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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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ganz herrichten ohne das kleinste Mösle 1 an seine Kleider zu bringen – und richtig, er hat's fertig bracht, und sein Schurz und sein Hemd waren noch grad wie der gefallene Schnee.«
    Florian hatte nun bei allen Leuten so viel zu thun, daß er Tag und Nacht nicht zur Ruhe kam und am Sonntag des Hammeltanzes die Morgenkirche verschlief.
    Creszenz hatte dem Geometer eine Zusammenkunft in Egelsthal versprochen, es gelang aber Florian leicht, sie davon abwendig zu machen.
    Nach der Mittagskirche war Jubel im ganzen Dorfe. Auf dem Schloßhofe waren Pfähle in einem Kreise aufgesteckt, um die ein Seil gebunden war. In der Mitte des Kreises stand ein schöner Hammel mit einem rothen Bande geziert, auf dem Tische daneben stand eine blinkende zinnerne Schüssel. Die Musik ging voraus; ein jeder der Burschen, sein Mädchen an der Hand, hinterdrein.
    An dem Schloßthor war eine Schlaguhr angebracht, und zwar so, daß man sie nicht sehen konnte. Punkt zwei begann der »Freitanz.« Die Musik spielte einen Marsch, die Paare gingen in strenger Ordnung rings um das Seil. Ein alterthümlicher Säbel war in einen Pfosten gehackt, einer der Burschen nach dem andern zog ihn heraus und hackte ihn den nächstfolgenden Pfosten. Als Florian mit Creszenz an den Säbel gelangte, stellte er die Waffe aufrecht auf seine unteren Zähne und schritt so lange ohne zu wanken bis zur nächsten Station. Ein allgemeines »Gucket au!« lohnte diese Keckheit. Die Leichkäther prophezeite, daß Florian den Hammel gewinne. So wandelte nun Alles im Kreise, jubelnd und lachend. Als Florian den Säbel wieder in der Hand hielt, schlug es plötzlich drei. Ein allgemeines »Hoch!« erscholl. Das Seil wurde eingerissen und dem Florian der Hammel, das Band und die Schlüssel gebracht. Die Mädchen kamen herbei, glückwünschten der Creszenz und flochten ihr das neue Band in das Haar. »Jetzt ist es g'wiß, ihr krieget euch dieß Jahr,« sagte des Melchiors Lenorle. Creszenz aber sah ihren Vater, der mit geballter Faust vor ihr stand; sie weinte.
    Mit Musik zog man nun in das Wirthshaus, Florian begann mit Creszenz den ersten Tanz.
    Der Buchmaier hatte als Schultheiß eine alte Sitte wieder erneuert. Er beorderte weder den Schützen noch einen Landjäger als Ordnungshalter zum Tanze. Am Vorabende hatte er alle Burschen, die das achtzehnte Jahr zurückgelegt hatten, zusammenkommen und sie zwei sogenannte »Tanzburschen« wählen lassen. Constantin und des Zimmermann Valentins Xaver erhielten die meisten »Kuren,« 2 der dritte sollte der sein, der den Hammel gewänne; der Schultheiß hatte sich nur vorbehalten, falls einer der Gewählten der Glückliche wäre, noch einen aus eigener Machtvollkommenheit zu ernennen. Nun war Florian der dritte Tanzbursche, der, wie die anderen, ein weißes Band um den linken Arm erhielt. Die Drei mußten für die Aufrechthaltung der Ordnung bürgen, jede Störung fiel ihnen zur Last; es kam aber keine vor, denn die Leute lassen sich am liebsten von denen aus ihrer Mitte regieren.
    Creszenz war ganz glückselig, sie vergaß den Geometer vollends. So schön als Florian konnte Keiner tanzen, selbst der Jörgli nicht; er schlug immer im Takte die Füße zusammen, so daß Aller Blicke auf seine schöngewichsten Stöckelstiefel gerichtet waren. Dann rief er manchmal mitten aus dem Tanze heraus: Hellauf! Sein ganzes Wesen hob und bewegte sich nach dem Tone der Musik; er war ein ganzer Tänzer. Er wollte keine Minute ruhen, und als die Musik eine Weile aushielt, trat er zu dem Klarinettisten und sagte: »Laß' dein dürr Holz rappeln,« worauf der Musikant erwiderte: »Laß was einschenken, daß es quillt.« Florian warf einen Sechsbätzner auf den Tisch.
    Spät in der Nacht wurde der »Balbiererstanz« ausgeführt, bei dem Florian in seinem vollen Glanze erschien. Es wurde nämlich ein Mensch hereingebracht, der schneeweiß aussah, vorn und hinten einen Höcker hatte und überall mit weißen Tüchern verbunden war; man konnte den Studentle gar nicht mehr erkennen. Die Musik spielte die Weise zu dem Lied:
     
    Hol' mir den Balbierersknecht,
    's ist mir jo gar et reacht.
     
    Ein Stuhl wurde in die Mitte des Saales gestellt und der Kranke darauf gesetzt. Der ersehnte Arzt kam herbei, um und um mit Messern behangen, eine große Klammerbrille auf der Nase und eine Perrücke von Werg auf dem Kopfe. Ein schallendes Gelächter begrüßte den Eintretenden, es war Florian.
    Mit possirlichen Sprüngen tanzte er um den Kranken herum, fühlte ihm den

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