Schwarzwaelder Dorfgeschichten
lachte noch frohlockend. Moni zog ihren Mann aus der Stube und draußen sagte sie:
»Brosi, du bist ja der bravste Mann von der Welt und deine Ehr' ist's ja nur, worauf ich bedacht bin; wenn ich's ungeschickt gemacht hab', denk' ich bin nicht gescheiter; ich kann nicht lügen, das willst du gewiß auch nicht. Jetzt geh' in die Kirch' und bitt' Gott, daß er mich gescheiter macht und dich – und dich laßt, wie du bist.«
Sie half ihm nochmals den Rock anziehen und mit großen Schritten eilte er nach der Kirche, ging aber, um kein Aufsehen zu erregen zu dem Lehrer auf die Orgel. Heute sang er nicht vor, er betete überhaupt Nichts von dem was im Buche stand, er betete immerdar inbrünstig zu Gott, daß dies der erste und letzte dumme Streit mit seiner Frau gewesen sein möge. Auf dem Heimwege hielt er sich bei Niemand auf, sondern eilte zu seiner Frau in die Küche und »du hast Recht, du hast Recht,« sagte er stets, wenn Moni ihm erklärte, daß sie ja seine Lustigkeit nicht unterdrücken wolle; im Gegentheil, ein Mann, der das ganze Jahr eine Ehrenhaltung bewahre, der dürfe schon einmal das Garn auf dem Boden laufen lassen, und seine jungen Jahre genießen: wenn man aber allzeit den Lustigmacher spiele, sei man bald der Garnichts, sie selber sei auch noch gern lustig und hoffe, daß ihr noch lange die Musikanten die liebsten Handwerksleute seien.
»Ich brauch' Gott nicht bitten, daß er dich gescheit macht,« sagte Brosi schmunzelnd. Der Friede war geschlossen und wie das immer geht: ein Friedensschluß zwischen Liebenden erweicht die Gemüther gar sehr, Eines will dem Andern sein Gutsein darthun und in besonders eindringlicher Weise, wie solches der ungestörte Fortgang nicht hervorgebracht hätte. Moni lehnte indeß jede Auswägung des Schuldantheils an der Mißhelligkeit klüglich ab, obgleich Brosi auch hier den größern Theil auf sich nehmen wollte; sie sagte immer: »Das Wasser ist den Bach 'nab und vorbei.«
Beim Essen, wo es wieder munter herging, mußte Moni ihrem Manne viel zureden, aber beim besten Willen brachte er es heute nicht zu seiner gesetzten Zahl Leberspatzen; der Zank am Morgen hatte ihm doch die Eßlust etwas verdorben. Moni versprach den Ueberrest auf den nachkommenden Hunger aufzubewahren.
Als sie am Mittag nach der Kirche ging, erschloß es ihr plötzlich wie eine Offenbarung: sie konnte bei ihrem Manne Alles zuwege bringen, wenn sie bei einer Zurechtweisung ein Lob vorspannte. Voll Dank und Freude saß sie in der Kirche und sang laut mit.
Brosi war unterdeß daheim mit der Aufzeichnung seiner Wochenarbeit bald fertig, aber noch lang saß er über das Blatt gebeugt und hielt die Feder fest, er wollte sich's zur Warnung aufzeichnen, daß er eine Woche Fröhlichkeit verloren und heute den ersten unnöthigen Zank mit seiner Frau gehabt habe: aber wozu das aufschreiben? und noch dazu da wo es Jedermann lesen kann? Er konnte es aber nicht unterlassen zur Erinnerung drei eingeringelte Kreuze zu machen, und wie gesagt, so oft er solch ein Blatt wieder sah, stand Alles wieder deutlich vor ihm und bei den drei eingeringelten Kreuzen erzählte er diese Geschichte auf's Genaueste.
Am Abend als zur Suppe die rückständigen Leberspatzen eingeheimst waren, ging Brosi wiederum mit seiner Frau nach dem Auerhahn. Er hatte ihr vorausgesagt, daß er nicht mit Einemmal absetze, und hielt es auch so, er ließ sich nur maßhaltend zu Scherzen herbei.
Es giebt Menschen, die, wenn sie in Gesellschaft mit Andern sind, theils aus Langeweile theils aus Gefälligkeit gerne Lachen erregen, und dabei leicht ihre natürliche Laune überschrauben und sich selbst zum Besten geben; sie spinnen sich in ein Netz von Späßen, aus dem sie gar nicht mehr heraus können, auch wenn sie sehen, daß die Gutmüthigkeit mißbraucht wird und man diese Opferung noch dazu für Eitelkeit hält.
Und noch Eins: in vielen Kreisen der geselligen Lust hat man weit eher und länger seine Freude an lächerlichen und sogar an spottsüchtigen, als an eigentlich lustigen Menschen. Wer über das menschliche Leben nachdenken mag, der wird sich das leicht erklären, und es hat mehr als Einen Grund.
Man findet Beispiele hiefür an albumbedeckten Tischen, wie in tabaksdampferfüllten Dorfschenken.
Heute, da sich Brosi ruhiger verhielt, merkte er, in welcher Gefahr er gestanden hatte; denn Einmal in die Rolle des Lustigmachers gekommen, ist es unsäglich schwer, sich ihrer wieder zu erledigen.
Jetzt war es noch Zeit, die Voraussetzung zu
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