Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Kathrin' brummen, und es riecht in der Luft so gräulich.«
Diethelm erwiderte Nichts.
Als man Buchenberg nahe war, schrie der Vetter: »Herr im Himmel, Euer Haus brennt,« aber Diethelm hörte es nicht und mit Mühe erweckte ihn der Vetter mit Schneereiben aus dem Schlage, der ihn getroffen zu haben schien.
Sechzehntes Kapitel.
Lautlos und regungslos, weiß überschneit, stand die Menschenmasse am Berge versammelt, und wie sie vom rothen Gluthschein übergossen war, erschien sie wie von einem Zauber festgebannt. Keine Menschenstimme ward hörbar, nur vom Thurme dröhnte die Sturm- und Sterbeglocke, die sogenannte alte Kathrin', und aus der Flamme, die breit und still, von keinem Winde bewegt, hochauf schlug, tönte ein tausendstimmiges Wehklagen, so dumpf und tief und wiederum so gräßlich röchelnd, als hätten die auflodernden Flammenzungen markerschütternde Stimmen gewonnen, und über der Flamme glitzerte der fallende Schnee und verdampfte in seltsame Luftgebilde.
»Zu Hülfe! Rettet! Rettet!« schrie Diethelm vom Schlitten springend, »was steht ihr so müßig da? Rettet!«
Wie aus dem Zauberbann erlöst, wendeten sich Alle plötzlich nach ihm und umringten ihn.
»Es ist Nichts zu helfen,« sagte der Schmied, »dein Haus ist an allen vier Ecken angegangen eh' man's gewußt hat, und kein Mensch als dein Medard hat die Kloben aus der Spritze da 'rausgenommen. Wir können Nichts machen.«
»Wo ist der Medard?« fragte Diethelm.
»Das weiß kein Mensch, er hat sich heut vor Niemand sehen lassen, der hat gewiß angezündet und ist vielleicht im Haus verbrannt; die wo zuerst kommen sind, sagen, sie hätten ihn schreien gehört.«
»Rettet! Rettet!« schrie Diethelm und eilte nach dem Hause, aber von dorther kam eine Rachegestalt mit weißen Locken und zerfetzten Kleidern und warf sich auf Diethelm und wollte ihn erdrosseln.
»Mordbrenner! Mordbrenner!« kreischte der alte Schäferle mit schäumendem Munde, »wo hast du mein Kind? Wo? Gieb mir mein Kind. Mordbrenner! Mein Kind! Mein gutes, braves Kind!«
Mit Gewalt wurde der rasende alte Mann von Diethelm losgerissen, er hatte mehr als jugendliche Manneskraft und hielt Diethelm wie mit eisernen Banden umklammert, und Diethelm ächzte laut auf, denn der Schäferle hatte ihn gerade an der Armwunde gefaßt, und als fräßen sich tausend schneidende Spitzen durch Mark und Knochen ein, so schmerzte bei der Berührung der Vaterhand der vom Sohne eingepreßte Biß. Das Blut rann Diethelm von der Hand herab, als er losgemacht war, er taumelte halb besinnungslos umher, aber der Vetter stand ihm getreulich bei. Jetzt hörte man deutlich, woher das Wehklagen kam: die Schafe im Stall, dessen Eingangswand bereits in Flammen stand, blökten so schmerzvoll klagend, daß es das Herz im Leibe erschütterte, es war nicht anzuhören. Diethelm brachte es mit dem Vetter und dem Schmiede dahin, daß sie eine Feuerwand einbrachen um durch die Oeffnung die Schafe zu retten, und so viel auch die Umstehenden abwehrten, Diethelm konnte es nicht ertragen, daß auf Einmal so viel Leben und sei es auch nur das der Thiere, draufging. Er drang selber durch die eingerissene Wand ein: wie in einen Knollen zusammengepreßt standen die Thiere, und von denen, die der Flamme nahe waren, sprang bald eines, bald das andere wie aufgeschnellt mitten in die Flamme hinein, that noch einen jämmerlichen Schrei und die Unversehrten blökten vor sich nieder. Mit Gewalt drängte sich Diethelm in die Mitte der Thiere und suchte sie hinauszutreiben, aber sie preßten sich immer wieder zusammen und plötzlich fiel er nieder, und die Thiere standen auf ihm und um ihn und mit halb ersticktem Schrei konnte er nur noch um Hülfe rufen. Es gelang dem Vetter ihn zu retten, und bewußtlos, aus unsichtbaren Wunden blutend, wurde Diethelm nach dem Dorfe in das Waldhorn getragen, während gerade das Haus zusammenkrachte und der Dachstuhl in die Umfassungsmauern stürzte. Ein unerträglicher Geruch benahm allen Menschen fast den Athem, so daß keiner ein Wort sprach. Nur der alte Schäferle rief dem Davongetragenen nach: »Mordbrenner! du darfst nicht sterben. Du mußt noch am Galgen verfaulen.«
Er wurde erst ruhiger, als eben Frau Martha kam ....
Es war Tag, als Diethelm erwachte, und vor ihm stand seine Frau und hob die gefalteten Hände zum Himmel, als er die Augen aufschlug.
»Du da?« frug Diethelm, »ist sie todt?«
»Ach Gott, ja, und sie hat noch im Sterben das Unglück gesehen.«
»Wer hat mir
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