Schwarzwaelder Dorfgeschichten
dich nur mein Lebtag mit keinem Aug' mehr gesehen hätt', wenn ich nur all' beid' Füß brochen hätt', eh ich wieder heim kommen wär!«
»Ei, mach' jetzt keine so Sachen, gelt, du lugst mich doch auch als noch freundlich an und lachst ein bisle mit mir, wenn du mir verkommst?« 2
Mit einem Blicke voll heiterer Liebeslust sah Creszenz Florian an, sie lächelte, aber das Weinen stand ihr näher als das Lachen. Florian hob sein Messer auf, steckte es ein und wollte fortgehen; da faßte Creszenz seine Hand und sagte:
»Trutz mir nicht, Florian, gang, mach', red' auch. Lug' ich hab' ja doch den Geometer noch nicht geheirathet, aber laufen lassen kann ich ihn jetzt nicht; meine Leut' thäten mich im Schlaf erwürgen, wenn ich von ihm ließ'. Es dauert aber noch wenigstens zwei, drei Jahr', bis was draus wird, wer weiß wie's noch geht, kann sein ich sterb' vorher – das wär' mir das Liebst'.«
Die Stimme der Creszenz stockte.
Plötzlich erwachte in Florian ein ganz anderes Leben, die unerklärbare Schlaffheit verschwand; er stand da wie neu erwacht, und freudetrunken blickten sich die Beiden an.
»Lug,« sagte er, »wie ich da gesessen bin und auf dich gewartet hab', ist mir's grad gewesen, wie wenn mir einer alle Glieder zerschlagen hätt'. Ich hab' so darüber nachdenkt, wie elend wir daran sind, und einmal über's andere ist mir's gewesen, wie wenn ich mir mein Messer in's Herz stoßen müßt. Wenn mir Einer unter die Hand kommen wär', ich weiß nicht – und fort mag ich auch nicht, und hier bleiben muß ich, und dich muß ich haben.«
»Ja, das wär' schon recht, wir können doch aber nicht auf den alten Kaiser 'nein leben; ich wüßt' wohl Einen, der uns helfen könnt', er müßt' es mir thun.«
»Red' mir nichts von ihm, er darf dich nichts angehen, ich will's nicht, und er geht dich nichts an; du bist deines Vaters Kind und wer anders sagt, den stech' ich wie ein achttägig Kalb. Guck, mein Vater hat mich schon halb ausgebeutelt, ich hab' aber wohl noch ein Geld; ich bleib' jetzt vor der Hand hier und arbeit' auf meines Vaters Meisterrecht. Ich will einmal denen Nordstettern zeigen, was der Florian kann, sie sollen Respekt vor mir haben.«
»Du bist ein Schöner,« sagte Creszenz, »hast mir denn gar nichts mitbracht?«
»Ja doch, da.«
Florian langte in die Tasche und gab Creszenz einen breiten silbernen Ring und ein gemaltes stammendes Herz, darin ein Spruch stand.
Nach dem ersten Jubel des Entzückens wollte Creszenz den Reim lesen, Florian aber sagte: »das kannst du, wenn ich auch nicht dabei bin, jetzt wollen wir schwätzen.«
»Ja, erzähl' mir einmal. Ist es wahr, hast du Bekanntschaft mit deines Meisters Tochter in Straßburg?«
»Kein Gedanke, ich thät ja sonst nicht hier bleiben, und hier bleib' ich. Alle Nordstetter müssen sagen: der Florian ist ein Kerle, wie's Keinen mehr gibt.«
Noch lange blieben die Beiden zusammen. Als Creszenz wieder nach Hause kam, traf sie den Geometer und mußte freundlich und liebreich gegen ihn sein. Mit schwerem Herzen las sie noch spät in ihrem Kämmerlein den Spruch auf den: gemalten Herzen:
Besser Stein zur Mauer graben,
Als lieben und doch nicht haben.
Weinend legte sie das Blättchen in ihr Gesangbuch.
Da haben wir nun eines jener Verhältnisse, wie sie zu Tausenden in Stadt und Land sich finden, vielleicht nicht so grell, die Farben sind mehr in einander vertuscht. Creszenz hatte den Florian gern und wollte doch die Versorgung durch den Geometer nicht drangeben; dort hielt sie die Liebe, hier der Verstand. Es müßte sonderbar zugehen, wenn daraus nicht schweres Unglück entstünde.
Fußnoten
1 Erzig, so viel als ursprünglich, durchaus gleich damit.
2 Verkommen, so viel als begegnen.
5.
Was Florian im Dorfe treibt und wie er Haare lassen muß.
Florian blieb nun im Dorfe und schlachtete, von dem Meisterrechte seines Vaters Gebrauch machend, ein Rind und bald wieder eines. So gut es auch in der ersten Zeit zu gehen schien, so hatte doch die Herrlichkeit bald ein Ende. Der alte Metzgerle ging mit dem liegen gebliebenen Fleische hausiren, er verthat aber oft nicht nur den Profit, sondern auch das Kapital. Die Concurrenz der bereits ansäßigen jüdischen Metzger war trotz der Geschicklichkeit Florians nicht zu besiegen, denn die Juden verkaufen das Fleisch von den Hintertheilen billiger, da sie nach einer Anordnung der Bibel nur das Fleisch der Vordertheile essen dürfen.
Ueberhaupt aber ist es auf dem Dorfe fast
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