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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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gebot Diethelm ruhig auf seinem Stuhl zu bleiben und sein Handfuchteln zu lassen.
    Sich am Stuhle aufrichtend setzte sich Diethelm auf denselben und athmete laut.
    »Warum seid Ihr wegen der Kerze so erschrocken?« fragte der Richter nochmals, rasch und nahe auf Diethelm zutretend und die Hand gegen ihn ausstreckend.
    »Nur gemach, nur gemach,« wehrte Diethelm ab, »sind Sie vielleicht feuerfest, Herr Amtsverweser? Thut's Ihnen nicht weh, wenn Ihnen ein Licht in's Gesicht brennt und noch dazu den Tag nachdem so ein Unglück über Sie kommen ist, und man jedem Licht bös ist, weil es so was anrichten kann? Sie können, nein, beim Teufel, Sie müssen mich frei sprechen, Herr Amtsverweser, aber die Schande, daß ich eingesperrt gewesen bin, ich, der Diethelm von Buchenberg, und die Qualen, die man mir anthut, die könnet Ihr mir nicht wieder gut machen. Mich tröstet nur Eins: ich bin zu stolz gewesen, ich hab' mir auf meinen Ehrennamen vielleicht zu viel eingebildet, ich hab' gedemüthigt werden müssen; aber so viel weiß ich, so gut gegen die Menschen bin ich nicht mehr, wie ich gewesen bin. Fraget in Letzweiler nach mir, fraget überall nach mir, und man wird Euch sagen, wer der Diethelm ist. Ich soll geholfen haben anzünden? Ja, das Beste vergess' ich ja. Der Kastenverwalter da, und der Sonnenwirth und der Kaufmann Gäbler, die können mir Alle bezeugen, daß sie mich überredet haben zu versichern, ich hab' nicht gewollt. Thut das ein Brandstifter? Thut das ein Mordbrenner?«
    »Sprecht nur leiser,« ermahnte der Richter, und Diethelm fuhr fort:
    »Sie haben Recht, ja, aber ich möcht' laut schreien, daß es die ganze Welt hört, was man an mir thut. Jetzt will ich aber nicht mehr reden. Fragen Sie noch, was Sie zu fragen haben.«
    Der Richter stellte fast nur noch der Form wegen einige Nachforschungen an, dann fragte er Diethelm zuletzt, ob er in Bezug auf seine Haft noch etwas zu wünschen oder zu klagen habe. Diethelm erwiderte, daß er den Advokat Rothmann sich zum Rechtsbeistande nehmen wolle. Als der Richter hierauf entgegnete, daß dieser im Auftrage der Fahrnißversicherung sein Ankläger sei, schloß Diethelm:
    »Dann will ich gar keinen Advokaten. Ich hab' aber noch eine Bitt', ich schäm' mich fast sie zu sagen; man hat mir die Hosenträger genommen, damit ich mich nicht dran aufhänge, und ohne die Hosenträger ist mir's immer, als ob mir der Leib aus einander fallen thät.«
    Der Richter klingelte dem Amtsdiener und befahl ihm, das Gewünschte Diethelm wieder zurück zu geben. Der Amtsdiener meldete leise etwas und der Richter sagte:
    »Diethelm, Ihr könnt Eure Frau und Eure Tochter sehen, wenn Ihr versprecht, nichts von Eurer Anklage mit ihnen zu reden.«
    Diethelm versprach und blieb auf dem Stuhl sitzen. Mit scheuen Bücklingen trat Martha ein, Fränz aber drang ihr vorauf und streckte dem Vater beide Hände entgegen. Diethelm schüttelte sie wacker und reichte dann die andere Hand seiner Frau, die er aber bald zurückzog, um sich eine Thräne abzutrocknen. Fränz berichtete, daß sie mit der Mutter in der Post wohne. Der Richter befahl, daß Diethelm abgeführt werde. Er sprach kein Wort mit den Seinigen und ging von dannen.
    Der Richter sagte nun Martha, daß er sie auch gleich verhören wolle, da sie nun da sei; er bot ihr den Stuhl an, den Diethelm so eben verlassen, sie setzte sich und legte die Hände in einander. Sie bat, ob nicht ihre Fränz bei ihr bleiben dürfe, der Richter verneinte dies mit Bedauern, Fränz könne indeß im Vorzimmer warten.
    Martha preßte die gefalteten Hände wie zu einem Dankgebet zusammen, als ihr der Amtmann die schönmenschliche Gesetzesbestimmung erklärte, daß ein Angehöriger keinen Zeugeneid zu leisten habe, und es überhaupt seinem Belieben anheimgestellt sei, Zeugniß abzulegen oder zu verweigern. Martha erklärte sich für Ersteres, theils in der Hoffnung, ihrem Manne zu nützen, theils auch, weil sie den Muth nicht hatte, ohne Red und Antwort das bestellte Gericht zu verlassen.
    Martha war so offenbar ein Bild des aufrichtigen Jammers, daß der Richter sie nicht mit verwickelten Fragen quälen wollte. Sie konnte mit Fug betheuern, daß sie von der Handelschaft ihres Mannes fast gar keine Einsicht hatte, und als auf ihren Ehezwist wegen der Großthuerei und Verschwendung Diethelms die Rede kam, glaubte sie, daß Gott es ihr verzeihen müsse, wenn sie das nicht unter die Welt kommen lasse; sie bestritt daher jeden ehelichen Zwist und lobte ihren Mann

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