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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Gesichte Diethelms wollte sich's regen, aber er beherrschte seine Züge, er sah gewaltsam starr drein und kein Nerv bebte.
    »Sagt, was Ihr habt?« ließ sich Diethelm nach einer lautlosen Pause vernehmen, in der man nichts als das Winseln von Medards Schäferhund vor der Thüre vernahm.
    »Das ist meine Sache,« fiel der Amtmann ein, und oft von Weinen und Schluchzen unterbrochen erklärte der alte Schäferle, wie sein Medard ihm schon im Herbst gesagt habe, der Diethelm habe nur eingekauft und versichert um anzuzünden, er habe sichere Anzeichen davon; wie der alte Mann jetzt klagte, daß er nicht einmal die Leiche seines Sohnes habe, um sie zu bestatten, fuhr sich Mancher mit der Hand über das Gesicht; auch Diethelm wischte sich die Augen. Als aber der alte Schäferle schloß:
    »Wenn der Hund da draußen reden könnte, der wüßte mehr was vorgegangen ist,« da spielte ein Lächeln auf dem Antlitze Diethelms. Wieder entstand eine Pause, in der man nichts als das Federkritzeln des Protokollanten und das Winseln des Hundes hörte.
    »Soll ich was drauf antworten?« fragte Diethelm in höflich stolzer Weise den Amtmann, und dieser erklärte, daß er vorerst gar nichts zu sagen habe. Der Schäferle erwähnte nun noch, daß ihm Diethelm beim Wegfahren einen Knaben geschickt habe, mit der Weisung, er habe Medard über Feld geschickt und der Vater möge ihn nicht besuchen, während Diethelm doch beim Bahnschlitten gesagt habe, Medard müsse zu Hause bleiben.
    Alle Zuhörer in der Stube nickten einander zu, und deuteten sich mit den Fingern, wie wichtig das sei.
    »Soll ich darauf auch nichts sagen?« fragte Diethelm, den Kopf zurückwerfend, »man soll den Buben holen lassen, er soll sagen, was ich ihm aufgetragen hab', und da mein Vetter war bei mir im Schlitten, der hat Alles gehört.«
    »Ich hab' nichts gehört,« platzte der Vetter heraus.
    »Ruhe!« gebot der Amtmann, »ich weiß schon selbst, wen ich zu verhören habe.«
    Er verkündete nun Diethelm, daß er verhaftet sei und nach der Stadt abgeführt werde.
    »Gut,« sagte Diethelm aufstehend, »darf ich in meinem Fuhrwerk fahren? Ich hab' einen bösen Arm.«
    Der Amtmann bewilligte dieses und jetzt trat Martha vor, die Allem still zugehört hatte und sagte:
    »Ich weiß von Allem so gut wie mein Mann, ich will mit in den Thurm, ich bleib' bei dir, Diethelm. Wir sind von Gott zusammen gegeben, kein Mensch kann dich von mir trennen.«
    Jetzt erst sah Diethelm tief traurig drein wie seine Frau seine Hand faßte. Eine tiefe Bewegung bemächtigte sich Aller, und der Amtmann erklärte, daß Martha nicht bei ihrem Manne bleiben, daß sie aber mit ihm selbst nachfahren könne, da man ihrer nur als Zeugin bedürfe.
    Als Diethelm von dem Landjäger abgeführt wurde, legte er an der Thüre die Hand auf die Schulter des Schäferle, sah ihn durchbohrend an und sagte:
    »Du bist ein Vater, ich nehm' dir's nicht übel was du thust, aber du wirst's bereuen, was du an mir gethan. Wenn ich mit meinem halben Leben deinen Medard wieder aufwecken könnte, ich thät's; und da schwör' ich's vor allen Leuten, ich laß dir's nicht entgelten, ich will dir helfen wo ich kann, du hast ja deinen Sohn verloren und du könntest ja mein Vater sein, ich will mich dünken lassen, mein Vater lebt noch einmal.«
    »Friedle, was hast du an uns than?« klagte die Frau, und der Schäferle weinte, man sah es ihm an, wie weh es ihm that ob dem, was er angerichtet, zumal um den Schmerz der Frau Martha.
    Selbst der Landjäger behandelte Diethelm mit Freundlichkeit und redete ihm Trost zu, daß Alles bald wieder aus sei.
    Als Diethelm an dem Berg vorüberfuhr, auf dem nur noch ein Schutthaufen rauchte, stieß er einen Schmerzensschrei aus; dann schloß er die Augen wie zum Schlafe, aber seine Lippen bewegten sich stets, als spräche er: in der That stand er auch in Gedanken dem Untersuchungsrichter Red' und Antwort und manchmal zuckte etwas wie ein Lächeln um seine Mundwinkel, wenn ihm eines der Beweismittel einfiel, das jeden Verdacht abwälzen mußte. Der Landjäger schaute oft verwundert in das Antlitz des Schlafenden, der nach so grauenvollen Ereignissen unter peinlicher Anklage so ruhig träumte. Als man der Stadt nahe war, schlug der Landjäger den Mantelkragen Diethelms höher hinauf, setzte ihm die Pelzmütze tiefer in's Gesicht und Diethelm dankte herzlich für die gutmüthige Vorsorge des gegen Mitleid abgehärteten Landjägers. Erst am Gefängnißthore öffnete er die Augen, und jetzt erst

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