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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Bärbel ein paar tüchtige Ohrfeigen geben. Nun, mir hat's nichts g'schad't, und dem Herr Prinz Königliche Hoheit sagt man auch viel Gutes nach.«
    »Sie machen mich glücklich, da Sie mir sagen, daß meine Unterthanen gut von mir denken.«
    »Ich hätt's doch mein Lebtag nicht glaubt, daß ich so mit dem Prinz Hoheit reden könnt', und jetzt möcht' ich ihm doch auch noch was sagen.«
    »Reden Sie nur frei und offen.«
    »Ja guter himmlischer Gott! Wenn ich's jetzt nur auch so recht sagen könnt'. Der Prinz Hoheit sollt's nur selber sehen, wie schrecklich viel Noth und Armuth im Land ist, und da mein' ich, da könnt' er helfen und da müßt' er auch.«
    »Wie meinen nun Sie, daß geholfen werden soll?«
    »Ja wie? das weiß ich nicht so, dafür ist der Hoheit da und seine g'studirten Herren; die müssen's wissen und eingeschirren.«
    »Sie sind eine kluge und brave Frau, es wäre zu wünschen, daß Alle in Ihrer Heimath Ihnen gleichen.«
    »Mein Vater sagt: wenn man Hirnsteuer bezahlen müßt', da kämen wir auch nicht leer davon. Jetzt mach' der Hoheit nur, daß er auch bald eine ordeliche Frau kriegt; ist's denn wahr, daß er bald heirathet?«
    In der Pause, die nun eintrat, wechselte Verlegenheit und heiteres Lächeln schnell im Antlitz Reinhard's. Daß Lorle den Prinzen mit Er anredete, erkannte er als beirrende Folge der ihr eingeübten Titulaturen; das letzte aber war nicht nur der ärgste Verstoß, daß man einen Fürsten irgend Etwas fragt, da er vielleicht nicht antworten kann oder will, sondern Lorle sprach hier geradezu Etwas aus, was man selbst in den höchsten Kreisen nur mit den vorsichtigsten diplomatischen Umschweifen zu berühren wagte, weil ein Korb in der Schwebe hing.
    Der Prinz aber erwiderte: »Es kann wohl sein; wenn ich eine so nette, liebe Frau bekommen könnte, wie Sie sind.«
    »Das ist Nichts,« entgegnete Lorle, »das schickt sich nicht; mit einer verheiratheten Frau darf man keine so Späß machen. Ich weiß aber wohl, die großen Herren machen gern Spaß und Flattusen.«
    Schließlich beging nun Lorle den ärgsten Verstoß, denn sie verabschiedete sich, indem sie sagte: »Jetzt b'hüt' Gott den Herr Prinz Hoheit, und er wird auch zu schaffen haben.«
    Eben als sie die Hand zum Abschied reichte, kam der Adjutant mit der Meldung, daß die Revue beginne; der Prinz und Reinhard geleiteten Lorle bis an die Thür.
    »Herr Professor!« rief Ersterer noch. Reinhard kehrte um und stand wie elektrisirt, als müßte jeder Nerv zuhören; der Prinz fuhr fort: »Kennen Sie den köstlichsten Kunstschatz, den wir auf der Gallerie haben?«
    »Welchen meinen Königliche Hoheit?«
    »Ihr Naturschatz ist der größte.«
    Dieses hohe Witzwort verbreitete sich durch den Mund des Adjutanten in »den höchsten Kreisen«, Lorle ward hierdurch einige Tage Gegenstand allgemeiner Besprechung.
    Die Audienz vollendete aber auf eigenthümliche Weise den innern Bruch zwischen Reinhard und dem Hofe; es kränkte ihn, daß man nach der Hofweise diesen Besuch zu einer abgemessenen Zwischenstunde der Unterhaltung angesetzt, während er für ihn und seine Frau die innersten Lebensfragen aufgeregt hatte. Dies gestand er sich offen, keineswegs aber das, wie er nicht die Kraft gehabt, sein häusliches Heiligthum dem Hofe zu entziehen.
    Bei Tische sagte Lorle: »Der Prinz ist doch lang' nicht so stolz wie unser Amtmann.«
    »Woher weißt du das? Du hast ihn ja gar nicht zu Wort kommen lassen.«
    »Es ist wahr, ich bin so in's Schwätzen 'neinkommen, ich hab' mich nachher auch darüber geärgert, aber es schad't doch nichts.«
    »Du mußt dich überhaupt mehr mäßigen.«
    »Ja, was soll ich denn machen?«
    »Nicht überall gleich den Sack umkehren, mit Kraut und Rüben.«
    Lorle war still, sie glaubte ihren Fehl genugsam eingestanden zu haben, den letzten Tadel meinte sie nicht zu verdienen, da sie mit dieser Allgemeinheit überhaupt nichts anzufangen wußte.
    Reinhard dagegen war voll Trauer, daß Lorle dieses Sichgehenlassen selbst fremden Menschen gegenüber nicht eindämmen konnte; es kam ihm jetzt vor, daß sie weit mehr geplaudert habe als eigentlich der Fall war; es ärgerte ihn, daß Jeder mit herablassendem Wohlwollen diese Naivität beschauen und vielleicht bespötteln könne. Er ahnte, daß dieses offene, rückhaltslos zutrauliche Wesen nothwendig der Dorfumgebung bedurfte, in der fast Niemand, mit dem man in Berührung tritt ein Fremder ist, wo die Thüren überall unverschlossen, wo man bei Nachbarn und im ganzen

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