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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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wirklich und wahrhaft an Hexen glaubt hat. Wie ein Blitz ist mir's da in's Herz geschlagen: also so? Euer Sach' ist auch nicht unfehlbar? Ihr könnet auch den letzen (falschen) Weg gehen und die Weihe und der heilig' Geist hilft nicht? ... Und da hab' ich dem Pfarrer gesagt, warum denn die Lüge von den Hexen und der Zauberei in der Bibel steht. Da hat er die Achseln zuckt und mir ein Pris' anboten, weißt, wie er oft than hat, wenn er nimmer hat reden dürfen. Er hat hernach wieder sein' alt' Sach vorbracht, ich soll das Bibellesen sein lassen, das pass' nicht für einen katholischen Christen, da kuspern die Lutherischen immer drin 'rum. Wie ich fortgeh', giebt er mir ein Buch mit zum Lesen. Da steht Alles drin. Der Hexenglaube ist ein Bestandvieh, das der alt' Moses aus Aegyptenland bei uns eingestellt hat und wir müssen Kälber davon ziehen, oder aber es mästen mit dem besten Futter von unseren Matten. Die Lügengeschicht' von den Hexen ist uns von den Juden und aus der Heidenzeit verblieben. Der Doktor Luther hat dem Teufel auch nicht den Genickfang geben, er hat ihm nur das Tintenfaß an den Kopf geschmissen und er ist schon vorher schwarz. Guck, und weil ich jetzt gewußt hab', daß es keine Hexen und keinen Teufel giebt, da ist Alles bei mir zusammengepoltert, grad wie wenn man bei einem alten Haus auf der einen Seite eine Wand einreißt und auf der andern fällt's von selber ein.«
    »Was hast du denn aber mit dem Thomasius?«
    »Ja, der Mann hat dem Faß den Boden ausgeschlagen. Jetzt horch. Von all den tausend und aber tausend Geistlichen ist Keiner dem Lügenwesen vom Teufel und Hexen auf den Leib gangen, Narr, es steht ja in der Bibel und sie brauchen's zum Pelzmärte, der Thomasius allein hat die Sach am rechten Zipfel gefaßt. Die Geistlichen sind immer mit gangen, wenn man so eine arme alte Frau verbrannt hat und haben noch betet aus ihrer Bibel und aus Anderem. Ich hab' dem alten Pfarrer offen bestanden, daß Vieles bei mir nichts mehr gilt, da hat er nur so geschmunzelt und hat gesagt: das sei schon lang und wird immer so sein, daß die Gescheiten auf Vieles nichts mehr halten, aber der große Haufe, das Volk kann nicht davon lassen. Was meinst, wie mich das grimmt hat? Jetzt wenn ich nicht von selber drauf kommen wär', so stecket' ich auch noch im großen Haufen? Eure verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist's, ihr Geistlichen, daß Keiner in der Geschichte stecken bleibt und an Teufel und Hexen glaubt, die es gar nicht giebt. Da predigen und lehren sie das ganze Jahr Sachen, von denen sie so wenig wissen wie wir, da stopfen sie die Kinder voll mit Zeugs – ich möcht' oft die Wänd' 'nauf, wenn ich hör', was mein Victor Tag für Tag auswendig lernen muß – und wenn sich das hernach in den Gedanken verhärtet und verbuttet, da schreien sie: Man darf dem Volk nicht an seinem alten Glauben anrühren. Ja wer hat ihn denn hineingepflanzt? ... Das Volk! das Volk! Weißt denn, wer das Volk ist? Wenn ich das Wort hör', geht mir allemal die Gall' über. Wer halt nicht mit regiert, geistlich oder weltlich, der ist Volk.
    Der neue Pfarrer ist doch gewiß mein Mann nicht, aber das hat er Recht: was die Herren nimmer mögen, das sollen wir, das soll das Volk auffressen. Aber es ist grad das Gegentheil von dem was er gesagt hat: die Aufklärung ist's nicht, hingegen aber der Lutschebrei.
    Aber die Bibel? das Wort Gottes? Es steht die Geschicht' von den Hexen und dem Teufel und der Zauberei drin – ich will nichts von der Bibel. Guck, noch jetzt wenn ich das sag', ist mir's, wie wenn ich einen Stich mitten durch den Leib bekäm', aber es geht nicht anders. Dazumal bin ich dir Tage und Wochen herumgelaufen, wie wenn mir Einer das Hirn aus dem Kopf genommen hätt'! Es nützt aber Alles nichts, in die Bibel hinein kriegt man mich nimmer.«
    »Ja, Luzian,« schaltete Wendel ein, »ich seh's wohl, du bist weit ab vom Fahrweg.«
    »Freilich, aber ich hab' doch ganz allein den Weg zu unserem Herrgott gefunden, ganz allein, ohne Pfaff. Ich werd' die Nacht nie vergessen, es ist mir wie wenn's heut wär'! Ich bin im Spätjahr in G. und mach' mit dem R. einen Bretterhandel ab, du kennst ihn ja, er ist ein gescheiter Mann, er kämmt sich seinen borstigen Backenbart allfort mit einem Weiberkämmle und macht viel Späß', er ist auch beim Landtag. Wie wir nun beim Weinkauf sitzen, geht mir das Herz auf, und ich klag' ihm mein' Noth; da lacht er, daß er sich am Tisch heben muß und die Butellen mit wackeln. Ich mag's

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