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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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war immer schon so früh am Tage Jemand wach, die offene Stallthür zeigte, daß das erste Geschäft des Tages, das Reinigen des Stalles, vorgenommen wurde; und sei es, daß die Arbeit bereits so weit gediehen, oder daß das Auftreten des schlanken jungen Maurergesellen auf dem dröhnenden Stege dazu gemahnte: in der Regel erschien eine junge Mädchengestalt mit einem Besen unter der Thüre, vom Steg aus wurde ein heller »Guten Morgen« gerufen und von der Thür aus mit einem regelmäßigen »Schön Dank« erwidert. »Auch schon fleißig?« setzte dann der Maurergeselle noch hinzu, »Ein bisle,« lautete die Antwort. Der Maurergeselle ging vorüber und schwenkte das bunte Tuch, das er in der Hand trug und in das er seinen Topf und sein Brod gewickelt hatte, noch schneller hin und her.
    Noch nach Jahrzehnten konnte Brosi seine Frau damit necken, daß er eben nicht sehr zart sagte: »Ich hab' dich zuerst als Hexe mit dem Besen und auf dem Mist gefunden.«
    Mit dem Morgengruß in der Seele ging Brosi an die Arbeit und war allzeit wohlgemuth, obgleich er sich lange nichts dabei dachte; ja, als dies geschah, redete er sich's aus, denn er war ja eben so lustig, wenn ihn aus dem Schiebfensterchen zuerst die alte Frau mit kahlem Scheitel begrüßte.
    Endringen ist nicht so weit von Haldenbrunn entfernt, daß der Brosi nicht die Verhältnisse dieses Hauses genau kannte. Es waren gerade zwölf Jahre, Brosi war damals siebzehn Jahre alt, und vom Speisbuben zum Maurer emporgestiegen, als der Maurermichele von Haldenbrunn in Nellingen vom Dach stürzte und auf dem Platze todt blieb. Die Wittwe, Rosine mit ihrem Taufnamen, die ehedem in der Apotheke der drei Stunden entfernten Amtsstadt als Magd gedient hatte und darum das Apothekerrösle genannt wurde, nährte sich nun davon, daß sie im Walde und auf den Wiesen allerlei Kräuter und Wurzeln für die Apotheke sammelte. Daneben trieb sie einen Butter- und Eierhandel und die Bauernfrauen gaben mit innerm Widerstreben aber äußerlich freundlich ihr die verkäuflichen Vorräthe, weil sie fürchten mußten, daß das Apothekerrösle ihnen die Kühe und Hühner verhexe; die Männer dagegen, die sich auf ihre Aufklärung was zu gute thaten, behaupteten, das Apothekerrösle sei deshalb allzeit so aufgeweckt und habe noch in alten Tagen so flimmerige Augen, weil es bei seinen Stadtgängen tief in's Glas gucke. Ausgemacht war aber jedenfalls, daß das Apothekerrösle eine scharfe aufgeweckte Frau war, die auf jedes Vorkommniß eine Auskunft bereit hatte, so sicher als der Apotheker seine Mittel in Gläsern und Kolben geordnet und leicht zu finden hat. Die beiden älteren Töchter des Apothekerrösle dienten in der Schweiz, wohin schon damals des größeren Lohnes wegen der Zug der Dienstboten sich lenkte; die jüngste Tochter war daheim und konnte jetzt nicht mehr in die Fremde, da die Mutter plötzlich lahm geworden war. Die Rede ging: in Kronweiler habe ein Bauer in der Nacht einer schwarzen Katze, die im Stalle einen Rappen ritt, daß er schäumte, den Fuß abgeschlagen, und das sei das Apothekerrösle gewesen. Wenn das Apothekerrösle mit ihrem von jahrelangem Korbtragen ganz kahl gewordenen Vorderkopf Jemanden zum Fenster heraus grüßte, dankte man schnell mit einem frommen Gruß, damit man kein Leid erfahre.
    Brosi war nicht frei vom Hexenglauben, so gern er sich das auch ausredete; jetzt aber empfand er gar keinen Schreck, wenn ihn das Apothekerrösle am frühen Morgen grüßte, im Gegentheil, es muthete ihn heiter an, und er war oft versucht, das der Alten zu sagen, die gewiß um die üble Nachrede, die sie verfolgte, bekümmert war; aber es war doch besser, sich hier gar nicht einzulassen, denn Brosi fühlte, daß er nichts von der Mutter zu gefährden habe, vor der er doch noch eine Scheu hatte: die Tochter mit der hellen Stimme und dem arglosen und doch wiederum schelmischen Blicke konnte es ihm weit eher anthun. Brosi aber wollte noch höher hinaus. Zunächst war er noch jung und gedachte über die Berge zu wandern und in der Fremde sein Glück zu suchen; ließ er sich aber von einem Geschick daheim halten, so mußte es etwas Anderes sein, als ein armes Mädchen mit der Dreingabe einer Hexenschwieger. Brosi war ein ehrliches Gemüth, und eben darum hatte er eine Höllenangst vor dem Verlieben; er war früh verwaist, und darum früh zum Ernst und darauf hingewiesen, für sich selbst Bedacht zu nehmen. Er lebte in Endringen bei einer Base, die an einen Holzknecht verheirathet,

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