Schwarzlicht (German Edition)
vor dem Präsidium auf Dominik wartete, rief er Ninas Handy an. Die Mailbox. Er versuchte es zu Hause – wieder meldete sich nur die Automatenstimme. Dieses Mal wartete er das Ende der Ansage ab, den Piepton. Vincent wurde nervös. Er hatte keinen Text vorbereitet, aber ihm war plötzlich nach Versöhnung zumute.
«Nina, ich bin’s. Da war nichts mit Händchenhalten gestern Abend, ehrlich. Dein Zuträger hat maßlos übertrieben. Aus Eigeninteresse, vermute ich. Anwälte sind Schwindler, glaub Ihnen kein Wort. Also, ich ruf an, weil ich finde, dass du dich nicht für den Falschen entscheiden solltest. Nina …»
Es piepte, der Speicherplatz war ausgeschöpft. Vincent überlegte, ob er noch einmal anrufen sollte.
Ein Klopfen auf das Dach, die Beifahrertür wurde aufgerissen. Dominik ließ sich auf den Sitz sinken und wedelte mit dem ausgedruckten Porträt des Dealers.
Es war Borsig, wie Vincent ihn kannte. Braun gebrannt, schwarzes Haar. Weder Tattoos noch Knastbleiche.
Dominik zuckte mit den Schultern. «Ein aktuelleres Foto gibt’s nicht in der Datenbank.»
Vincent fuhr los.
«Glauben Sie bloß nicht, dass mein Angebot jetzt noch besteht. Ich hab auch meinen Stolz!»
Blümchens Nachbarin trug immer noch den Bademantel. In der Wohnung hinter ihr lief der Fernseher. Schreie, Schüsse, Explosionen. Vincent hoffte, dass der Kurze mit den Kulleraugen trotzdem schlief.
Er zeigte ihr das Foto.
Die Frau hielt es mit beiden Händen fest und betrachtete es lange. Dabei klaffte ihr Bademantel auf und bot den Blick auf ein Unterhemd. Brüste zeichneten sich ab, die traurig wirkten.
«Auf dem Bild hat der Typ noch die Haare lang», sagte sie.
«Das war vor acht Jahren.»
«Er ist grau geworden, aber das ist er, eindeutig.»
Vincent faltete das Blatt und steckte es ein. Blümchen war tatsächlich bedroht. Doch woher wusste sie von Borsigs Entlassung? Jemand musste sie gewarnt haben.
«Der Mann ist kein Freier», sagte Vincent. «Es besteht die Gefahr, dass er Bettina und Felicitas etwas antut. Falls er noch einmal aufkreuzt, rufen Sie mich bitte sofort an.» Er drückte ihr sein Kärtchen in die Hand. «Lassen Sie ihn auf keinen Fall in Ihre Wohnung.»
«Mein Gott!»
«Und jetzt verraten Sie mir Tinas neue Adresse, damit ich sie schützen kann.»
«Ich weiß sie echt nicht, ohne Scheiß. Verdammt, Ihnen würd ich sie sofort geben.»
Vincent nickte und wandte sich zum Gehen.
«Übrigens, ich kann auch Cocktails! Hab mal in einer Bar gemixt, bevor der Kleine kam. Meine Spezialität ist White Russian .»
«Da unten wartet ein Kollege auf mich.»
«Wenn er so gut aussieht wie Sie, dann bringen Sie ihn doch hoch.»
«Er hat einen Buckel und lange Zähne.» Vincent winkte einen Gruß und trabte die Stufen hinunter.
«Na, einen Versuch war’s wert!», rief ihm die Frau hinterher.
52
Sie setzten sich an den letzten freien Tisch im Notorious und bestellten bei der Bedienung im Catsuit ihr Bier.
«Thilo Becker und ein paar andere waren noch in der Festung», sagte Dominik.
«Vermutlich wegen der Schießerei.»
«Mir haben sie nichts erzählt.»
«Eine häusliche Auseinandersetzung in Oberkassel. Als die uniformierten Kollegen eintrafen, flogen ihnen die Kugeln um die Ohren.»
«In dem schicken Viertel?»
«Krach ist auch in der feinsten Hütte.»
Die Getränke kamen, Vincent und Dominik stießen an, tranken, stellten synchron die Gläser ab.
«Thilo und ein paar andere Kollegen, sagtest du?»
«Klaus Schranz und Felix May. Der Rest war von der Fahndung, glaub ich.»
Vincent war sauer. Dass Schranz für die Schießerei arbeitete, war abgesprochen. Aber Felix brauchte er als Aktenführer im Fall Castorp. Es passte ihm nicht, dass Thilo Becker ohne Rücksprache Kollegen einspannte.
Nicht aufregen, sagte sich Vincent. Morgen regle ich das. Ein zweiter Schluck zum Abkühlen. «Wie gefällt es dir im KK11?»
«Das ist nicht meine erste Mordermittlung», antwortete Dominik. «Ich war schon im MK-Pool, als ich noch bei den Betrügern gearbeitet habe. Und ich hab alle möglichen Lehrgänge absolviert.»
«Lehrgänge, soso.»
«Betrachte mich bitte nicht als totalen Grünschnabel.»
«Es geht das Gerücht um, der Kripochef hätte dir die Stelle verpasst, damit du unsere Truppe für ihn aushorchst.»
«Er hat mich natürlich gefragt, was ich von dir als Kommissariatsleiter halte.»
Vincent blickte auf. «Echt jetzt?»
«Ich habe ihm gesagt, dass du ein Kotzbrocken bist, der nichts auf die Reihe
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