Schwarzwaelder Dorfgeschichten
der so etwas dachte und protzte mit seinem Vater, der immer darauf zurück kam. Der alte Schäferle hatte bald heraus, wo sein Munde trotz des Verbotes gewesen war und blieb dabei, daß Diethelm ihm die Fränz geben wolle, und ihn nur zappeln lasse um jeden Anschein von sich zu entfernen. Als Munde wie zufällig um ein Mittel gegen böse Träume und Frost fragte, frohlockte der alte Schäferle:
»So? Hat er auch böse Träume? So ist er doch nicht los, wenn er auch freigesprochen ist.« Der Stolz auf seine sympathetische Heilkunst verleitete ihn aber doch zu dem Zusatze: »Gegen böse Träume giebt es ein altes untrügliches Mittel: man muß auf einem Schaffell schlafen und vor Schlafengehen Thee von Brennesselwurzel trinken, und gegen Frost giebt es nichts Besseres als Morgens vor Tag sich in Wasser waschen, das man vom Menschenblut abgenommen hat, dann drei Stunden vor die Sonne im Mittag steht und drei Stunden nachher ohne Ausschnaufen Erlenholz sägen, das man im Vollmond geschlagen hat.«
Diethelm war andern Tages viel zuthätiger und herablassender gegen Munde, er saß in seine Wolfsschur gehüllt am Ofen und fror heftiger als je. Er hatte mit Fränz gesprochen und in der Art wie sie einwilligte, den Munde zu heirathen, und dabei das unerhörte Verlangen stellte, daß der Vater bei Lebzeiten sein Besitzthum ihr abtreten müsse, erkannte er nicht undeutlich, daß sie an seine Schuld glaubte. Er that als ob er das nicht merkte und doch fraß es ihm das Herz ab, daß sein einziges Kind das Schlimmste von ihm dachte. Beim Eintritte Munde's war er rasch aufgestanden und schritt stolz die Stube auf und ab, dann hieß er Munde sich neben ihn setzen und fragte ihn, wie er ein großes Vermögen umwenden und zusammen halten wollte. Munde gab fröhlichen und zufriedenstellenden Bescheid. Als Diethelm jetzt plötzlich wieder fror, gab er ihm das Mittel an, das er vom Vater erfahren; Diethelm aber fuhr stolz auf:
»Ich bin der Diethelm, ich hab' mein Bauerngeschäft nicht aufgegeben, um Holzhacker zu werden. Ich brauch' kein Mittel.«
Munde beging den Unschick, mindestens die Anwendung des Mittels gegen böse Träume anzurathen, aber kaum hatte er das Wort Schaffell gesagt als Diethelm laut aufschrie:
»Ein Hund und ein Fuchs ist dein Vater, rathet der mir das, weil er weiß, daß mir so viel hundert Schafe jämmerlich verbrannt sind. Aber wer hat dir gesagt, daß ich bös träume?«
»Niemand, ich hab' nur so davon gesprochen, weil das beim Frieren ist.«
»Bei mir nicht. Ich schlaf' wie ein neugeborenes Kind. Aber Munde, ich will dir auch gut betten, sag's frei was du willst,« wendete Diethelm, um alles Andere vergessen zu machen.
Munde brachte nun im glückseligen Ueberströmen seine Bitte um Fränz vor. Diethelm solle freier Herr bleiben so lang er lebe, er wolle nur die Fränz. Diethelm nickte zufrieden, aber plötzlich sagte er:
»Ich nehm' gar nichts an, du hast nichts gesagt, es muß beim alten Brauch bleiben; dein Vater muß für dich freiwerben, eher geb' ich kein Jawort. Verlaß dich drauf.«
Das war nun aber ein schwer Stück Arbeit, den alten Schäferle zu diesem Gange zu bewegen, er ließ sich nicht erbitten, weder durch Munde noch als Frau Martha ihn selber darum anging; er wiederholte stets: Munde könne thun was er wolle, er selber aber bleibe davon, er thue dem zulieb nicht die Pfeife aus dem Maul und gehe auch nicht mit zur Hochzeit.
So kam in betrübter Unentschiedenheit die Hochzeit des jungen Kübler heran, aber mitten im Schmausen und Lärmen faßte Diethelm einen andern Gedanken, er überrumpelte Fränz mit ihrem unkindlichen Verlangen nach Güterabtretung und Munde war ihm nicht nur eine Sühne für das Vergangene, sondern auch der bequemste willfährige Tochtermann, der ihn frei schalten ließ. Er verkündete daher plötzlich die Verlobung von Fränz und Munde und Alles war voll Jubel und Lobpreis über Diethelm. Darum half er heute trotz ärztlichen Verbotes den Uhlbacher ferndigen rein austrinken.
Als man davon sprach, daß Munde noch drei Jahre Soldat sein müsse, beklagte Diethelm, daß er nicht Landtagsabgeordneter geworden sei, er hätte nicht geruht, bis die verdammte allgemeine Wehrpflicht wieder aufgehoben und das Einsteherwesen hergestellt sei. Wer nichts habe, solle Soldat sein. Die fetten Bauern stimmten mit ein, schimpften und klagten, wie sehr sie ihre Söhne vermißten, und mitten unter Schmausen und Zechen wurde eine Eingabe an die versammelten Stände um
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