Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Blicke, die sich ihm zuwenden, erheitern sich, ein Widerstrahl des Wohlgefallens kehrt aus Allen zu ihm zurück.«
Sie nannten Lorle nicht und doch dachten Beide an sie.
Sie sprachen einmal von Liebe und Reinhard bemerkte: »Mir ist's oft, als wäre all das Singen und Sagen von der Liebe eitel Tradition; ich kann mir jenen süßen Wahnsinn, da der ganze Mensch in Liebe ausbrennt, nicht denken.« –
Reinhard sagte dies selber nur als Tradition aus einer vereinsamten Vergangenheit, es hatte keine Wahrheit mehr für ihn und doch wiederholte er's wie aus Gewohnheit; sein Freund mochte das fühlen, er sah ihn bedeutsam und traurig an, indem er dann erwiderte: »Solch ein Mädchen ist wie ein Lied, das ein ferner Dichter geschaffen und zu dem ein Anderer die Melodie findet, die Alles und hundertfältig mehr daraus offenbart.«
Als Antwort stimmte Reinhard das Lied an: »Schön Schätzichen wach auf!«
Der Collaborator fand eine reife Erdbeere am Felsen, er hielt sie vor sich hin und sagte: »Wie duftig und voll würziger Kühle ist diese Beere, wie lange bedurfte das Pflänzchen, bis es Blüthe und Frucht reifte, und nun steht es da zu unserer Erquickung. War sein ganzes Dasein nur ein stilles Harren auf mich? Hat der Schöpfer es bereit gehalten, bis er mich herführte?«
Reinhard betrachtete seinen Freund mit glänzenden Augen und sagte dann: »Wenn ich dich einst male, fasse ich dich so: die frische Frucht zum Genusse in der Hand und du sie betrachtend.«
In den Dörfern wo man übernachtete, brachte der Collaborator eine seltsame Bewegung unter die Bewohner; er ließ sich in der Nacht vom Küster die Kirche öffnen und berauschte sich im Orgelspiel, das er meisterhaft verstand. Noch viele Tage redete man in den Dörfern von dem wunderlichen, nächtigen Orgelspieler und der Collaborator selber sagte auf dem Heimwege: »Es ist tief bedeutsam, wie in jedem Dorf ein großes, heiliges Instrument aufgerichtet ist, dessen harrend, der einst die freien Klänge daraus erwecke. Auch das: ich bin nicht der rechte Mann des Volkes, ich verstehe nur das höchste Instrument des Dorfes, die Orgel zu spielen, und zwar wesentlich zu meiner eigenen Erholung.« – –
Die Wandertage hatten die Freunde auf's Neue an einander geschlossen; sie kehrten Freitag spät in der Nacht heim, am andern Mittag mußte der Collaborator nach der Stadt in sein Amt zurück.
In aller Frühe stimmte er noch vollends das Clavier und sagte mit schmerzlichem Lächeln zu dem eintretenden Reinhard: »Unter der Hand wird mir Alles zum Sinnbilde. Ich habe nun das Clavier gestimmt, werde aber morgen keine lustigen Tänze darauf spielen.
Après nous la danse.
Nach uns geht der Tanz der Weltgeschichte an. Diese Steine und die paar Schmetterlinge, das ist Alles, was ich aus dem Dorf mitnehme.«
Er eilte nochmals zu der armen Familie, um zu sehen wie es ihr erginge; die Leute waren unwirsch und er glaubte, sie wüßten, daß er ihnen nichts mehr geben könne.
Von allen Hausgenossen war es Lorle allein, die innigen Abschied vom Collaborator nahm. Als er fort war, sagte sie zu Reinhard: »Ich kann's nicht glauben, aber die Pfarrköchin hat's im Dorf ausgesprengt, der Herr Reihenmaier sei ein gottloser Heid', er häb beim Pfarrer auf das Predigen geschimpft und den neuen Kirchenbau verflucht. Er kann aber nicht schlecht sein, nicht wahr? Er hat doch so ein gut Herz.«
Reinhard sah dankend auf Lorle. Der Abschied vom Freunde that auch ihm wehe, und doch dünkte er sich jetzt erst recht frisch und frei; er glaubte jetzt alle störsame Reflexion los zu sein, da sie von seiner Seite gewichen war ....
In einem geheimen Buche der Residenz wurde mehrere Tage darauf ein neues Conto für einen Kunden eröffnet. Darin hieß es »Ministerium des Cultus. Der Collaborator Adalbert Reihenmaier, nach Denunciation des Pfarrers M ... zu Weißenbach laut Bericht des Amtes zu G., atheistisch gesinnt, Versuch zur Aufreizung des Volkes.
Reg.
VII.
b. act. fasc.
14263.«
Hoch zum Himmel hinan!
So wohl sich Reinhard jetzt fühlte, schaute er am andern Morgen doch oft nach der Thür, als müsse der Freund eintreten.
Mit frischer Lust wurde nun die Ausführung der Farbenskizze fortgesetzt, es wurde noch ein Plätzchen für Wendelin erübrigt, der mit dem Hirtenstocke in der Hand stehen blieb, während die Kühe sich im Hintergrunde verloren; hiedurch bekam das Abendliche, das über dem Ganzen liegen sollte, noch ein weiteres Motiv. Einigen Zuhörern im Hintergrunde gab
Weitere Kostenlose Bücher