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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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muß wieder herbei. Alle Nachbarn werden gefragt, Niemand weiß Auskunft; aber das Hennenfangerle haben Viele heut hier vorbei gehen sehen. Sonst versteckten sich die Leute, die ihr Eigenthum wieder haben wollten, bei solchen Gelegenheiten in der Nähe vom Hause des Hennenfangerle, warteten auf seine Heimkunft und nahmen ihm die Beute wieder ab. Magdalena weiß aber auf andern Plätzen zu suchen: beim Rathhause oder auf dem Schloßplatze – ja, auf dem Schloßplatze, da ist sie gewiß. – Nichts kommt auf den Lockruf herbei. Dort unten ist der Schloßhag und wie im Fluge ist Magdalena dort. Zehn Gäul' bringen sie nicht an den Schloßhag, und jetzt war sie der verlorenen Spur einer Henne dahin gefolgt!
    Niemand ist da. Magdalene steht ruhig am Zaune, sie hört das Summen und Schwirren in der Luft, das Zirpen des Heimchens in der Schloßmauer und wie es in der Brunnenstube quillt und quallt. Hinter des Schloßbauern Haus bellt der Hund, in der Ferne singen die Burschen und ein Juchhe steigt wie eine Rakete in die Luft. Der Hollunder duftet stark, Johanniswürmchen fliegen umher wie verspätete Sonnenfunken. Jenseits auf dem Hochdorfer Berge steht eine langgestreckte dunkle Wolke, Blitze zucken daraus hervor; das Wetter kann sich hier heraufziehen. Endlich – der Zaun geht auseinander, dort wo er mit dürren Dornen ausgeflickt ist; Jakob kommt hervor.
    »Wartest schon lang?« fragte er.
    »Nein ... ich ... ich hab' mein' schwarze Henn' gesucht.«
    Und nun erklärte Magdalene, wie sie eigentlich nicht habe kommen wollen, Alles, was sie seit Mittag gedacht hatte, oder doch die Hauptsache wie sie meinte. Jakob gab ihr Recht und berichtete gleichfalls, wie ihm die Bestellung fast unwillkürlich aus dem Munde gekommen sei; er habe etwas sagen wollen und da sei's so geworden.
    Magdalene rollte ihre Schürze mit beiden Händen zusammen und sagte nach einer Weile:
    »Drum wird's auch am gescheitsten sein, wir gehen jetzt gleich wieder. Und es ist auch wegen den Leuten.«
    »Das wär' eins,« erwiderte Jakob, »die Leut' denken doch nichts Gutes, von dir nicht und von mir nicht. Jetzt sind wir einmal da, jetzt wollen wir auch ein bisle bei einander bleiben.«
    Nun wurde beiderseits erzählt, wie man seit vorgestern gelebt. – Endlich fragte Jakob, indem er einen Zweig vom Zaune abriß, nach dem Schicksale Magdalenens.
    Magdalene fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, stützte dann die Wange auf die Hand und erzählte:
    »Von meinen Eltern kann ich dir nicht viel berichten, sie sollen früher ein schönes Vermögen gehabt haben, von meiner Mutter her; sie sind aber zuviel von einem Ort in den andern zogen und auch durch sonst Sachen – seitdem ich halt denken mag, sind sie arm gewesen. Mein' Mutter war früher an einen Vetter von meinem Vater verheiratet, und sie ist bald gestorben und ich bin in's Waisenhaus kommen, weil mein Vater sich gar nichts um mich kümmert hat. Ich bin zu dem Schullehrer in Hallfeld than worden. Ich kann's nicht anders sagen, ich hab's gut gehabt; er ist ein grundguter Mann, sie ist ein bisle scharf, aber das war mir gesund, ich bin ein Wildfang gewesen. Mein Vater ist auch all Jahr ein paarmal kommen und der Schullehrer hat ihm zu essen geben und hat ihn geehrt, wie wenn's ein Anverwandter wär'. Der Lehrer hat mich allfort ermahnt, ich soll meinen Vater ja nicht vergessen und soll ihm gut sein; und auf Neujahr hab' ich ihm allemal einen schönen Brief schreiben müssen und hab' ihm als ein paar Strümpf geschickt. Der Lehrer hat die Woll' dazu aus seinem Sack bezahlt. Wie ich vierzehn Jahr alt worden bin, hab' ich einen guten Dienst kriegt in der Stadt als Kindsmädchen; da war ich drei Jahr. Ich hätt' ein schön Geld verdient, wenn nicht all paar Wochen mein Vater dagewesen wär', und da hab' ich ihm Alles geben müssen was ich gehabt hab'. Wenn ich nicht Kleider geschenkt bekommen hätt', ich hätte mir keine anschaffen können. Da sind die zwei jüngsten Kinder an der Ruhr gestorben und ich war überzählig im Haus. Die Leut' haben mich aber gern gehabt und haben mich das Kochen lernen lassen, und da hab' ich einen prächtigen Dienst bekommen bei dem Doctor Heister. Ich bin doch mein Lebtag unter fremden Leuten gewesen und es ist mir nichts zu schwer, aber da war ich wie im Himmel. Wenn man so in ein fremd Haus kommt in Dienst: man kennt die Leut' nicht, man schafft sich ab und weiß nicht ob man's recht macht, und wenn man der Herrschaft was Besonderes thun will, kann man grad einen

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