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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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in der Stube, der es ihm nicht zubrachte, denn er war von Allen wohl gelitten und daran hatte besonders Moni ihre Freude; sie strahlte vor Glückseligkeit, sie, die Vereinsamte, Verstoßene, die nun durch ihren Mann in die Gemeinschaft der Menschen aufgenommen war. Solche, die früher kaum nach ihr umgeschaut und kein gutes Wort für sie hatten, thaten jetzt als ob sie von je her die besten Freunde zu ihr gewesen wären und die Großbauern sprachen mit ihr und sagten, man sehe es erst jetzt, daß sie eigentlich ein »sauber Mädle« gewesen sei. Das Alles verdankte sie ihrem Brosi, der sie nicht mit den anderen Frauen fortgehen ließ, sondern bei sich behielt, bis sie sich unversehens zu der Wirthin in die Schenke machte, denn sie war oft bald die einzige Frau unter den vielen Männern.
    Haldenbrunn gehörte zu Vorderösterreich, und der Krieg mit den Franzosen, in dem viele Söhne aus dem Dorfe sich befanden, bildete natürlich das erste Gespräch; der Sieg Erzherzog Karls bei Stockach, der Rückzug der Franzosen über den Rhein, Bonaparte's Rückkehr nach Frankreich, die Gefangennehmung des Papstes, nachträgliche Berichte über den Gesandtenmord in Rastatt, das Alles lief wirr durcheinander mit Vermuthungen über die Zukunft. Bald aber verließ man die hohe Politik, bei der nur die Großbauern das Wort führten, und kam auf Näherliegendes.
    Es ist allezeit wohlgethan, daß gesunde Menschen die Kraft in sich erwecken, mitten unter Drangsal und Bangen einen Scherz zu erhaschen, daß Einem das Wasser in die Augen tritt. Das dachten die Haldenbrunner nicht, aber sie thaten es, und das ist am Ende gleichviel. Der Sohn des Nachtwächters, auch ein jung verheiratheter Mann, des Uribasche's Kalter genannt, weil er die Eigenschaft hatte, daß er nichts Warmes genießen konnte, war das Stichblatt des eben nicht wählerischen Scherzes; besonders am Tische der Großbauern gab es darob oft ein Lachen, daß der Tisch wackelte und Gläser und Flaschen an einander klirrten. Brosi war dabei der erfindungsreichste Urheber neuer Scherze und Neckereien, und unversehens war er selber der Gegenstand des Hänselns geworden; er merkte das wohl, aber es erheiterte ihn Andere zu erheitern und er gab sich selber zum Besten so viel man wollte.
    An dem Abend, an dem dies zum Erstenmale geschah, ging Moni still hinter ihrem Manne drein nach Hause und so behutsam sie auch im stillen Kämmerlein sagte, daß er sich nicht zum Narren hergeben dürfe, sonst könne er künftig allein gehen und sie wolle diese Ehre nicht mehr mit genießen. – Hierüber schmollte Brosi zum Erstenmal mit seiner Frau, er sagte, daß er nicht in's Ehejoch gegangen sei, um alle Lustbarkeit in sich ertödten und beschimpfen zu lassen und er gab seiner Frau keine Antwort, als sie ihm gute Nacht sagte.
    In dieser Woche ward Brosi die Arbeit doppelt schwer, er pfiff keine Ländler beim Ausschnaufen im Thale. Moni war stets gleich freundlich, er wartete indeß stets, daß sie ihn um Verzeihung bitte; sie aber that es nicht, und Brosi ging immer zu Bette, ohne zuvor seinen ersten Schlaf auf der Tischbank zu halten.
    Am Sonntag Morgen, als ihm Moni den Rock anziehen half, ihm Hut und Gesangbuch darreichte, sagte Brosi endlich:
    »Moni, kannst du mich so in die Kirch' gehen lassen? Hast dich noch nicht besonnen? Bittst mich nicht um Verzeihung, daß du mich einen Narren geheißen hast?«
    »Das hab' ich dich nicht geheißen, ich sag' blos, du läß'st dich dazu machen.«
    »Das ist gehupft wie gesprungen, das ist eben so viel.«
    »Nein, das ist nicht eben so viel, aber geh' nur jetzt.«
    »Nein, ich geh' nicht, und wenn alle Leute fragen, warum ich nicht in die Kirch' kommen bin, ich geh nicht,« rief Brosi und versuchte den Rock wieder auszuziehen.
    »Denk' nach, ich hab' dir nichts Böses than, geh' jetzt,« bat Moni.
    »Denk' du nach,« schalt Brosi, »es ist an dir.«
    »Wenn du meinst, ich hätt' dich beleidigt, bitt' ich dich um Verzeihung,« beschwichtigte Moni.
    »Ich mein's nicht, es ist so, da soll man die ganze Welt fragen, ob's nicht so ist.«
    »Und ich bin auf dem Glauben, daß ich nichts Böses than hab',« beharrte Moni.
    »Da soll doch ein Millionendonnerwetter,« schrie Brosi, und zerrte den Rock vom Leib.
    »So ist's recht. Kommt's jetzt schon? Ich hab's gewußt, daß es mit dem Gepätschel und Getätschel bald aus sein wird,« kicherte eine Stimme aus dem Hintergrunde und wie versteinert stand Brosi und hielt den Rock in der Hand. Das Apothekerrösle

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