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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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meinen Arm verbunden? Bist du schon lang da? Hab' ich im Schlaf was geredet?« frug Diethelm wieder in fast zornigem Tone.
    »Der Doctor ist mit mir herüber vom Kohlenhof, und der hat dir deinen Arm verbunden. Du bist von einem Schaf gebissen, ich bin grad kommen, wie sie dich fortgetragen haben. Du hast nichts im Schlaf geredet, als ein paarmal Medard gerufen.«
    »Weiß man nichts vom Medard?«
    »Ach lieber Gott, nein, der ist gewiß verbrannt.«
    Diethelm schloß noch einmal die Augen und schärfte still die Lippen, dann begehrte er aufzustehen, er sei wohl und müsse nach dem Schutthaufen sehen. Die Frau suchte ihm einzureden, daß er noch krank sei, und als er dies streng abwehrte, erklärte sie ihm, daß er dann vielleicht verhaftet und nach der Stadt abgeführt würde.
    »Ist mir recht,« sagte Diethelm trotzig, »dann nimmt die Geschichte bald ein Ende. Sie können mir nichts thun. Wer klagt mich an?«
    »Der alt' Schäferle.«
    »Da hilft kein' Sympathie.«
    »Wie ich hör',« sagte die Frau zögernd, »will auch die Brandversicherung dich anklagen.«
    »Ho ho!« lachte Diethelm, »denen will ich's schon zeigen, die müssen mir blechen. Ich steh' auf, ich bin hechtgesund.«
    Trotz aller Widerrede vollführte Diethelm seinen Ausspruch und zankte mit seiner Frau, daß sie so eine herzbrechende Miene mache. Erst als sie mit halbunterdrücktem Weinen sagte, sie habe ja auch gestern ihr Kind verloren, erwiderte er:
    »Ja ja, das ist wahr. Zum Teufel, daß ich das auch immer vergeß. Ich will gleich einen Boten an die Fränz schicken, sie muß heimkommen.«
    Martha stand am Fenster und weinte in den schneeigen Tag hinaus. Erst als Diethelm leise vor sich hinpfiff, wendete sie sich um und sagte:
    »Um Gotteswillen, Diethelm, was machst? Wie kannst du nur auch so sein? Was müssen die Menschen von dir denken, wenn du nach so einem Fall jetzt gar noch lustig thust?«
    »Hast Recht, hast Recht, red' weiter nichts, hast Recht,« sagte Diethelm hastig. Er erkannte schnell, daß seine Frau ihn auf das Entsprechende hinwies; allzuviel Gleichmuth war wiederum verdächtig.
    Eine gewaltige Veränderung war in Diethelm vorgegangen. Nun die That geschehen war, mit all' ihrem Schrecken, galt es mit gefestetem Muthe ihr Stand zu halten. Er verbannte alle Weichherzigkeit und als er vor dem kleinen Spiegel stand und sein flockseidenes Halstuch umthat, hielt er die Zipfel desselben eine Weile ruhig in der Hand und betrachtete die stolzsichere Miene, die er allen Vorkommnissen gegenüber bewahren wollte.
    In der Wirthsstube, wo der junge Amtsverweser mit seinem Actuar und zwei Landjägern und noch Viele aus dem Dorf sich befanden, schaute Alles verwundert auf, als Diethelm freundlich grüßend und mit dem Ausspruche eines schmerzlichen Bedauerns eintrat. Diethelm wollte dem Amtmann, mit dem er am Markttag an Einem Tische gesessen, die Hand reichen, aber der Amtmann wußte gewandt seine Hände mit einem großen vor ihm liegenden Bogen zu beschäftigen, und Diethelm zuckte mit den Achseln, als er die dargebotene Hand leer wieder zurückziehen mußte.
    »Ihr seid gekommen,« nahm Diethelm das Wort, »um mein Unglück in gerichtlichen Augenschein zu nehmen. Helfet nur auch untersuchen, wie das Feuer ausgekommen. Es ist leider nichts gerettet.«
    Der Amtmann erklärte, daß Alles das späteren Verhandlungen vorbehalten bleibe; er schickte einen Landjäger nach dem alten Schäferle und ersuchte die Anwesenden, außer dem Schultheißen, das Zimmer zu verlassen.
    »Ich hätt' eine Bitt', die Ihr mir wohl willfahren könnet, wenn's nicht gegen das Recht ist,« sagte Diethelm mit ruhiger und doch weicher Stimme, »ich möcht', daß meine Mitbürger mit anhören dürften, worauf ich angeklagt bin. Das öffentliche Gericht, das uns versprochen worden, ist noch nicht eingesetzt; drum möcht' ich bitten, wenn's möglich wär', daß Alle da blieben.«
    Der Amtmann willfahrte mit der Bemerkung, daß nur ein vorläufiges Protokoll aufgenommen werde. Ein Jeder suchte sich nun einen guten Platz, und Mancher sagte leise zu seinem Nachbar, wie der und jener sich ärgern werde, daß er nicht auch dabei sei und das mit anhören könne.
    Der alte Schäferle trat ein, bleich, mit weißen Haaren und eingefallenen Wangen, eine bejammernswerte Gestalt. Alle Blicke waren auf Diethelm gerichtet, und dieser wußte, daß dies geschah; mit ruhigem Auge betrachtete er den Mann, in der Wunde am Arme zuckten Pulse, als spürten sie die Nähe des Rächers; in dem

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