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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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dabei.
    Die rechte Freude kam aber doch immer erst, wenn er mit sinkender Nacht heimkehrte und mit seiner Moni die gebackenen Schupfnudeln oder gebrägelten Kartoffeln aus der Pfanne aß, und seltsamer Weise wurde der Sack Mehl, den der Gipsmüller geschenkt hatte, kaum merklich leer. Moni mußte einen Haussegen haben, der ihr dazu verhalf; wenn sie auch Schwarzmehl oder sogar Kleie unter das geschenkte Mehl schüttete – die Schupfnudeln waren offenbar dunkel – das Mehl erwies sich doch wunderbar ausgiebig. Moni hatte während des Essens immer sehr viel zu erzählen, und ließ ihren Mann fast gar nicht zu Wort kommen. Dieser merkte wohl, daß sie darum so viel sprach, um ihm Gelegenheit zu geben, den größeren Theil des Essens zu verzehren, denn sie hielt oft die Gabel leer oder gefüllt lange unbewegt vor dem Munde; Brosi hörte ihr ruhig zu und that ihr den Willen, sich ihrer Gutherzigkeit freuend, er nickte meist nur mit dem Kopfe, aber wenn er merkte, daß er seinen gebührenden Antheil hatte, legte er die Gabel nieder und sagte:
    »So, Gottlob; jetzt iß du voll aus,« und da half keine Widerrede mehr; Moni durfte nicht aufstehen, bis sie rein aufgegessen hatte und unter steten Betheuerungen, daß sie nicht mehr weiter könne und unter vielem Lachen mußte sie ihm doch willfahren.
    Mit dem Schindelnmachen ging es seit Beginn der Holzfuhren nur lässig, denn Brosi war in der That jetzt am Abend »müde wie ein Gaul,« er schlief meist schon auf der Bank hinter dem Tisch ein, nachdem er sich die Würfelscheiter hergerichtet hatte. Wenn ihn dann endlich seine Frau weckte, so verführte sie dabei allerlei Scherze, namentlich kitzelte sie ihn mit einem gedrehten Papierchen auf der Nase und im Gesicht; er wehrte dann stets die vermeintliche Fliege ab und sie mußte ihn zuletzt noch rütteln und rief oft dabei: »guten Morgen Brosi;« dieser aber erhob sich dann in die Hände klatschend und dankte Gott, daß er ihm für jeden Tag zwei Nächte zum Schlafen gebe und auf der Treppe nach der Bühnenkammer gab es dann meist helles Lachen und Scherzen.
     
Siebentes Kapitel.
     
    Wochenlang sah Brosi während der Werktage kein Haus in Haldenbrunn, so lange die Sonne schien, denn vor Tag ging es in den Wald und erst mit sinkender Sonne wieder heimwärts. Dafür war aber auch der Sonntag ein wahrer Sonnentag, und wenn's auch schneite, daß man kaum die Augen aufmachen konnte; da hatte jede Stunde, ja jede Minute ihre Ruheseligkeit. Wie behaglich wurde am Morgen getrödelt und gezögert, Moni hatte noch, bevor ihr Mann die Augen aufschlug, das Sonntagsgewand hergerichtet so ordentlich und so pünktlich, daß es eine Lust war, sie mußte aber oft drei, viermal die Treppe hinaufrufen und sogar selbst hinaufkommen, um ihn zur Morgensuppe zu entbieten, und manchmal hatte Brosi schon die Kleider im Arm, er setzte sich aber wieder auf den Stuhl und rief durch die verschlossene Thür: »Laß mich noch ein bißle da sitzen, es thut gar so wohl. Sag der Supp' einen schönen Gruß und sie soll warm bleiben, ich versprech' ihr auch dafür eine gute Versorgung.« Erst wenn Moni klagte, daß sie nun schon so lange mit leerem Magen herumgehe, beeilte er sich und sagte dann der Schwiegermutter einen so treuherzigen, sonntagsfreudigen »guten Morgen,« daß selbst diese verboste Hexe freundlich sein und mit ihrer Unterlippe ein Pfännchen machen mußte. Hemdermlig wurde die Morgensuppe verzehrt und so gewiß als die Glocke tönt, mußte ihm jedesmal während des dritten Geläutes Moni helfen den langen blauen Rock anziehen und ihm den dreispitzigen Hut nebst Gebetbuch darreichen. Brosi ging in der Regel Morgens in die Kirche und Moni Nachmittags. Nur in seltenen Fällen und bei besonderen Feierlichkeiten gingen sie mit einander. Brosi ging doppelt gern in die Kirche, weil ein Endringer hier Pfarrer war, und wenn Eines den Pfarrer lobte, vergaß er gewiß nie hinzuzusetzen; »Ja er ist eben von Endringen. Wir sind aus einem Ort.« Brosi war ein frommes, gläubiges Gemüth und hatte eben darum wenig damit zu schaffen; er that seine Pflicht, glaubte was vorgeschrieben ist und war sicher, einst eine selige Urständ zu finden. Er stand in einem unausgesprochenen Einverständniß mit dem Schullehrer, und so oft dieser die Intonation vollendet hatte, stimmte Brosi mit mächtiger Stimme den Gesang an; er war in den Kirchenliedern nicht minder bewandert, wie in Liebes- und Schelmenliedern und war im Stande einen ganzen wankenden Chor aufrecht zu

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