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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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sagen, daß er seinen Vater wohl gekannt habe, aber der Landjäger wendete sich ab und winkte ihm mit der Hand, nichts zu reden. So saß denn der Angeklagte, die Hände gefaltet, stumm vor sich niederschauend. Endlich näherten sich Schritte aus der Nebenstube, der Amtsverweser und der Actuar traten ein, ihnen folgten die beiden Gerichtsschöppen, und diese waren Niemand anders als der alte Sternenwirth und der pensionirte Kastenverwalter. Diethelm war aufgestanden und sagte, mit dem Kopfe nickend: »Guten Abend.« Er erhielt keine Antwort; krampfhaft faßte er die Stuhllehne und seine Zähne klapperten, aber er biß sie aufeinander und als der Amtsverweser ihm mit den Worten zuwinkte: »Setzt Euch,« that er dieses, räusperte sich und rieb sich hastig die Hände. Nun begann ein kluges Verhör von Kreuz- und Querfragen, und Diethelm war es, als umgäben ihn von allen Seiten scharfe Schwertspitzen; aber er hielt sich ruhig, er antwortete ohne Hast, aber auch ohne Zögern, es war fast als ob er dem schreibenden Actuar Zeit lassen wolle, genau seine Worte aufzuzeichnen. Auf manche Fragen antwortete er sogar mit spaßigem und herausforderndem Lächeln, und die Anwesenheit des Kastenverwalters gab ihm den glücklichsten unvorhergesehenen Entlastungsbeweis an die Hand. Alles was er so klug vorher bedacht hatte, war minder durchschlagend als das, was ihm eine unbedachte Vergeßlichkeit in die Hand spielte; der Kastenverwalter mußte bezeugen, daß er Diethelm für sechshundert Gulden inländische Staatspapiere geliehen habe; diese nun nebst einem Hypothekenschein auf das Wirthshaus zum Waldhorn waren verbrannt.
    »Ich weiß wohl,« schloß Diethelm, »daß das Verbrennen der Hypotheke nichts schadet, sie ist im Hypothekenbuch eingetragen; aber die Staatspapiere sind verloren, und diese hätte ich doch gewiß leicht gerettet, wenn ich den schlechten Gedanken an Anzünden nur eine Minute gehabt hätte.«
    Als der Amtsverweser erklärte, daß man die Nummern der Staatspapiere, die der Kastenverwalter noch in seinem Buche verzeichnet hatte, in den Zeitungen bekannt machen und die etwaigen Besitzer bei Vermeidung der Amortisation auffordern werde, da sagte Diethelm:
    »Was das ist, ich weiß es nicht, ich frag' auch nicht darnach, es wird sich Alles zeigen; wie es scheint, glaubt man mir ja nicht mehr.« Und das, daß man ihm das Wahrhafte an seinen Angaben bezweifelte, gab ihm immer mehr den Muth, mit kecker, herausfordernder Zuversicht aufzutreten. Zuletzt faßte er seine Aussagen dahin zusammen, daß er mindestens zehn Stunden abwesend war, als der Brand ausbrach, daß er gerade jetzt in der besten Lage war, da er nicht nur einen schicklichen Verkauf machen konnte, sondern auch durch den Tod seiner Stieftochter ihm eine reiche Erbschaft in's Haus kam, er habe daher nach der Hauptstadt reisen wollen, um den Handel abzuschließen und seine Fränz heimzubringen, damit die Mutter in ihrem Schmerz doch auch ein Kind um sich habe. Dem Vorhalt, daß er über den Aufenthalt Medards widersprechende Aussagen gemacht und wohl mit ihm im Einverstande gewesen sei, setzte Diethelm die Betheuerung entgegen, daß er im Gegentheil dem Knaben gesagt habe, der alt' Schäferle möge zu seinem Sohn hinaufgehen, da er daheim bleiben müsse und an seinem Beinbruche leide. An dieser letzten neuen Zuthat fand der Richter eine Handhabe, um Diethelm noch eine geraume Weile hin und her zu zerren, aber Diethelm riß sich endlich gewaltsam los und sagte aufstehend mit mächtiger Zornesstimme:
    »Ein Ehrenmann wie ich, braucht sich eigentlich gar nicht zu vertheidigen. Ich bin seit fünfzehn Jahren Waisenpfleger und habe für die Waisen gesorgt wie ein Vater und nie auf meinen Vortheil gesehen –«
    Diethelm hielt plötzlich mit einem Schrei inne, denn von der Höhe senkte sich eine Flamme und brannte ihm in's Gesicht.
    »Was macht Ihr?« schrie er plötzlich laut auf und fuhr weit zurück, sank auf den Boden und starrte drein als sähe er ein Gespenst.
    »Was macht Ihr?« schrie er nochmals.
    Der Richter sprang schnell von seinem Stuhl auf, faßte Diethelm an der Schulter und fragte mit gebieterischem Tone:
    »Habt Ihr mit solch' einer Kerze das Haus angezündet?«
    »Ich weiß nicht, was Ihr wollt. Ist das erlaubt? Ich will das zu Protokoll genommen. Darf man mich brennen?« schrie Diethelm sich aufrichtend.
    Der Richter befahl dem Kanzleidiener die Kerze, die Diethelm beim raschen Aufstehen von dem Wandleuchter gestoßen, wieder aufzustecken, und

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