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Schwarzlicht (German Edition)

Schwarzlicht (German Edition)

Titel: Schwarzlicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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und schlich aus dem Zimmer. Er fand das Bad und den Lichtschalter und stellte sich unter die Dusche.
    Gedanken an seine Arbeit drängten sich auf. Die Begegnung mit Blümchen ließ ihn nicht los, vielleicht brauchte sie ihn mehr als jeder andere Mensch.
    Der Einsatz vor acht Jahren: Blümchens Handtasche präpariert, doppelter Boden mit Funkmikro. Ingo und er hörten im Auto mit. Zur Sicherheit hatten sie ein Panikwort vereinbart.
    «Deine letzte Chance, einen Rückzieher zu machen», sagte Vincent und hoffte insgeheim, sie würde hinschmeißen.
    Blümchen schüttelte den Kopf.
    «Bist du dir wirklich sicher?»
    «Wie oft willst du sie noch fragen?», regte Ingo sich auf. «Sie sagt doch, dass sie uns helfen will.»
    «Ja, ich tu’s», bestätigte Blümchen noch einmal.
    Klemens Borsig wohnte im zweiten Stock eines unscheinbaren Mietshauses im Stadtteil Holthausen. Er fuhr einen alten Golf, trug billige Klamotten. Nichts deutete darauf hin, dass er mit seinen Jungs drauf und dran war, den Drogenhandel der gesamten Stadt zu übernehmen. Borsig führte eine Bande von Hooligans und Neonazis, die es geschafft hatten, die Albaner zu unterwerfen und die kurdische Konkurrenz zu verdrängen, Brutalität war Borsigs Trumpf. Angeblich fand er Spaß daran, seine Gegner zu erniedrigen und zu foltern. Keiner wagte es, gegen ihn auszusagen.
    Erst nach seiner Festnahme war Ruhe eingekehrt, hatten sich seine Helfer auszupacken getraut. Nur der Verfassungsschutz meckerte, denn Borsig hatte die Schlapphüte als V-Mann mit gelegentlichen Anekdoten aus der rechten Szene versogt. Und der damalige Chef der Rauschgiftermittler war hochgradig sauer – Ingo und Vincent hatten ihm die Schau gestohlen.
    Sie hatten beobachtetet, wie Blümchen klingelte. Gehört, wie Borsig sie empfing. Die beiden rauchten etwas, unterhielten sich. Sie waren nur schlecht zu verstehen, ein Kratzen und Knacken überlagerte ständig den Ton.
    «Was ist das für ein Scheißmikro?», fragte Vincent.
    «Vielleicht ein Wackelkontakt, was weiß ich?», erwiderte Ingo. «Die Batterien sind jedenfalls frisch.»
    Vincents Horrorvorstellung: dass das Gerät schlappmachte und sie nicht mitbekamen, wie Borsig den Verrat witterte und Blümchen abmurkste. Je länger sich Blümchen in Borsigs Wohnung aufhielt, desto nervöser wurde Vincent.
    Plötzlich war es still.
    «Ich hab dir gesagt, du sollst das Mikro testen!», fuhr Vincent seinen Kollegen an.
    «Hab ich doch.»
    «Psst.»
    Ein leises Geräusch kam aus den Boxen, es klang wie das Drehen eines Schlüssels. Kurz darauf rauschte Wasser aus einem Hahn. Das Badezimmer, vermutete Vincent. Dann Blümchens Stimme, ganz nah, fast geflüstert: «Das Zeug liegt unter den Handtüchern. Hört ihr mich?»
    Ein Klopfen an der Tür. Borsig rief, gedämpft von draußen: «Was treibst du so lange?»
    Vincent beugte sich näher zum Lautsprecher.
    Blümchen schloss auf. Unvermittelt rief sie: «Hey, nicht so fest!»
    Vincent zog die Waffe aus dem Holster. Er war sich sicher, dass Borsig Lunte gerochen hatte. Das Versteck war zu simpel.
    Kratzen und Knistern. Ein Poltern. Ein spitzer Schrei.
    Vincent öffnete die Autotür.
    Ingo hielt ihn zurück.
    Ein Rascheln, Keuchen, rhythmisches Klatschen und Stöhnen. Ein Bett quietschte.
    «Er fickt sie nur», sagte Ingo. «Es ist in Ordnung.»
    Vincent fand das ganz und gar nicht. Das Klatschen wurde lauter. Blümchen schrie auf, immer wieder. Das Schwein tat ihr weh. Blümchen wimmerte in ihr Kissen. Borsig grunzte Schimpfwörter und schlug zu.
    «Wir müssen reingehen!»
    «Warte! Sie hat das Panikwort noch nicht gesagt.»
    Als Blümchen endlich das Haus verließ, taumelte sie und hielt sich den Leib. Beim Näherkommen versuchte sie, sich nichts anmerken zu lassen, aber das machte es nur noch schlimmer. Ihre Unterlippe war geplatzt. Frische Hämatome an Stirn und Wangen, das rechte Auge blutunterlaufen, die Lider schwollen an. Ihr Haar war strähnig und verklebt.
    Sie lächelte durch das geöffnete Seitenfenster, benebelt von Drogen. «Das Regal im Badezimmer … Sperrt ihn weg, am besten für immer.»
    Vincent stieg aus und schloss sie in seine Arme, kämpfte mit den Tränen.
    «Ich bin okay.» Brüsk löste sie sich von ihm, schwankte etwas, ihr Blick wanderte zwischen Vincent und Ingo hin und her. «Könnt ihr mir die Kohle geben, jetzt gleich?»

    Vincent ließ das Wasser lange über sein Gesicht laufen, als könne er die Erinnerung wegspülen, dann drehte er das Wasser ab. Wo war er noch

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