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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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auf, wo er scherzend und lachend saß. Die Leutseligkeit und frohe Laune des lustigen Bruders hatte ihn auf allen umliegenden Dörfern beliebt gemacht. Auf der Universität war der forsche Studio als der große Baribal hoch berühmt und angesehen, ein Meister auf der Mensur und in der Kneipe. Er behielt sich auch diese Würde fast über das doppelte Quadriennium hinaus. Endlich, als das ganze Vermögen verstudirt war, ließ sich der Mensurheld zum Examen einpauken, und halb aus wirklichem Glück, halb aus Rücksicht der Professoren, die ihn endlich von der Universität los sein wollten, bestand er das Examen. Er ließ sich nun in G. als praktischer Arzt nieder, erhielt bald darauf die Stelle eines Unteramtschirurgus und befleißigte sich hauptsächlich der Dorfpraxis. Eine gewisse Geschicklichkeit in der Operation, wozu ihn besonders sein Muth und eine handliche Fertigkeit befähigten, war ihm nicht abzusprechen; er traute daher auch nur dem operativen Theile seines Berufes, von der neuen Errungenschaft der innern Heilkunde besaß er als wesentliches Ergebniß nur die Skepsis. Das praktische Leben faßte er oft wie die Fortsetzung einer ulkigen Studentensuite. Reiten und Fahren, seine alte Liebhaberei, war jetzt ein Theil seines Berufes; das ging nun hin und her über Berg und Thal, und die Welt ist so weise eingerichtet, daß es auch in dem kleinsten Dorfe, wo die Füchse einander gut' Nacht sagen, nicht an einem kühlen Trunk Wein fehlt, der spricht da mit demselben Geiste wie in der Gesellschaft aller Weltweisen. Wenn unser Doctor noch so lange bei'm Glas gesessen, hielt er sich doch immer fest zu Pferde wie eine Katze, ja die Leute behaupteten, er sei von Nachmittag an, das heißt, wenn er schon ein bischen angerissen war, noch weit gescheiter und geschickter als Arzt. Er trank unabänderlich nur halbe Schöppchen, damit der Wein allzeit frisch vom Fasse komme. War das Fläschchen leer, schlug er es mit einem Daktylus auf den Tisch, und die Wirthe in der ganzen Umgegend kannten dieses Zeichen zum Auffüllen. Im Sommer gab es da und dort topfebene Kegelbahnen, wo unser Arzt hemdärmelig mit einigen Pfarrern und sonstigen Honoratioren der edeln Kegelkunst oblag. Mit allen Menschen jeglichen Standes war er im besten Einvernehmen, und man nannte ihn allgemein einen braven Kerl, denn er war gleich liebreich und unverdrossen gegen Hülfesuchende, Arme wie Reiche. Er, der als Studio über alle Schranken der bürgerlichen Einpfählung sich hinweggesetzt, hatte sich damit auch, wie man sagt', ausgetobt; er vertrug sich jetzt mit allem Bestehenden und dessen Vertretern. Stimmte er auch manchmal mit ein in scharfen Tadel über diese oder jene Staatseinrichtung, so galt ihm das mehr zur Uebung seines Witzes und zur Verwendung eines Kraftausdruckes aus Olims Zeiten. Er war mit allen Beamten in dem Städtchen smollis, und stand mit allen Pfarrern des Oberamts auf gutem Fuß. Viermal des Jahrs communicirte er, wie sich gebührt, und verließ am Abend vorher schon Punkt zehn Uhr das Wirthshaus.

    So fehlte dem Doctor zu einem gemachten Manne weiter nichts als eine Frau, und in der That suchte er auch eine solche, aber sie mußte reich sein, mindestens so reich, daß man fortan bequem zweispännig leben konnte.
    Kluge Leute behaupteten, er habe es auf Luzians Bäbi abgesehen, und diese Annahme war nicht ohne Grund. Er war weit davon entfernt, daß ihm die Bildungsstufe Bäbi's als ein Hinderniß erschien; er verlangte von einer Frau weiter nichts, als daß sie eine gesunde Mutter, eine tüchtige Wirthschafterin sei, und ein erkleckliches Einbringen habe.
    Luzian mit seinem heftigen Eifer für Umgestaltung des Lebens war ihm eine anziehende Erscheinung, und dem Bauersmann gegenüber hatte er wissenschaftliche Fettbrocken genug, um seinen einfachen Verstand damit zu spicken und so sich in Geltung zu setzen. Die Ahne, die er stets mit Heirathsanträgen neckte, war ihm von Herzen gut; so oft er kam, sie hatte ihm stets etwas über ihr Befinden zu klagen und zu befragen, er hörte es geduldig an und half ab. Ganz glücklich machte er sie einst, als er ihr das Bildniß Kaiser Joseph's unter Glas und Rahmen überbrachte.
    Paule allein wußte es, daß der Doctor auf einen förmlichen Heirathsantrag eine abschlägige Antwort von Bäbi erhalten hatte. Als sie Braut geworden, unterließ er seine Besuche dennoch nicht; vielleicht wollte er damit seine frühere regelmäßige Einkehr verdecken. Bäbi ging ihm stets aus dem Wege, sie meinte, er

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