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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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daß Ihr zum Theil ein priesterlich Opfer bringen könnt. Ihr müßt Euer Herz tödten dem Herrn, auf daß es in ihm auflebe. Oder wollt Ihr mit Eurem Vater zur Hölle fahren und Euer unschuldig Kind mitreißen? Nicht ruhen und nicht rasten dürft Ihr, bis Ihr seinen stolzen Sinn demüthig macht. Das sag' ich Euch,« rief der Pfarrer aufstehend und streckte seine Hand aus wie ein strafender Prophet, »die erste Strafe, die der Herr über Euren gottlosen Vater verhängt, ist die, daß sich sein eigen Kind wider ihn empören muß. Ihr seid das auserlesene Werkzeug des Herrn. Das wird ihm auf dem Herzen brennen, Ihr müßt ...«
    Der Pfarrer konnte seine Rede nicht vollenden, denn eine gewaltige Faust drückte ihm die Gurgel zu.
    Mit der Schnelle eines Habichts, der auf seine Beute schießt, war Luzian herbeigesprungen und warf den Pfarrer über die Sägeklötze hin, daß es knackte.
    »Ich will dich ... ich muß auch ... ich hab' auch den Arm des Herrn,« unter diesem Ausrufe schlug er auf den Geistlichen los, daß ihm das Blut aus Mund und Nase rann.
    Egidi suchte abzuwehren, aber es gelang ihm nicht, den riesenstarken Luzian loszubrechen. Der Pfarrer spie diesem das Blut in's Gesicht, er biß sich mit den Zähnen in seinen Arm ein, doch Luzian rief: »Spei nur Gift, beiß nur, ich will dir den Wolfszahn ausreißen.«
    Egidi schrie um Hülfe und riß endlich den Vater von seiner Beute los. Luzian wandte sich um und schlug Egidi auf die Brust, daß er taumelnd zurückstürzte.
    Unterdeß richtete sich der Pfarrer auf, er war kein Schwächling; er faßte Luzian im Nacken und warf ihn nieder, daß es dröhnte, fast wie wenn man einen Baum fällt. Jetzt knieete der Pfarrer auf den Gefallenen und während er ihn heimlich mit Füßen trat und ihm die Augenwimpern ausraufte, rief er laut, daß es im Walde widerhallte und das Gebell der Hunde im Hofe übertönte: »Thue Buße, ich will dir vergeben; ich vergelte dir nicht, kein Schlag soll dich treffen.«
    Die Frau Egidi's schrie Feuerjo zum Fenster heraus, die Mühlknechte eilten herbei, sie folgte ihnen. Ueberdieß hatte sich Luzian wieder befreit, und ein gewaltiges Ringen zwischen ihm und dem Pfarrer hatte begonnen.
    »Mein Egidi ist todt!« schrie plötzlich die Frau und sank neben ihrem Mann nieder. Das war ein Schrei, der die Bäume im Wald erschüttern konnte.
    Luzian ließ ab vom Ringen, kniete neben seinem Sohn nieder und schrie: »Mein Kind! Mein Kind! Pfaff, da hast dein Opfer.«
    »Und du bist der Mörder,« entgegnete der Pfarrer.
    Luzian schnellte wieder empor, zückte sein Seitenmesser, faßte den Pfarrer und rief: »Wenn ich geköpft werden soll, will ich's wegen deiner, du ...«
    Man riß ihn mit unsäglicher Mühe los.
    Die Frau lag über ihren Mann hingebeugt, das stille Thal tönt wieder von ihrem Jammern und Klagen.
    Egidi wurde in's Haus getragen, und als man ihm dort das Weihwasser das neben der Thürpfoste hing über das Gesicht schüttete, schlug er die Augen auf. Kaum hatte Luzian dies gesehen, als er wiederum den Pfarrer ergriff und mit den Worten: »'naus mit dir!« ihn aus der Stube drängte.
    Das war eine traurige Nacht hier in der Waldmühle. Egidi gelangte bald wieder zu vollem Bewußtsein, und als er dann ruhig einschlummerte, ließ Luzian nicht nach bis Alles schlafen ging, er selber aber wachte am Bett seines Kindes, dessen Stirn und Hände er oft befühlte. So saß er und starrte unverwandt hinein in das matt flackernde Licht, bis dieses endlich verlosch. Er sah dem Absterben des Lichtes zu, obgleich das für todesgefährlich gilt.
    Mit dem Verlöschen des Lichtes erwachte Egidi plötzlich, und hier in stiller Nacht, wo der Mond sein fahles Licht in die Stube warf, besprachen sich Vater und Sohn, daß Niemand mehr wußte, wer eigentlich den Andern beleidigt hatte. Egidi wollte mit aller Macht seinen Vater bekehren, aber es gelang nicht, und Luzian versprach, nicht den leisesten Groll gegen ihn zu hegen, wenn er das thue was aus ihm selber käme, aber nicht was der Pfarrer ihm einimpfe. Luzians einziger Wunsch war, daß er den Victor wieder bekäme; er und die Ahne könnten nicht ohne das Kind leben, er wollte es gerichtlich adoptiren. Egidi schien hingegen hartnäckig, jedoch nur so, daß er nicht ausdrücklich willfahrte; was etwa geschehen werde, das konnte er nicht hindern.
    Gegen Morgen kam eilig eine alte Magd des Hauses und verkündete, die Frau sei durch den nächtigen Schreck so, daß man bald der Wehmutter bedürfe. Egidi sprang

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