Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Bürde, die er an ihrer Mutter habe, aber dieser sagte gleichmüthig:
»Wir wären zu glücklich, drum müssen wir unser Kreuz haben, das ist einmal so in der Welt; und so schwer ist es nicht, daß wir nicht noch lustige Sprünge machen können.«
Als ihm aber Moni ein beglückendes Geheimniß mittheilte, sagte er doch:
»Lieber Gott, mir ist nur arg, daß das unschuldige Kind die Belferei von deiner Mutter mitanhören muß.«
Jetzt aber war Moni gescheiter, denn sie entgegnete:
»Das schadet nichts. Man wird just nicht giftig davon, das siehst an mir, und in frühen Jahren zu wissen, daß nicht alle Menschen Lämmer Gottes sind, hat auch sein Gutes.«
Ganze Abende saß Brosi bei seiner Frau und sang mit ihr, daß die Fenster zitterten. Weil sie in Gegenwart der Mutter nicht viel reden durften, begannen sie in der Regel bald nach dem Nachtessen, das die Hauptmahlzeit war, Liebeslieder und Schelmenlieder, wie sie ihnen in den Sinn kamen, und wie gesagt, das hässige Wesen der Mutter drängte die Eheleute gerade zu um so größerer Lustigkeit, die freilich in ihnen Beiden steckte. Schien der Liedervorrath erschöpft oder nicht mehr ergiebig genug, so ging es an die wortlose Musik. Hopser und Walzer und besonders der Siebensprung wurden ohne Ende zweistimmig gesungen, bis der Uribasche, der Nachwächter, neun Uhr anrief. Dabei waren aber beide Eheleute nie müßig mit den Händen. Moni hatte von dem Geld, das nach Ankauf der Kuh übrig geblieben war, Hanf gekauft und spann nun denselben mit nie gesehener Schnelligkeit; sie war ja überhaupt allzeit lebhaft und fleißig, drehte sich dreimal herum ehe ein Anderes nur aufstand. Brosi hatte auch nie zu den Langsamen und Trägen gehört; er fand aber in den Winterabenden nichts anderes zu thun, als dieselbe Handthierung, die in der ganzen Gegend heimisch war: nämlich Schindeln zu machen. Damals war es noch nicht wie heute, wo die Holzhändler alles Stammholz aufkaufen und den Schindelmachern nichts übrig bleibt als die astvollen Spitzen, die nur im Kerne zu verarbeiten sind; damals ging man noch hinaus in den Wald und bezeichnete sich eine Schindeltanne, die man als Spaltholz zum Revierpreis und manchmal auch nur für einen Küchengruß erhielt; denn damals wurde noch nicht jeder Baum in sieben Bücher eingeschrieben und verrechnet, da hatte man zartes, das heißt, astloses Holz genug, und wenn man den Stamm in kleine schuhlange Blöcke gesägt und in Würfel gespalten hatte, durfte man nur das Messer oben einsetzen, um mit leichtem Handgriff die Schindel nach der Faser zu schlitzen. Freilich waren sie damals auch noch billiger, das heißt, das Geld war theurer; wenn man heutigen Tages für hundert Stück gern drei Kreuzer bekommt, war man damals froh sie für einen los zu werden. Brosi machte noch am Abend spielend seine zwei- bis dreihundert fertig, und das gab doch immer etwas für Salz und Oel; denn auch dieses brauchte man, da es die Mutter nicht leiden konnte, daß man Lichtspäne in der Stube brannte. Oft stellte Moni mit ihrem Manne den Wettkampf an, daß sie einen Faden abspinne, bis er zwei Schindeln geschlitzt habe, und sie hielt es richtig inne.
So weit die dunkle Tanne die hohen Berge bedeckt, gab es gewiß kein arbeitsameres und fröhlicheres Haus als das von Brosi und Moni, und noch dazu standen sie am Vorabend eines glücklichen Ereignisses; denn das »brave Küh'le,« wie es Moni stets nannte, mußte nun bald ein Kalb bringen, aus dessen Verkauf man ein gut Stück Geld in die Hand bekam, und wenn dann die drei Hühner zu legen aufhören, hat man doch wieder Milch im Hause und eine volle reiche Haushaltung.
Bei jedem Begegnenden auf dem Waldgange und in den Gesprächen bei der Arbeit selbst, forschte Brosi stets nach einer andern Tagesbeschäftigung; aber er konnte und mochte keinen Tag aussetzen, um nach einer solchen umzuschauen, und das besonders seiner Frau wegen; sie sollte nicht merken, wie müheselig ihm diese ungewohnte Arbeit war und erst davon erfahren, wenn er eine andere ausfindig gemacht. Diese Rücksicht war aber nicht lauter Zartheit, sondern vornehmlich auch Stolz. Ein Mann wie er, sagte sich Brosi, darf sich von seiner Frau nicht darum ansehen lassen, daß er so wenig Erwerbsquellen hat; wenn die Frau da mit berathen hilft, ist aller Respect dahin und diesen zu erhalten war Brosi allezeit sehr eifrig bedacht.
Es begann nun die Zeit, wo das Scheitholz zwei Stunden weit nach dem Thal gebracht werden mußte, von wo es im Frühling
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