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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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capitolinischen Wächter schnattern? Hörst du die Kinder dort jauchzen? Die guten Kinder! Sie ahnen nicht, daß du kommst, ihre Jugend im Bilde zu verewigen. Schon Virgil sagt sehr schön:
O fortunatos nimium, sua si bona norint, agricolas.
Das Volk ist doch wie die stille Natur, es weiß nichts von der Schönheit seines Lebens, es ist vegetabilisches Dasein und wir kommen, die Geistesfürsten, und verwenden ihre gebundene Welt zu freien Gedanken und Bildern.«
    »Und wer weiß,« erwiderte der Große endlich, »wie der Weltgeist uns verwendet, zu welchen Gedanken und Bildern wir ihm dienen.«
    »Du bist frommer als du glaubst, das ist ein großer Gedanke,« entgegnete der Gelehrte und der Maler fuhr auf:
    »Numero
A
1. Gib doch nicht gleich Allem, was man sagt ein Schulzeugniß.«
    Die Beiden schwiegen. Der Maler, der seinen Kameraden doch zu hart angelassen zu haben glaubte, faßte seine Hand und sagte: »Hier bleiben wir nun, schüttle allen Schulstaub von dir, wie du dir's vorgenommen, denk nichts und will nichts und du wirst Alles haben.«
    Der Kleine erwiderte den Händedruck mit einem unendlich sanften Blicke und der Maler fuhr fort: »Ich muß dir den Mann schildern, bei dem wir bleiben.«
    »Nein, thu's nicht, laß mich ihn selber finden,« unterbrach ihn der Kleine.
    »Auch gut.«
    Als sie sich jetzt dem Dorfe näherten, schlug der Maler den Fußweg ein, der hinter den Häusern herläuft: der Kleine bemerkte: »Es liegt ein tiefes Gesetz darin, daß die Naturstraßen nirgends gradlinig sind; der Bach hat einen undulirenden, einen wellenförmigen Weg, und die Straßen von Dorf zu Dorf ziehen sich selbst durch die Ebene in Schwingungen dahin. Die Philosophie der Geschichte kann davon lernen, daß Natur und Menschheit sich nicht nach der logischen Linie bewegen.«
    »Bei den Straßen hat das einen einfachen Grund,« bemerkte der Maler, »ein Gefährt geht viel leichter, wenn es durch eine Biegung wieder einen Schwung bekommt; bei einem schnurgeraden Wege liegt auch das Pferd zu gleichmäßig und ermüdend im Geschirr. Das ist Fuhrmannsphilosophie.«
    Mit diesen Worten waren die Beiden in einen Baumgarten getreten; der Maler nahm dem Bauer die Flinte ab und schoß damit in die Luft, daß es weithin wiederhallte, dann schrie er »Juhu!« sprang die Treppe hinauf und hinein in die Stube ...
    Da sind wir also wieder beim Wadeleswirth, in dem Augenblick, da die Katze ihm am Gesicht vorbeigesprungen und das Glas Most auf den Boden gefallen war. Der Wirth steht da, hat beide Fäuste geballt und flucht:
    »Kreuzmillionenheideguguk, was ist denn das? Was gibt's in's –«
    »Ich bin's,« rief der Maler, die Hand zum Willkomm ausstreckend.
    Die Faust des Wirthes entballte sich und er rief: »Wa ... Was? Ja, bigott, er ist's; ei Herr Reinhard, sind Ihr auch wieder ause gelaufen? 1 Das ist ein fremder Besuch, da sollt' man ja den Ofen einschlagen.« 2
    »Weil's Sommer ist, alter Kastenverwalter,« erwiderte der Begrüßte, indem er derb die Hand des Wadeleswirths schüttelte, der jetzt fragte:
    »Seid Ihr's gewesen, der im Garten geschossen hat?«
    »Nein, nicht ich, da mein Weib,« sagte der Maler, die Flinte aufhebend, »kann das Maul nicht halten.«
    »Ihr seid noch allfort der Alte, aber der Mann muß für's Weib bezahlen; es kostet Straf', wenn man schießt.«
    »Weiß wohl, ich bezahl's gern.«
    Reinhard stellte nun seinen Freund, den Bibliothekscollaborator Reihenmaier vor.
    »Reihenmaier,« sagte der Wadeleswirth, »so haben wir hier auch ein Geschlecht.«
    Der Collaborator erwiderte lächelnd:
    »Es können weitläufige Verwandte von mir sein, ich stamme auch von Bauern ab.«
    »Wir stammen alle von Bauern ab,« sagte der Wadeleswirth, »der Erzvater Adam ist seines Zeichens ein Bauer gewesen.«
    »Wo ist denn Eure Eva, alter Adam?« frug Reinhard.
    »Sie kommt gleich mit dem Heuwagen, ich bin dieweil voraus. Lorle! Lorle! Wo bist?«
    »Da,« antwortete eine Stimme von unten.
    »Mach hurtig die Scheuer auf, daß sie mit dem Wagen gleich 'rein können, es wird einen Regen geben, und komm hernach 'rauf.«
    »Die Grundel? Ich bin begierig die Grundel 3 wieder zu sehen,« sagte Reinhard; der Wadeleswirth erwiderte schelmisch lächelnd und mit dem Finger drohend:
    »Oha, Mannle! Das ist keine Grundel mehr, das kann sich sehen lassen, es ist ein lebfrisches Mädle; bigott aber Ihr könnet Euch nicht sehen lassen, man meint Ihr wäret ein alter Hauensteiner Salpeterer, Ihr habt ja einen ganzen Wald im Gesicht,

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