    »Darf ich Ihnen auf die Sprünge helfen? Bei dem ermordeten Doktor Dipper gab es gleichermaßen einen Todesfall, ebenfalls wegen Pseudokrupp.«
    »Bedauerlich, Herr Palzki, sehr bedauerlich.«
    »Und soll ich Ihnen noch etwas sagen? Bei allen Todesfällen wurden die Kinder mit ›Croupison‹ behandelt.«
    Jetzt war die erste Reaktion fällig. Sein Mundwinkel zitterte leicht. Doch das konnte alles bedeuten.
    »Davon höre ich zum ersten Mal. Wie kommen Sie darauf, dass unser Medikament der Auslöser der Todesfälle sein könnte?«
    »Intuition, Herr Doktor Mayer. Denn ich weiß noch mehr. Ich weiß zudem, dass ›Croupison‹ bis

Weitere Kostenlose Bücher