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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Nachtwächteramt, das des Uribasche's Kalter im Sommer allein versehen hatte, wieder antreten, aber Moni, der ihr kleiner Sohn mehr als die Stunden anrief, ließ ihren Mann ruhig die Zeit verschlafen, und als dieser erwachte, war es ihm nur noch gegeben, des Uribasche's Kalten darin abzulösen, daß er für ihn den Tag anrief. Ungesehen von seinen Mitbürgern und ohne daß sie wußten, daß er da war, schritt er durch die Nacht dahin und ließ den Morgensang erschallen, so hell, so von ganzer Seele, daß ihm selber immer froher dadurch zu Muthe ward, und Mancher, der in stiller Nacht erwachte, dachte vor sich hin, oder sprach es laut: »Der Brosi ist wieder da.« Zuletzt sang er noch vor seinem eigenen Hause, und es war ihm, als tönte ihm, als tönte jedes Wort wie ein Segen vom Himmel darauf nieder, und Alles ist geweiht und beschirmt ....
    Am Sonntag mußte Brosi im Auerhahn viel erzählen, wie es »draußen in der Welt« aussieht, und er verstand es meisterlich. Der Zug Bonaparte's nach Italien bildete das Hauptgespräch, bald aber fand sich eine näher liegende Verhandlung: die Jahresfeier der Kirchweihe fiel in so unruhige Zeit, daß man sie lieber aussetzen wollte. Brosi gewann aber mit seiner Meinung die Oberhand, daß man gar nicht absehen könne, wann die Welt wieder ruhig werde, darum müsse man lustig sein, so lang es noch tagt.
    Zur damaligen Zeit brauchte man noch nicht ein Hin- und Herschreiben vom Amte, um einen Schweinestall bauen zu dürfen. Brosi war damit gerade am Abend vor der Kirchweih fertig und konnte am andern Tage seinen Gästen den Neubau und dessen Bewohner zeigen. Ueberhaupt war es für Brosi ein großes Fest, zum Erstenmal in seinem Hause Gäste zu bewirthen, und zwar so vornehme, wie den Gipsmüller und seine Frau, die zur Kirchweih gekommen waren. Moni verstand es, ihre geringe »Aufwartung,« den Zwetschgenkuchen und den Kirschengeist so nett auf ein schönes weißes Tischtuch herzurichten, und hatte dabei Alles so zur Hand, als ob ein dienender Geist ihr Alles darreiche, so daß Brosi das Lob der Gevatterleute mit innerstem Behagen bestätigte. Dabei war der kleine Kilian, der schon aufrecht auf dem Arm der Mutter saß, »angethan wie ein Graf.« Die Gevatterleute lobten ihren Pathen gar sehr, und wie die Menschen in der höchsten Freude der Gegenwart immer auch leicht die Zukunft mit herein ziehen und die ganzen beglückenden Folgen des Gegenwärtigen genießen wollen, so sagte Brosi immer: »Und ich freu' mich, wie das erst schön sein wird, wenn ich den Kerl erst mit in die Fremde nehm', in's Geschäft. Wenn's nur schon gleich morgen wär'.«
    Brosi war, wie wir wissen, ein Mann von starkem Selbstgefühl, aber er hatte doch seine besondere Freude daran, an einem so angesehenen Manne, wie der reiche Gipsmüller war, eine Anlehnung zu haben, das konnte ihm und seinen Kindern zu gute kommen. Er ging zwar auf das Anerbieten des Gipsmüllers nicht ein, ihm bei einem geschickten Häusertausche, (da das jetzige doch gar zu eng schien) beizustehen, behielt sich indeß die Beihülfe des Gevatters für den Ankauf einer neuen Kuh bevor und erklärte sich schließlich gern bereit, statt der Holzfuhren dem Gevatter dreschen und in der Gipsmühle arbeiten zu helfen.
    Schön ist's, im eigenen Hause die ganze Fülle seines Glücks zu haben, aber schöner ist's, auch draußen hülfreiche und herzgetreue Menschen zu wissen, bei denen man in Leid und Freud eine Heimath findet, und nicht als Einzelner, sondern Familie zu Familie: die eigene Heimath ist erweitert und vergrößert, und von Haus zu Haus weht sichtbar und unsichtbar eine belebende Gemeinschaft.
    Mit strahlenden Angesichtern geleiteten Brosi und Moni ihre Gevatterleute durch das Dorf nach dem Auerhahn. In allen Häusern hatte man heute Gäste, die man freundlich bewirthete, aber gewiß war man nirgends glückseliger und auch stolzer mit seinem Besuche, als Brosi und Moni mit dem ihrigen.
    Im Auerhahn waren auch viele Endringer, die Brosi zutranken, er freute sich ihrer und versprach auch nach Endringen zur Kirchweih zu kommen. Der Kirchweihtag war der einzige, an dem die gewohnte Tischordnung aufgehoben war, Brosi und Moni saßen vergnügt bei ihren Gevattern, die Gipsmüllerin durfte nur einen Schleifer tanzen, um so höher sprang aber Brosi mit seiner Frau, nicht zur Erfüllung seines gethanen Gelübdes, sondern in frischer Erregung des Augenblicks; und doch war seine Lustigkeit eine andere als da er noch ledig war, er war nicht minder

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