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Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Buerkl
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Rückweg sie nicht ganz legal über einen Waldweg führte, wo eine jener bemühten
Via-Artis-Stationen über Hugo von Hofmannsthal Auskunft gab. Der Text
berichtete von seinem Ärger über den Lärm heimkehrender Kühe. Ganz im Gegensatz
zu Rabenstein, ihn hatten die ländlichen Geräusche offenbar nicht beim
Schreiben gestört. Doch der Mann war kein Dichter gewesen, sondern Journalist.
Berenike verriss beinahe das Motorrad beim Gedanken an Shannas widersprüchliches
Verhalten. Auf der einen Seite die Trauer und – ja, was war das andere
Gefühl gewesen? Hatte sie wirklich zwischen den Fingern ihrer Hände
hervorgeblinzelt? So, als ob sie kontrollieren wollte, ob Berenike ihr die
Trauer abnahm? Dabei waren Shannas braune Stirnfransen verrutscht. Eine
blutverkrustete Kopfverletzung war sichtbar geworden. So kurz, dass Berenike
schon an eine optische Täuschung glauben wollte. Waren es Spuren einer
körperlichen Auseinandersetzung? Hatte Rabenstein seine junge Partnerin misshandelt?
    Hatte sie sich heimlich zur Veranstaltung in Berenikes
Teesalon geschlichen? Seiner Liebsten hätte der Mann wohl vertraut, wenn sie
ihm in einer fürsorglichen Geste Tee servierte …

12
    African Dream
    Zurück in ihrem Lokal brühte Berenike Tee für
sich und Ragnhild auf, die ihr gern noch ein Weilchen Gesellschaft leistete.
Allein im Laden sein, womöglich noch ohne Gäste – Berenike hasste es.
Nichts ist so einsam wie ein menschenleerer großer Raum. Sie hoffte, Ragnhild
wieder näherzukommen, nachdem diese zuletzt so eigenartig verschlossen gewesen
war. Bisher waren sie sehr offen zueinander gewesen, auch wenn Berenike es
nicht über sich gebracht hatte, Ragnhild alles über jene große Krise in ihrem
Leben zu erzählen.
    Jetzt, am Nachmittag, war es windig, die Sonne verkroch sich
zunehmend hinter grauen, sich hoch aufbauschenden Wolken. Genau das richtige
Wetter für englische Teatime. Während sich Berenike zum Teeregal umdrehte,
knisterte das Papier mit Rabensteins letztem Text in ihrer Hosentasche. Sie war
voller Ungeduld, zu erfahren, welches Thema er darin aufgegriffen hatte.
Gleichzeitig kroch eine Furcht in ihr hoch, die sie beinahe lähmte.
    Um Ragnhild und sich selbst eine Freude zu machen, griff
Berenike nach dem silbernen Teegeschirr, das sie vor Jahren in der Türkei
erworben hatte. Sie liebte ihr Sammelsurium aus der Welt des Tees. Auf dem
Regal über der Theke standen Kannen und Tassen aus aller Herren und Frauen
Länder, hergestellt aus Steingut oder Glas, ein gusseisernes Service aus Japan
neben blumigem Porzellan. Sie stammten aus England, Deutschland, aus China,
Indien und Japan. Auch bunt bemaltes Tongeschirr aus Afrika war dabei. Alles,
um das Teetrinken zu einem weltumfassenden Erlebnis zu machen. African Dream
aus Tanzania, exactly, das war der richtige Tee für heute.
    »Wie gehts deinem Lover, Ragnhild? Roman? Oder wie heißt
er?«, rief sie, während sie Teeblätter abmaß, einen Löffel pro Tasse.
    »Er ist nicht mein Lover!« Ragnhild wich Berenikes Blick aus.
»Ist das grüner Tee? Ich trinke nur mehr grünen Tee.«
    »Wie würdest du ihn dann bezeichnen?«
    »Wir sind kein Liebespaar.« Ragnhilds Blick wanderte überall
herum, nur nicht zu Berenike. »Ich habe ihn schon eine Weile nicht mehr
getroffen.«
    »Achso? Habt ihr euch gestritten?«
    »Bitte! Wir sind Freunde, weiter nichts! Ich kann ihn nur
seit Tagen nicht erreichen.«
    »Naja, die meisten Leute haben heute viel Stress.«
    »Ehrlich gesagt, schön langsam mache ich mir Sorgen. Das ist
sonst nicht seine Art. Ich habe ihn nicht mehr gesehen seit …« Sie warf
ihre heute zu dicken Zöpfen geflochtenen roten Haare über die Schulter, »seit
dem Abend, an dem die Lesung – der Mord …«
    »Wie bitte, das sagst du mir jetzt? Hast du mit der Polizei
darüber gesprochen?«
    Abrupt sprang Ragnhild auf. »Berenike, sei mir bitte nicht
bös, ich hab völlig auf die Zeit vergessen. Ich muss unbedingt noch einkaufen.«
    Einkaufen? So ganz nahm Berenike ihr das nicht ab. Aber sie
war nicht Ragnhilds Kindermädchen. Soll sie tun, was sie will. Vielleicht waren
sie doch keine so guten Freundinnen, wie Berenike angenommen hatte? Sie hörte,
wie die Tür geöffnet und geschlossen wurde. Jetzt war sie endgültig allein.
Wenn sich sogar Ragnhild von ihr abwandte … Ein Seufzen entrang sich ihr,
sie konnte es nicht zurückhalten. Dabei wollte sie sich doch nicht mehr selbst
bemitleiden. Sie hatte

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