Schwarzlicht (German Edition)
zum EU-Kommissar machen.»
«Pass auf, in einer halben Stunde kommt Bruno mit dem Durchsuchungsbeschluss vorbei. Und zur Verstärkung ein paar Uniformierte. Sieh zu, dass du die Haare schön hast.»
«Wieso das denn?»
«Ein Typ vom Blitz wird da sein, wenn ihr Castorps Computer aus dem Gebäude tragt. Zieht eine gute Show ab.»
«Muss das sein?»
«Und noch etwas, Anna. Ich sende dir jetzt ein paar Fotos auf dein Smartphone. Zwei Typen, die wie Politiker oder Bürokraten aussehen. Vielleicht erkennt sie einer von deinen CDU-Leuten.»
Vincent legte auf.
«Weißt du, was mir auffällt?», fragte Dominik, der sich alle Fotos noch einmal im Schnelldurchgang angesehen hatte.
«Sprich.»
«Das sind gerade mal knapp vierzig Aufnahmen. Von Freitagmorgen bis Montagmittag. Sollte das wirklich die ganze Ausbeute sein?»
36
Dominik hatte sich in sein Büro verdrückt, Vincent war allein. Saskias Visitenkärtchen lag vor ihm. Eigentlich hatte er keine Zeit zu verplempern, trotzdem klickte er das Symbol des Einwohnermeldeamts auf seinem Bildschirm an.
Ein Fenster öffnete sich, in dem er sich mit Namen und Passwort einloggte. Die Suchmaske erschien.
Er tippte: S-a-s-k-i-a B-a-l-t-e-s .
Der Monitor zeigte ihre Daten: Am Falder 17, 40589 Düsseldorf, geboren am 21. 03. 1985 .
Sie hatte ihn wegen des Alters nicht belogen.
Zurück zur Suchmaske. Vincent gab nun die Adresse ein und las das Resultat.
Sechs Personen. Vier davon trugen den Namen Zwerschke. Den Geburtsdaten nach ein Paar um die vierzig mit zwei pubertierenden Töchtern. Außer Saskia war noch ein Oskar Baltes in dem Haus gemeldet. Der kleine Sohn.
Offenbar teilten die beiden ihre Wohnung nicht mit einem Freund. Im Guten getrennt – gab es so etwas tatsächlich?
Vincent wählte Saskias Nummer. Dabei blickte er aus dem Fenster. Felix wartete bereits bei einem der Dienstwagen.
«Baltes», meldete sich die WDR-Frau.
«Vincent hier. Ich bin dir noch etwas schuldig. Diesmal bist du schneller als der Blitz , wenn ihr das heute noch sendet. Wie rasch kannst du ein Kamerateam mobilisieren?»
«Worum geht es?»
«Wir durchsuchen sämtliche Büros von Castorp. Sei in einer halben Stunde an der Staatskanzlei. Das müsstest du schaffen, der WDR residiert ja gleich um die Ecke. Wir rücken mit Uniformierten an und werden Beute aus dem Gebäude schleppen.»
Saskia stieß einen leisen Pfiff aus.
Das Anklopfgeräusch.
Vincent drückte die Reporterin weg.
«Vincent?», fragte Anna.
«Höchstpersönlich.»
«Ich hab die Namen, was krieg ich dafür?»
«Vielleicht ein paar Kirschkerne auf den Hintern.»
«Bitte?»
«Ein Scherz.»
«Der Große heißt Florian Brennecke und ist Referent im Kanzleramt. Ein Kofferträger der Kanzlerin, den hier in Düsseldorf keiner ausstehen kann. So unnütz wie ein Geschwür am Arsch. Wörtliches Zitat.»
Brennecke. Vincent erinnerte sich an dessen aufgeregtes Räuspern am Telefon, gestern, am Morgen nach der Tat.
«Und der Dicke?»
«Das ist Max Feist, Mitglied des Bundestags und Bundesschatzmeister der CDU.»
«Zweifelsfrei?», fragte Vincent nach. «Auf den Fotos erkennt man sein Gesicht gar nicht richtig.»
«Frag den Landesgeschäftsführer. Der war erst letzten Monat mit Feist beim Schnitzelessen im Borchardt , wollte ihm zusätzliches Geld für den Wahlkampf aus den Rippen leiern. War wohl nicht ganz einfach. Feist ist Schwabe.»
Castorps Besuch: ein Kofferträger sowie ein höheres Tier der Partei.
Saskias Fangfrage fiel Vincent ein, gestern Nachmittag beim Interview.
Können Sie ausschließen, dass die Tat einen politischen Hintergrund hat?
Nein, dachte er, im Gegenteil.
37
Die Gewitterfront näherte sich aus Richtung Duisburg. Sämtliche Autos, die ihnen entgegenkamen, fuhren mit Licht. Felix May saß am Steuer des Dienstwagens, jagte die linke Spur entlang und fluchte über jeden, der langsamer war und nicht sofort nach rechts auswich.
Vincent hatte auf der Rückbank Platz genommen, um unterwegs die Akten durchzugehen. Doch zuerst rief er in Berlin an. Eins, acht, vier und drei Mal die Null. Brennecke verlangen, Florian Brennecke.
Vincent wurde verbunden. Der Referent meldete sich.
«Sie haben mir gestern früh Ihre Mitarbeit angeboten», sagte Vincent. «Wie wär’s, wenn Sie mir von Ihrem Besuch bei Walter Castorp erzählen?»
«Ich, äh …»
«Sie waren doch vorgestern bei ihm in Düsseldorf?»
«Ja, aber …»
«Allein?»
«Ja.»
«Ich habe Fotos vorliegen, die noch eine dritte Person
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