Schwarzwaelder Dorfgeschichten
müsse ihr das Geld wieder geben, das er ohne zu wissen bei ihrer Abreise aus der Hauptstadt von ihr genommen habe. Er überreichte ihr das Geld, das er in einem Papiere wohl verwahrt hatte, sie empfing es mit den Worten: »Sonst hast du gar nichts zu sagen?«
Die trotz aller Tändeleien und Anknüpfungen nie völlig erstorbene Liebe zu Munde erwachte in ihr, dabei die Erinnerung an jenen Schreckensabend und Etwas von der Milde und Demuth, die damals in ihr aufgesproßt war. Nach einer stummen Pause setzte sie daher hinzu:
»Kannst dir denken, wie hart es uns Allen zu Herzen geht, daß dein Medard dabei verunglückt ist. Wir sind ja Alle zu ihm gewesen als wenn er das Kind vom Haus wär', und dein Vater hat schweres Herzeleid über uns gebracht.«
»Mein Medard hat ihm das Gleiche gesagt, wie mir. Weißt wohl?«
»Und du denkst noch daran?« sagte Fränz schaudernd. In ihrem Wissen um das Geschehene fühlte sie, daß noch nicht Alles gesühnt war und auch in ihrem Herzen kämpfte nun Liebe zu Munde und Furcht vor ihm; sie setzte aber schnell hinzu:
»Mein Vater ist freigesprochen und es darf Niemand mehr so was reden und denken. Sag das deinem Vater. Es steht Zuchthaus drauf.«
»Auch auf's Denken?« fragte Munde und Fränz erwiderte unwillig:
»Ich hab' Nichts mehr mit dir zu reden, wenn du so bist. Ich glaub' an keinen Menschen mehr, weil auch du schlechte Gedanken hast. O Munde, ich könnt' mir die Augen ausweinen über dich. Ich hab' dich so gern gehabt. Jetzt darf ich's sagen, es ist ja vorbei.«
»Nein, es ist nicht vorbei,« rief Munde aufflammend, »ja du hast Recht, es ist schlecht, so was zu denken. Gieb mir dein' Hand, komm, wir gehen zu deinem Vater, er hat mich kommen heißen. Fränz, hast mich denn wirklich noch so gern?«
»Es kommt drauf an, wie du bist. Allem Anschein nach hast du dich verändert. Du hast doch immer so ein gutes Gemüth gehabt.«
»Und ich hab's noch, wenn du mich lieb hast, komm Fränz, komm.«
Hand in Hand gingen Beide in das Waldhorn zu Diethelm. Jede andere Empfindung wurde bei Fränz von dem Triumphe überragt, daß sie den Munde hinter sich drein ziehen könne, wohin sie wolle.
»Hast dich besonnen?« fragte Diethelm nach den ersten Begrüßungen.
»Auf was?« erwiderte Munde stotternd, indem er schnell umherschaute und vor sich niederblickte. Diethelm ertrug jetzt seine Stimme schon gleichmütiger und sagte daher achselzuckend:
»Das ist dein' Sach. Ich will dir nur sagen, daß dein ... dein Medard noch vierzig Gulden Lohn bei mir stehen hat. Kannst sie jeden Tag holen, wenn du was damit anfangen willst.«
»Damit kann ich nicht weit springen. Der Herr Schultheiß hat mir ja aber auf dem Rathhaus gesagt, daß er mir was Gutes mitzutheilen hat.«
»Nun? Ist denn vierzig Gulden Nichts? Und zwei Jahr Zins ist auch dabei. Ich will dir's aber nur sagen, ich hab' was anderes mit dir vorgehabt, aber du hast dich drei Tage besonnen, bis du zu mir kommen bist, und derweil sich der Gescheite besinnt, besinnt sich der Narr auch.«
Munde sah wohl, daß ihn Diethelm schrauben wollte; daran daß er ihn tief zu demüthigen suchte, um ihn dann vielleicht großmüthig zu sich zu erheben, dachte er nicht, er sagte daher:
»Ihr wisset, was ich denk', Ihr kennet mich ja.«
»Ich kenn' dich nimmer. Du bist zwei Jahre Soldat gewesen, da wird der Mensch ein anderer.«
»Wen ich damals gern gehabt, hab' ich noch gern.«
»Das ist brav. Du hast immer ein gut Herz gehabt. Jetzt muß ich aber da Schreibereien machen. Komm morgen wieder, Munde.«
Schon beim Eintritte Munde's hatte sich Fränz entfernt, und als dieser jetzt auch wegging, begleitete ihn die Mutter und sagte ihm noch auf der Treppe:
»Munde, sei nur heiter. Ich darf nichts sagen, aber glaub mir, er hat's gut mit dir vor. Komm nur morgen wieder. Es fällt kein Baum auf Einen Schlag. Grüß' mir deinen Vater und sag' ihm, es ging' mir viel besser, aber spinnen kann ich noch nicht. Und sieh, daß du von deinem Vater ein Mittel kriegst gegen böse Träume und gegen das Frieren; darfst aber nicht sagen, für Wen es ist.«
»Für Wen ist's denn?«
»Es ist besser, wenn du's nicht weißt, dann brauchst du es nicht zu sagen.«
Munde wußte es aber jetzt und die anfangs tröstliche Zusicherung der Frau Martha hatte einen bittern Nachgeschmack. Diethelm hatte böse Träume und fror, er war also doch schuldig; er durfte es aber jetzt nicht mehr sein, gewiß nicht am Tode Medards. Munde hatte Lust Jeden zu Boden zu schlagen,
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